Die Raunächte und der Geist an der Wäscheleine

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Adrian Roßner riss die Zuhörer durch seinen gestenreichen Vortrag mit. Foto: Jürgen Valentin
Adrian Roßner riss die Zuhörer durch seinen gestenreichen Vortrag mit. Foto: Jürgen Valentin

Adrian Roßner sprach in Windischenhaig über die Raunächte und erklärte, warum abergläubische Menschen zwischen den Jahren keine Wäsche aufhängen.

Die beste Nachricht vorweg: Er kommt wieder! Und zwar schon am 8. Februar, wenn er über die Entwicklung der Landwirtschaft und der "Ärpfl" in Oberfranken referieren wird. Der junge Heimatforscher Adrian Roßner begeisterte die Zuhörer bei seiner Premiere in Windischenhaig derart, dass die Verantwortlichen des Feuerwehrvereins ihn spontan für einen weiteren Vortrag buchten.

Apropos Feuerwehrverein Windischenhaig: Der wurde von Stadtratsenior Horst Zahr ausdrücklich gelobt. Seitdem Werner Stübinger als Vorsitzender fungiere, habe er sich durch die Organisation verschiedener Veranstaltungen zu einem wichtigen Kulturträger und -bewahrer entwickelt. Einer der Höhepunkte dieser Veranstaltungen war sicherlich der Auftritt von Adrian Roßner.

Dass Adrian Roßner ein rhetorisches Naturtalent ist, bewies der 25-Jährige aus Zell ("Ich bin ein Zeller") mit seinem 80-minütigen Nonstop-Vortrag zum Thema "Raunächte: Brauchtum und Aberglaube".


Ohne Mikro - mit vielen Gesten


Obwohl er nie einen Rhetorikkurs besucht hat und gänzlich ohne Mikrofon auskommt, begeisterte Roßner und fesselte die Zuhörer im voll besetzten Saal der Gastwirtschaft Hereth-Hahn, weil er authentisch rüberkommt, zudem gestenreich und ausdrucksstark ist.

Seinen Vortrag hatte Roßner, der im Frühjahr 2017 sein Studium der Anglistik und Geschichte abschließt, in zwei Bereiche gegliedert. Mit fast schon wissenschaftlicher Akribie beschäftige er sich zunächst mit den Ursprüngen des Aberglaubens, räumte unter anderem die Legende beiseite, der Aberglaube entstamme dem Heidentum. Nein, es ist der Urinstinkt des Menschen, dem der Aberglaube entspringt: Die Angst, die entweder zu Kampf oder Flucht führt und eine der wichtigsten Schutzfunktionen des Menschen ist. "Instinkt vor Logik" lautete vor allem zu früheren Zeiten das Verhaltensmuster in Krisensituationen.


Das plötzliche Geräusch in der Nacht


Wer kennt sie nicht, die Augenblicke, wenn die Stille durch ein plötzliches Geräusch zerrissen wird, was dann oftmals zu übertriebenen Abwehrreaktionen führt. Dass dieses Verhalten in früheren Zeiten, als vieles im Vergleich zu heute noch nicht derart licht- und erklärungstechnisch ausgeleuchtet war, einen bleibenden Eindruck hinterließ, ist verständlich.

Hinzu kommt eine zweite Komponente: Die Erklärungssucht des Menschen, für den alles nachvollziehbar sein muss. Gibt es aber dennoch etwas vermeintlich Unerklärliches, wurde dies früher übernatürlichen Phänomenen und höheren Mächten zugeschrieben. Windböen sind ein Beispiel. Wehen sie ums Haus, verursachen sie mitunter unheimliche Geräusche. Diese Töne wurden früher oftmals als "Wehklage" gedeutet, als eine Art Geisterscheinung, die den nahenden Tod eines Hausbewohners ankündigte.

Verstarb dann tatsächlich ein Bewohner, wurde dies den erlebten Vorgängen zugeschrieben, die dadurch zusätzlich an Macht und Nachhaltigkeit gewannen und als Vorwarnung an die nächste Generation weitergegeben wurden.


Mysteriöse Formeln


Um die Kontrolle über derartige Situationen wieder zu bekommen, setzte man deshalb auf Rituale, die unbedingt eingehalten werden mussten. Oder man kaufte sich vom fahrenden Volk sogenannte Himmelsbriefe. Diese Schriftstücke, die man heute noch oft in alten Gebäuden findet, beinhalteten mysteriöse Formeln in unerklärlicher Sprache. Adrian Roßner hat im Rahmen seiner Forschungsarbeiten versucht, die Sätze zu deuten oder übersetzen zu lassen - vergeblich. Deshalb kommt er zur Erkenntnis: Die Wirkung dieser wundersamen Formeln beruhte ausschließlich auf dem schönen Klang der Wörter.


Auch das Leben aufräumen


Im zweiten Teil seines Referats ging der 25-Jährige auf konkrete Bräuche gerade während der Raunächte, der Zeit zwischen Heiligabend und 6. Januar, ein. Wer beispielsweise während dieser Zeit Wäsche draußen aufhängt, läuft Gefahr, dass sich darin Dämonen und Geister verfangen und bleiben. Oder dass ein Geist ein Wäschestück mitnimmt und als zukünftiges Leichentuch für den Besitzer verwendet.

Auch glaubte man früher, dass sich böse Geister gerne in Unrat und Unordnung niederlassen, weshalb "zwischen den Jahren" nicht nur das Haus, sondern auch das Leben aufgeräumt werden sollte.