Die Nachfrage hat sich im November praktisch verdoppelt. Im Impfzentrum Kulmbach musste man deshalb reagieren.
Erst 3G und 3G plus, jetzt 2G und 2G plus in vielen Bereichen. Der Druck auf die Ungeimpften steigt, und das macht sich im Impfzentrum und in den Arztpraxen bemerkbar. Viele, die bislang gezögert haben und verunsichert waren, haben es sich nun anders überlegt und für eine Immunisierung gegen Covid-19 entschieden, weiß die Thurnauer Hausärztin Anja Tischer, die auch ärztliche Leiterin des Impfzentrums ist. "Den Druck von 3G und 2G merken wir schon." Am Samstag war die Nachfrage im Impfzentrum so groß, dass kurz vor Ende der Öffnungszeit sogar der Impfstoff ausging und vier Wartende auf einen anderen Termin vertröstet werden mussten. "Das war aber ein absoluter Einzelfall", sagt Anja Tischer, denn Impfstoff sei genügend da.
Wer sind die Menschen, die sich jetzt doch noch für eine Erstimpfung entscheiden? Manche hätten einfach warten wollen und sich nach der Aufklärung von der Impfung überzeugen lassen, andere sagen klipp und klar, sie lassen sich nur impfen, weil sie durch die Regelungen ja quasi dazu gezwungen würden, so Anja Tischer. Und dann gebe es noch die harten Impfgegner, "da werden wir keine Chance haben, da wird auch 2G nichts ändern".
Alle, die sich ihre Spritze im Impfzentrum geben lassen wollen, müssen zum Teil viel Zeit mitbringen. In der vergangenen Woche war es fast ein tägliches Bild, dass sich vor dem Eingang des Impfzentrums im Fritz-Erdgeschoss schon vor der Öffnung um 14 Uhr eine lange Schlange Wartender gebildet hatte; und dann wieder gegen Abend, wenn viele Dienstschluss haben. Das Landratsamt hatte aus diesem Grund bereits vergangene Woche auf die Möglichkeit hingewiesen, einen Termin zu vereinbaren, dann entfällt die lange Wartezeit. Am besten ist das über das Internetportal des Bayerischen Impfzentrums möglich, denn auch die Hotline des Landratsamtes ist aufgrund der hohen Nachfrage momentan überlastet und oft besetzt.
"Im Sommer gab es Zeiten, da haben sich zwei Ärzte im Impfzentrum fast gelangweilt, jetzt sind vier Ärzte dort dicke beschäftigt", sagt Anja Tischer. Im Landratsamt hat man die Konsequenzen aus diesem neuerlichen Ansturm gezogen und das Impfzentrum am Sonntag mit Hilfe des THW Kulmbach umgebaut. Aus vier wurden sechs Aufklärungskabinen, aus zwei nun drei Impfabteile, erläutert der Leiter der Führungsgruppe Katastrophenschutz, Oliver Hempfling. Warum das notwendig wurde, zeigen die Zahlen, die er hat. So wurden im gesamten Oktober an 24 Tagen insgesamt 2152 Impfungen nur im Impfzentrum vorgenommen, das entspricht im Durchschnitt 89 Impfungen pro Tag. Im November waren es bis einschließlich Montag an 12 Tagen bereits 1908 Impfungen; das sind im Durchschnitt 159 pro Tag, was nahezu einer Verdoppelung im Vergleich zum Oktober entspricht. Allein am gestrigen Montag wurden 264 Menschen geimpft. "Das ist sportlich, aber noch normal machbar, und da ist auch noch Luft nach oben", sagt der Krisenstabsleiter.
Es sei wohl die Mischung aus Zugangsbeschränkungen und steigenden Infektionszahlen, die die Menschen nun doch zu einer Impfung bewegen. Die faktenbasierte Aufklärung im persönlichen Gespräch hält Hempfling nach wie vor für das A und O bei der Impfkampagne. Nicht nur die Aussicht auf mehr Freiheiten sollte die Motivation für eine Impfung sein, sondern vor allem die Erkenntnis, sich selbst und damit auch andere vor einem schweren Verlauf zu schützen.
Und dass schwere Verläufe bei geimpften Personen in der Regel ausbleiben, bestätigt Hausärztin Anja Tischer. Das zeigen die Impfdurchbrüche, die auch in der Region Kulmbach immer wieder auftreten. "Das liegt aber nicht an einer möglichen Unwirksamkeit des Impfstoffs, sondern da hat einfach die Delta-Variante zugeschlagen, die um 40 bis 60 Prozent ansteckender ist", sagt Tischer. "Die Leute sind ein bis zwei Wochen krank, entwickeln aber keine Lungenentzündung und müssen auch nicht ins Krankenhaus", so die Medizinerin zu den Impfdurchbrüchen.
Die wieder aufflammende Pandemie sei nicht nur für die Kliniken eine Belastungsprobe, sondern auch für die niedergelassenen Ärzte. "Die Praxen sind am Anschlag", sagt Tischer.