FDP plädiert für Abschaffung des Ladenschlusses

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Elisabeth Schmidt-Hofmann
Elisabeth Schmidt-Hofmann
 
Karin Rohbogner
Karin Rohbogner
 
Norbert Proschka
Norbert Proschka
 
Ulrike Reith
Ulrike Reith
 
Josmar Föhr
Josmar Föhr
 
Nicole Ulbrich
Nicole Ulbrich
 

Nach heftigen Attacken gegen das Rauchverbot und den von den Grünen vorgeschlagenen Veggie-Day in Kantinen möchte die FDP jetzt auch den Ladenschluss kippen. "Das bayerische Ladenschlussgesetz ist altmodisch und unpraktisch, vor allem für Berufstätige", sagt zumindest Thomas Nagel.

"14 von 16 Bundesländern lassen längere Öffnungszeiten zu. Das wollen wir auch in Bayern durchsetzen. Unser Koalitionspartner CSU muss sich endlich bewegen", unterstreicht der Kulmbacher Stadtrat und FDP-Kreisvorsitzender sowie FDP-Landtagskandidat.

Die FDP geht sogar noch weiter: Das strenge Ladenschlussgesetz schwäche den bayerischen Einzelhandel im Wettbewerb mit Tankstellen, Online-Händlern und Geschäften jenseits der Landesgrenze. "Besonders kleinere Läden könnten durch Aktionen und Veranstaltungen Kunden gewinnen", glaubt Nagel.

Nach Ansicht der FDP soll der Sonn- und Feiertagsschutz unangetastet bleiben. Es geht nur darum, dass die Läden an sechs Werktagen ganztägig - also 24 Stunden - je nach Willen des Ladenbesitzers - geöffnet werden können.

"Ich mache doch sowieso auf, wann ich möchte.
Ich habe von 10 bis 12 Uhr und von 16 Uhr bis 18 Uhr offen, am Samstag bin ich bis Mittag da", sagt Norbert Proschka, der ein Elektrofachgeschäft in Stadtsteinach betreibt. Den Rest des Tages ist er damit beschäftigt, vor Ort Reparaturen auszuführen oder im Betrieb Geräte zu reparieren.

"Ich bin dagegen", sagt Proschka. Denn die großen Ketten können dann noch länger offen haben, und das wiederum schwäche die kleinen Geschäfte weiter. "Außerdem hat man ja auch noch Familie", gibt Proschka zu bedenken. Und letztlich zahlten die Verbraucher längere Öffnungszeiten.

Doch die Öffnungszeiten müssten ja nicht unbedingt ausgeweitet werden, sondern könnten dem Kundenaufkommen angepasst werden. "Na, dann könnte man von 7 bis 9 Uhr und von 12 bis 14 Uhr und von 17 bis 19 Uhr aufmachen oder so was - eben genau dann, wen die meisten Kunden kommen. Aber man muss sich auch mal überlegen, was das für eine Verkäuferin bedeuten würde. Oder man beschäftigt lauter Teilzeitkräfte, die dann nicht sozialversichert sind, die nicht von ihrem Verdienst leben können und die Allgemeinheit stockt auf", warnt Bäcker Ralf Groß und fügt gleich noch hinzu, dass es viel besser wäre, man würde sich für einen Mindestlohn von 8,50 Euro stark machen. Groß hat vier Filialen. In Kulmbach und in Stadtsteinach hat er täglich von 6 Uhr bis 18 Uhr offen, in Ziegelhütten und in Presseck von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr und samstags bis mittags. Außer in Kulmbach gibt es Mittagspause von 12 Uhr bis 14.30 Uhr.

Für geregelten Feierabend

"Ich bin Bäckereifachverkäuferin in Stadtsteinach und in Kulmbach und arbeite Vollzeit - also von 6 Uhr bis 18 Uhr mit Mittagspause. Ich finde es schon gut, dass ich weiß, dass um 18 Uhr Feierabend ist", sagt Nicole Ulbrich (30) und kann einer Lockerung so gar nichts abgewinnen. Denn in der Praxis ist es so, dass eine Aufhebung auch automatisch bedeuten würde, dass große Ketten länger öffnen würden."

"Wenn der Ladenschluss abgeschafft werden würde, dann bleiben die kleinen Läden ganz auf der Strecke", befürchtet auch Stefan Goller vom gleichnamigen Schreibwaren- und Lottogeschäft in Stadtsteinach. Er selbst hat sein Geschäft von 7.30 Uhr bis 18 Uhr geöffnet und gönnt sich zwischen 12 Uhr und 14 Uhr eine Mittagspause. "Ich betreibe den Laden alleine mit einer Angestellten. Man könnte nicht länger auflassen", sagt Goller. Und: "Wir hatten mal zum Schulanfang ausprobiert, bis 20 Uhr zu öffnen. Aber wir standen ab 18 Uhr alleine im Laden", sagt Goller.

"Mir ist das egal, was die Politiker fordern", betont Karin Rohbogner, Verkäuferin bei Rewe in Stadtsteinach. Denn sie ist halbtags beschäftigt. "Ich arbeite vier Stunden, das wird nicht mehr." Generell tendiert sie dazu, die Abendschicht zu nehmen. "Ich mache morgens meinen Haushalt und arbeite eigentlich gerne abends. Wir haben bei der Fußball-WM auch schon ausprobiert, bis 22 Uhr offen zu lassen. Aber man hat sich ja gefürchtet. Da kam doch keiner. Und eine gewisse Anzahl an Leuten muss man in den Laden stellen, das rechnet sich doch nicht - zumindest nicht bei uns auf dem Land", sagt Rohbogner.

Wenn schon die Ladenbetreiber und Verkäufer dagegen sind, was meinen die Kunden?

Überflüssige Diskussion

Josmar Föhr hetzt auf den letzten Drücker in den Lottoladen. "Ich bin Fliesenleger und habe eigentlich um halb Fünf Schluss, freilich wird es manchmal ein bisschen später. Aber eigentlich schaffe ich es bis 18 Uhr", sagt Föhr und findet es total überflüssig, Schluss mit dem Ladenschluss zu machen.

"Ich halte auch nicht viel davon", sagt Elisabeth Schmidt-Hofmann aus Rugendorf. Sie ist Chefin einer Spedition und hat alle Hände voll zu tun. "Ja, ich arbeite bestimmt zehn Stunden am Tag, aber ich schaffe es eigentlich immer, vor 18 Uhr einkaufen zu gehen oder eben auch samstags einzukaufen. Die Läden haben ja schon bis 20 Uhr offen. Und wer es nicht schafft, an sechs Tagen bis 20 Uhr einzukaufen, der schafft es auch nicht, wenn die Läden noch länger offen sind." Und schließlich könnte es auch sein, dass der Metzger zu völlig anderen Zeiten öffnet als der Bäcker. "Man muss sich auch vorstellen, was so eine Abschaffung des Ladenschlusses für die Angestellten bedeutet", sagt Schmidt-Hofmann.

Zumindest eine Kundin kann dem Vorschlag etwas abgewinnen kann: Ulrike Reith, selbstständige Finanzdienstleisterin. "Ich liebe es, wenn ich in den USA bin und dort immer einkaufen kann. Wenn es das auch bei uns gäbe, das wäre toll", sagt die Lichtenfelserin. Dass es eine Illusion ist, Geschäfte auf dem flachen Land rund um die Uhr geöffnet zu halten, weiß sie. "Aber bis 22 Uhr wäre schon schön", sagt sie - vor allem im Sommer.