Kulmbach: Edeka-Chef berichtet von Beschimpfungen und Erniedrigungen durch Kunden - "untragbar"
Autor: Isabel Schaffner
Kulmbach, Freitag, 22. Sept. 2023
Das Personal des Kulmbacher Edeka-Markts "Seidl" leidet immer häufiger unter Beschimpfungen und abwertendem Verhalten durch Kunden. "Es ist ein Schlag ins Gesicht", sagt eine Mitarbeiterin. Der Chef spricht von einer "untragbaren" Situation.
Das Edeka-Center Seidl am Goldenen Feld 2 in Kulmbach leidet an Personalmangel. Deshalb verkürzt Inhaber Michael Seidl ab Montag (25. September 2023) die Öffnungszeiten der Metzgerei. Vor allem hier bekomme die Belegschaft immer häufiger respektloses Verhalten seitens der ungeduldigen Kundschaft ab. "Die Kollegen gehen momentan auf dem Zahnfleisch", um der Kundschaft "alles recht zu machen", sagt eine Mitarbeiterin des Supermarkts im Gespräch mit inFranken.de.
Dabei komme es teils zu Situationen, bei denen das Personal "den Tränen nah" ist, habe auch Seidl erfahren. "Es ist ein Schlag ins Gesicht", fügt die Mitarbeiterin hinzu. Zwar sei der Großteil der Kundschaft verständnisvoll, doch die respektlose Minderheit werde größer.
"Mach' doch mal schneller": Kulmbacher Edeka-Mitarbeiterin berichtet von Demütigungen durch Kunden
"In unserer Metzgerei - ohne Imbiss und Fisch - arbeiten aktuell elf Personen. Eigentlich bräuchten wir fünf oder sechs mehr, um die alten Öffnungszeiten aufrechtzuerhalten", so Seidl. Manche Kund*innen luden daraufhin ihre Ungeduld bei den Mitarbeitenden ab. "Die Kollegen werden beschimpft. Jetzt mach' doch mal schneller, woanders geht es doch auch. Zu euch komme ich dann nicht mehr", schildert die Mitarbeiterin ein Beispiel. Diese Vorfälle zögen sich "wie ein rotes Band durch den ganzen Laden."
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In den vergangenen Wochen war das Edeka-Zentrallager in Franken von einem Streik betroffen. "Wir hatten manche Produkte einfach nicht auf Lager. Die Laune der Kunden war extrem." Die Mitarbeiterin könne den Ärger zwar bis zu einem gewissen Maß verstehen. "Wir bieten aber für die meisten Produkte Alternativen an oder rufen an, wenn das Produkt wieder verfügbar ist." Das sei aber manchen Kund*innen nicht ausreichend gewesen. "Man wird schon wüst beschimpft und teils persönlich, da geht es dann unter die Gürtellinie. Teils müssen wir uns anhören: 'Du willst mir doch bloß nichts verkaufen'."
Seidl fügt im Gespräch hinzu: "Ich verstehe, dass die Mitarbeitenden dann teilweise keine Motivation mehr haben." In den Sozialen Medien sprach er das Thema deshalb in einem Statement an: "Unsere Mitarbeiter arbeiten durch und machen Überstunden, damit unsere Kunden zu jeder Zeit frische Fleisch- und Wurstwaren kaufen können." Er empfinde es daher "als unangemessen und untragbar, diese zu beschimpfen oder abwertend zu behandeln". Er fügt hinzu: "Unsere Mitarbeiter gehen an ihre Grenzen. Dabei können Fehler passieren. Diese kann man dann auf eine respektvolle Art und Weise klären." Dafür erntet er viel Zuspruch: "Stark kommentiert! Sehr gut! Freundlich sein geht leicht und kostet nichts!", schreibt ein Mann beispielsweise.
"Spitzt sich immer weiter zu": Edeka-Chef muss Öffnungszeiten an Fleischtheke reduzieren
Die Bedientheke der Metzgerei wird aufgrund des Personalmangels ab Montag (25. September 2023) montags bis donnerstags nur noch von 9 bis 18 Uhr und freitags und samstags von 7 bis 20 Uhr geöffnet sein. "Leider spitzt sich der Fachkräftemangel immer weiter zu", so Seidl. Schon vor einigen Jahren seien in der Berufsschule Kulmbach Metzger und Fleischfachverkäufer einer Klasse zugeteilt worden, weil sonst keine zustande gekommen wäre.
"Die Situation durch den fehlenden Nachwuchs ist sehr schwierig geworden. Natürlich gehen auch immer wieder Kräfte in Rente oder wechseln den Job zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen. Andersherum will aber kaum jemand in die Metzgereibranche wechseln. Jeden, der wegfällt, kann ich quasi nicht mehr ersetzen", so der Filial-Inhaber. Er beobachte auch mit Bedauern, dass der Trend durch wegfallendes Personal hin zu abgepackten Waren gehe. "Eigentlich wollen wir doch etwas für die Umwelt tun und frische Produkte anbieten."