Der Weinanbau im Kulmbacher Land erlebt eine Renaissance. Alexander und Jessica Fuchs haben 80 Rebstöcke im Trebgaster Ortsteil Feuln gepflanzt.
Weinreben sind wohl eine der ältesten, kultivierten Obstarten. Auch rund um Kulmbach wurde früher Wein angebaut. Bereits 1398 verzeichnet das Landbuch der Herrschaft Plassenburg insgesamt 72 Weinlagen, darunter im Weißmaintal am Muschelkalkrücken zwischen Fölschnitz und Trebgast. Extrem kalte Winter, vor allem 1708 und 1816, brachten den Weinanbau im Kulmbacher Raum allmählich zum Erliegen. Um 1850 ist es dann auch an der Ködnitzer Weinleite, mit dem Weinanbau zu Ende. Heute ist die "Ködnitzer Weinleite" mit ihren vielen senkrecht zum Hang verlaufenden Hecken ein wichtiges Landschaftselement für die Biodiversität und als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Jetzt könnte die Weinbautradition einen neuen Anfang erleben. Alexander Fuchs, der mit seiner Frau Jessica 2007 den "Sahrhof" im Trebgaster Ortsteil Feuln übernommen und mit viel Liebe renoviert hat, hat vor einigen Jahren ein Faible für alles entwickelt, was mit Wein zu tun hat. Bei ihren Urlaubsreisen nach Italien, Kroatien und Slowenien war die Familie beim Besuch unzähliger Höfe immer wieder begeistert vom südländischen Flair Agriturismo-Betriebe, und der Art, wie dort Gäste mit guten Weinen und kleinen Gerichten aus der kleinen Landküche verwöhnt werden. Diese Eindrücke führten 2013 dazu, in einem ehemaligen Schweinestall, der sich an das Bauernhaus anschließt, eine Vinothek einzurichten.
In diesem herrlichen Ambiente, zwischen alten Sandsteinmauern und unter einem naturbelassenen Deckengewölbe können die Gäste - immer freitags, sowie auf Bestellung - zu mediterranen Köstlichkeiten mittlerweile über 50 Weine aus Franken, Altbayern, Saale-Unstrut, Friaul-Julisch-Venezien und Istrien genießen.
Bei so einer Weinprobe mit den Bayreuther Freunden Manuel Ramming und Sebastian Schober im Herbst 2014 kam am späten Abend die "Schnapsidee" auf: Es wäre doch cool, selbst einen Weinberg zu besitzen. Alexander Fuchs erinnerte sich, dass hier früher schon einmal Wein angebaut wurde und schlug spontan vor: "Den können wir doch gleich hier bei uns anlegen."
Gemeint hat er damit ein knapp 100 Quadratmeter großes Stück Wildnis hinter seiner Scheune in Hangrichtung Süd-West, das er im Folgejahr erst einmal rekultivierte. Die Freunde machten Nägel mit Köpfen, und beschäftigten sich intensiv mit Wein und Weinbau. Alexander hat unzählige Bücher darüber gelesen. Wertvolle Tipps holt er sich regelmäßig im Frühjahr beim Rebschnitt im Weinberg eines befreundeten Winzers in Unterfranken, und im Herbst bei der Ernte in einem Weingut in Kroatien.
Fast kernlose Traube
Nach diesen vorbereitenden Arbeiten war es 2016 soweit. Im Mai wurden 80 Rebstöcke der Sorte "Muscat Bleu" gepflanzt. Diese fast kernlose Weintraube ist eine Neuzüchtung aus der Schweiz. Ihre großen, knackigen Trauben sind von dunkelblauer Farbe und zählen zu den beliebtesten Tafeltrauben. "Es ist zwar keine typische fränkische Traube. Aber diese Rotwein-Rebe wächst gut, zeichnet sich durch hohe Frostfestigkeit aus und ist resistent gegen Mehltau. Da muss ich keine Chemie einsetzen", begründet Alexander seine Wahl.
Die anfangs nur 20 Zentimeter aus dem Boden ragenden Rebstöcke entwickelten bereits im ersten Jahr mehrere Triebe. Zwei davon lässt man stehen, die anderen werden abgebrochen.
Deshalb wurde es jetzt Zeit, die Reben-Anlage zu bauen. Dazu mussten 2,50 Meter hohe Weinbergpfähle aus verzinktem Stahl in den Boden geschlagen werden. Ein waagrechtes Drahtgeflecht hilft den Ranken, sich daran festzuzurren.
Im Moment hat noch der Stammaufbau Priorität. Die ersten zwei Jahre sind wichtig für das Wachstum. Danach muss der Wuchs durch radikalen Rückschnitt gehemmt werden, damit sich viele Fruchtansätze bilden. Immer nur der Stamm und zwei Triebe bleiben im Herbst übrig. "Für den Winzer ist nur die Frucht wichtig. Sie muss möglichst viel Zucker beinhalten, damit man einen vernünftigen Wein bekommt. Je weiter die Trauben vom Stamm weg wachsen, desto weniger Zucker haben sie. Sie sind zwar größer, und schmecken vielleicht auch noch. Aber für Wein sind sie ungeeignet. Qualität geht hier vor Quantität, ist das Motto. Nächstes Jahr reichen die Trauben vielleicht schon zu einem Federweißen", ist Alexander vorsichtig optimistisch.
Arbeit gibt es im Weingarten genug. Die Bodenfläche muss gemäht, von Unkraut freigehalten und die Erde aufgelockert werden. Hauptrebschnitt ist im März/April. Bis auf einen Trieb kommt dann alles weg. Manchmal lasse ich auch zwei stehen, um zu sehen, wie sie sich entwickeln." Die Triebe zieht Alexander nach der Guyot-Methode, die in Europa am weitesten verbreitet ist. Das hat den Vorteil, dass man alle Arbeiten im Stehen erledigen kann.
Fränkischer Wein aus dem Kulmbacher Land - das wäre zweifelsohne ein Bereicherung des ohnehin schon reichhaltigen kulinarischen Angebots unserer Region im wunderschönen Weißmaintal. Einheimische wie Gäste sind schon mal aufgefordert, über einen Namen für die neue Weinbergslage nachzudenken. Wie wäre es beispielsweise mit "Feulner Sahrleite"?