Auch in Kulmbach gibt es etliche Sangesgemeinschaften schon nicht mehr - in Ziegelhütten und Weiher-Mangersreuth wird allerdings noch eifrig geprobt. Doch auch dort findet man keinen Nachwuchs und sorgt sich um das Fortbestehen der Chöre.
Die Chöre in Höferänger und Petzmannsberg gibt es schon lange nicht mehr, ebenso wenig wie die einst so stolze Stadtteil-Singgemeinschaft aus der Pörbitsch. In Ziegelhütten treffen sich die Sänger noch jeden Donnerstag von 20 bis 21.30 Uhr in der "Dreibrunnen"-Gaststätte zur Probe, doch auch dort macht man sich keine Illusionen. Die Sänger sind sich bewusst, dass sie wie wohl die letzte singende Generation sind - die Freude am Singen lassen sie sich aber dennoch nicht nehmen.
Es ist Donnerstag, Probenabend. Diesmal legt Dirigentin Helena Birkle das Stück "Freude am Leben" von Otto Groll auf. Das Lied ist einer slowenischen Volksweise nachempfunden und passt so richtig zur Situation. Denn immer, wenn die Ziegelhüttener Sänger sich treffen, kommt Leben in die Bude.
Es geht lustig zu Es geht lustig zu. "Ich freue mich jede Woche auf die Probe.
Mein Mann ist natürlich auch dabei", sagt Gundi Fritsch (76) und köpft nach dem offiziellen Teil eine Flasche Sekt. Die haben die Sänger von ihrem jüngsten Besuch des Patenchors in Saalfeld mitgebracht. Helga Küfner (76) hilft beim Ausschenken. Sie ist seit über 14 Jahren dabei und genießt auch die Geselligkeit.
"Früher, da waren wir ein Stadtteilchor. Heute kommen unsere Sängerinnen und Sänger aus der ganzen Stadt. Es gibt ja viele Chöre schon nicht mehr", sagt Vorsitzender Wilfried Grenz, der dann nachdenklich wird. Er gehört zu denen, die der Situation schonungslos ins Auge schauen und wissen, dass die Jahre des Chores wohl gezählt sind. Grenz selbst ist 73 Jahre alt. "Wir haben unsere regelmäßigen Auftritte im Jahr. Wir singen im Advent, Weihnachten, umrahmen Gottesdienste und sind beim Volkstrauertag dabei. Wir machen das Kirchweihsingen.
Und in diesem Jahr hatten wir schon mehrere Jubiläen, bei denen wir gesungen haben", berichtet er von vielen Einsätzen.
30 Aktive Grenz ist eigentlich zufrieden mit der Situation, denn immerhin zählt der Chor noch 30 Aktive. Doch er weiß, dass die Gemeinschaft nicht ewig existieren wird - auch wenn alles noch lebendig erscheint. "Wir sind nur noch sechs Männer. Wenn bei einem Auftritt nicht alle können, wird es schon dünn." Grenz erinnert sich an große Auftritte in der Stadthalle oder bei Chorfestivals. Doch so etwas gibt es heute nicht mehr. "Die Zeiten sind vorbei, wenn wir auf einer großen Bühne stehen, dann sind wir doch ein kleiner, verlorener Haufen", sagt er.
Auch Christa Jahreis weiß, dass die Mitglieder nicht mehr die Jüngsten sind. Meta Hartmann hält mit ihren 89 Jahren den Altersrekord. Sie ist seit 1963 dabei.
"In den besten Zeiten waren wir über 40 Sänger", sagt Hartmann.Waltraud Eichner ist mit 58 Jahren das "Küken". Und auch sie singt schon seit zehn Jahren mit. "Ich war vorher beim Chor in der Pörbitsch", berichtet Eichner. Auch dort war sie die Jüngste. Inzwischen ist der Pörbitscher Chor Geschichte.
Werbung ohne Erfolg "Bei uns wird es den Verein sicherlich noch länger geben als den Chor", ist Wilfried Grenz überzeugt. Er baut auf den Zusammenhalt. "So traurig es ist, aber wir haben uns mit der Situation abgefunden. Wir haben alles versucht. Wir haben Aktionen gemacht, öffentliche Singstunden veranstaltet und Werbung gemacht - sogar übers Radio. Aber das hat alles nichts genützt." Dabei könnte bei den Ziegelhüttenern jeder mitmachen. "Wir singen ja nach der Papageienmethode. Das heißt aber nicht, dass wir schlecht singen.
Wir proben halt so lange, bis jeder die Melodie im Ohr hat und bis alles klappt."
Raffinierte Arrangements Nur eines lehnt der Ziegelhüttener Chor ab: englische Lieder. "Wir haben schon russische und italienische Lieder gesungen, aber englische nicht. Das mögen wir nicht", sagt Helena Birkle. Die Chorleiterin kann sich damit gut arrangieren. Sie findet immer raffinierte Arrangements. So werden Volkslieder verswingt oder raffiniert aufgepeppt. "Ich finde immer etwas Besonderes. Es gibt anspruchsvolle Arrangements mit Pfiff, die den Sängern auch Spaß machen", sagt Birkle, die in Nürnberg Musik studiert hat.
Viele ältere Mitglieder "Bei uns sieht es nicht anders aus. Wir haben einen Altersdurchschnitt von 70", gibt auch Walter Schleicher, Chef des Männergesangvereins Weiher-Mangersreuth, offen zu.
"Wir halten uns stimmlich noch gut, aber auch unsere Tage sind gezählt. Denn Werbung bringt nichts. Die Jungen können wir nicht begeistern", sagt Schleicher, der die Weiher-Mangersreuther Sänger seit 1974 leitet. Und mit ihm sind auch die Sänger in die Jahre gekommen. "Ich frage mich manchmal, warum Männer nicht singen wollen. Denn das ist wirklich schön. Singen macht doch Freude", sagt der Chorleiter. Auch Versuche, mit der Osterhasen-Aktion auf der Hahns-Reuth Mitglieder zu werben, seien gescheitert. "Nicht ein Einziger hat den Weg zu uns gefunden", so Schleicher.
Auch in Weiher-Mangersreuth hat man sich damit abgefunden, dass es nicht ewig weitergehen wird. "Wir leihen uns eben hin und wieder Sänger aus Untersteinach" sagt Schleicher, der hofft, dass der Chor so noch einige Jahre überleben kann.