Die Soldaten sind die Retter in der Not

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Unter Vollschutz arbeiten die Soldaten auf den Stationen im Pflegeheim. Hier bereitet eine Fachkraft des Sanitätslehrregiments Feldkirchen die Medikamente für die Bewohner vor. Fotos: Bundeswehr
Unter Vollschutz arbeiten die Soldaten auf den Stationen im Pflegeheim. Hier bereitet eine Fachkraft des Sanitätslehrregiments Feldkirchen die Medikamente für die Bewohner vor. Fotos: Bundeswehr
Die "helfenden Hände" packen im Heim überall mit an, beispielsweise beim Auffüllen der Vorräte.
Die "helfenden Hände" packen im Heim überall mit an, beispielsweise beim Auffüllen der Vorräte.
 

Emanuel Groot ist einer der unterstützenden Sodaten. . Der 27-Jährige erzählt von Erfahrungen, die ihn berühren und ihn Respekt gelehrt haben.

Er ist kein Altenpfleger, aber er übernimmt täglich viele Aufgaben, die in der Pflege hilfsbedürftiger Senioren anfallen. Emanuel Groot ist einer der 27 Soldaten des Sanitätslehrregiments Feldkirchen, die derzeit Dienst im Landkreis Kulmbach tun.

Er und seine Kameraden unterstützen die Mitarbeiter der Pro-Seniore-Residenz in Wirsberg und in der Karl-Herold-Seniorenwohnanlage Kulmbach - Einrichtungen, die von Corona-Infektionen hart getroffen waren und ohne die Unterstützung der Bundeswehr die Versorgung der ihnen anvertrauten Menschen nicht mehr hätten gewährleisten können.

Seit fast sieben Jahren ist Emanuel Groot Soldat beim Sanitätslehrregiment Feldkirchen. Er ist Einsatzsanitäter, vergleichbar einem zivilen Rettungssanitäter mit zusätzlicher militärspezifischer Ausbildung. Kranke oder Verletzte zu versorgen, das ist er gewohnt. Mit pflegebedürftigen Senioren hat er aber normalerweise nicht zu tun.

Ein wenig Erfahrung auf diesem Gebiet hat ihm die Corona-Krise bereits beschert. 2020 hat der 27-Jährige kurzfristig Dienst in einem Altenheim am Schliersee getan, wo durch Corona-Infektionen der Notstand herrschte.

Emanuel Groot hilft gern und aus Überzeugung, wo er gebraucht wird. Selbst dann, wenn manche Aufgabe in der Pflege mehr als nur ein wenig Überwindung kostet. "Das erste Mal, als ich eine Bewohnerin zur Toilette bringen und sie dann saubermachen musste, das ist mir schon schwer gefallen", gesteht er."Aber man gewöhnt sich schnell daran. Und es muss gemacht werden."

Bei allen Aufgaben versucht der Soldat, sich in die Lage der Bewohner zu versetzen, die auf ihn angewiesen sind. "Wenn ich in dieser Situation wäre, würde ich mir doch auch wünschen, dass mir geholfen wird, und das möglichst schnell und selbstverständlich."

Der Unteroffizier macht alles, was auf der Station anfällt. Essen anreichen, pflegerische Tätigkeiten. Und er tut es gern: "Ich spüre jeden Tag, dass die Leute sich freuen, dass wir da sind, sowohl die Bewohner als auch das Team. Das ist ein gutes Gefühl!"

Der Einsatz sei vor allem in den ersten Tagen sehr fordernd gewesen. "Anfangs haben wir Doppelschichten von 14 Stunden übernommen, weil einfach so viele Pflegekräfte gefehlt haben, die erkrankt oder in Quarantäne waren. Inzwischen sind wir bei normalen Acht-Stunden-Schichten."

Ein spürbares Aufatmen

Dass sich die Situation mit Hilfe der Bundeswehr deutlich entspannt hat, darüber ist auch Heimleiterin Nicole Wurster glücklich. Als die Soldaten vor zwei Wochen in die Einrichtung kamen, sei da ein spürbares Aufatmen gewesen. "Endlich waren wieder Hände da, um unsere Bewohner gut versorgen zu können, auch für die vielen kleinen Tätigkeiten neben der eigentlichen Pflege, vom Verteilen des Essens bis zum Beziehen der Betten." Momentan sind sieben Sanitätssoldaten und elf Soldaten der "helfenden Hände" in der Pro-Seniore-Residenz im Einsatz, um die 86 Bewohner zu versorgen. Nur noch vier Senioren sind infiziert.

Nicole Wurster ist voll des Lobes über die Helfer der Bundeswehr: "Die Soldaten sind super. Sie wissen was sie tun, haben sich schnell in ihre Aufgaben hineingefunden. Unsere Bewohner lieben sie. Sie waren und sind uns eine große Hilfe."

Was nimmt Emanuel Groot als Erfahrung mit aus seinem Einsatz im Altenheim? "Ich habe viel über den Pflegeberuf gelernt. Und ich habe noch mehr Respekt vor allen Altenpflegen: Das ist ein Knochenjob und eine sehr anspruchsvolle Aufgabe." Es sei zwar definitiv nicht sein Wunschberuf. Doch missen möchte er die Erfahrungen in Wirsberg nicht.

Andere junge Soldaten können sich dagegen durchaus vorstellen, nach ihrer Bundeswehr-Zeit, Altenpfleger zu werden", sagt Oberstabsfeldwebel Florian Haag vom Sanitätslehrregiment. "Es kommt immer wieder vor, dass junge Leute bei solchen Einsätzen ihr Herz für einen Pflegeberuf entdecken."

Der Einsatz der Soldaten im Landkreis Kulmbach war für etwa zwei Wochen bis zum gestrigen Donnerstag geplant. Um die Lage weiterhin zu stabilisieren, wurde am 22. Januar eine Verlängerung der Hilfeleistung der Bundeswehr beantragt. Diese wurde bewilligt, so Yves Wächter vom Krisenstab am Landratsamt auf Nachfrage der BR. Ein Großteil der Soldaten wird somit noch bis 8. Februar die Mitarbeiter in den betroffenen Alten- und Pflegeheimen unterstützen.

Kommentar

Nicht nur in der Krise: Die Pflege braucht mehr Köpfe

Pflegebedürftig im Altenheim. Mitten in einer Pandemie. Isoliert. Kaum Kontakte zu Angehörigen und zu anderen Bewohnern. Dazu die ständige Sorge, sich zu infizieren. Kein schöne Vorstellung, aber Alltag in vielen Pflegeheimen.

Was kann man in dieser Situation für die Menschen tun? Sie so gut wie möglich versorgen und beschützen.

In Kulmbach und Wirsberg war vor drei Wochen ein Punkt erreicht, in dem genau das ohne fremde Hilfe nicht mehr möglich war - viele Mitarbeiter waren krank oder in Quarantäne. Der Rest kämpfte bis ans Limit der Kräfte.

Die Rettung kam von der Bundeswehr. Die ist zwar personell seit der Abschaffung der Wehrpflicht im Jahr 2011 geschrumpft, aber im Notfall sind die Soldaten da. Das haben sie in den letzen Monaten immer wieder bewiesen. Und abgesehen davon, dass ihre Hilfe unverzichtbar ist: Sie bewirkt auch etwas für das Image der Soldaten. Besser als jedes Plakat werben sie durch ihre Taten für sich, überzeugen durch Hilfsbereitschaft, Einfühlungsvermögen und Kompetenz. Dass die Senioren und die Pflegeprofis die Soldaten loben, zeigt, dass diese ihren Job sehr gut machen.

Die Pandemie legt schonungslos Schwachstellen offen. Dazu gehört die dünne Personaldecke in der Pflege. Zu Wehrpflichtzeiten gab es zumindest noch die Zivis. Ersatz? Fehlanzeige.

Irgendwann wird die Corona-Krise ausgestanden sein. Dann sollte man die Erfahrungen dieser dramatischen Wochen nicht einfach abhaken. Wir brauchen mehr Personal in den Heimen. Dass wir das nicht haben, liegt in erster Linie am Geld: Bessere Bezahlung und weniger Zeitdruck machen den Beruf attraktiver, höhere Pflegesätze erlauben bessere Stellenschlüssel. Außergewöhnliche Situationen kann es immer wieder geben, und die lassen sich mit mehr Köpfen leichter meistern.