Der Umzug muss sicherer werden

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Sieht der Fahrer noch etwas? Auch beim Umzug darf das Sichtfeld nicht eingeschränkt sein. Fotos: Stadt Steinach/Schöffel
Sieht der Fahrer noch etwas? Auch beim Umzug darf das Sichtfeld nicht eingeschränkt sein. Fotos: Stadt Steinach/Schöffel
Dass Tanzmariechen oder Prinzenpaare in Cabrios chauffiert werden und auf dem Heck sitzen, gehörte in den letzten Jahren zum traditionellen Bild des Faschings. Das ist verboten, denn beim Bremsen können die Insassen nach vorne oder hinten fallen.
Dass Tanzmariechen oder Prinzenpaare in Cabrios chauffiert werden und auf dem Heck sitzen, gehörte in den letzten Jahren zum traditionellen Bild des Faschings. Das ist verboten, denn beim Bremsen können die Insassen nach vorne oder hinten fallen.
 
Die Bonbonhexen laufen am unverkleideten LKW mit und flankieren die Räder - auch solch eine Lösung wäre möglich: Nur der Schriftzug in der Windschutzscheibe wäre nicht genehmigungsfähig
Die Bonbonhexen laufen am unverkleideten LKW mit und flankieren die Räder - auch solch eine Lösung wäre möglich: Nur der Schriftzug in der Windschutzscheibe wäre nicht genehmigungsfähig
 
Absperrbänder würden zur Sicherung nicht reichen, denn Kinder können jederzeit durch die Bänder schlüpfen und könnten dennoch beim Bonbonaufheben unter die Räder der Gefährte geraten.
Absperrbänder würden zur Sicherung nicht reichen, denn Kinder können jederzeit durch die Bänder schlüpfen und könnten dennoch beim Bonbonaufheben unter die Räder der Gefährte geraten.
 
Der Traditionswagen der Landjugend Zaubach hat keine Chance auf Zulassung: Denn die Aufbauten sind über vier Meter hoch, zudem ist das Gesichtsfelder des Fahrers eingeschränkt - wenn solch ein Riesen-Aufbau vorgenommen wird, ist sogar eine TÜV-Abnahme erforderlich.
Der Traditionswagen der Landjugend Zaubach hat keine Chance auf Zulassung: Denn die Aufbauten sind über vier Meter hoch, zudem ist das Gesichtsfelder des Fahrers eingeschränkt - wenn solch ein Riesen-Aufbau vorgenommen wird, ist sogar eine TÜV-Abnahme erforderlich.
 
Manfred Amschler vom Landratsamt
Manfred Amschler vom Landratsamt
 
Uwe Limmer vom Landratsamt
Uwe Limmer vom Landratsamt
 
Herrmann Dörfler von der Polizei
Herrmann Dörfler von der Polizei
 
Günter Teufel vom TÜV
Günter Teufel vom TÜV
 

Viele Wagen beim letzten Narrentreiben haben gegen die Vorschriften verstoßen. Deshalb gab es jetzt ein "Wagenbauseminar" im Vorfeld der Kultveranstaltung. Die strengen Vorgaben stießen nicht bei allen auf Verständnis.

Das Stadtsteinacher Narrentreiben ist eine Legende. Tausende von Menschen strömen in die Faschingshochburg, vergnügen sich beim Mega-Umzug. Doch für die Behörden war der Umzug im vergangenen Jahr kein Vergnügen. Vieles entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen. Deshalb gingen Landratsamt, Stadt Stadtsteinach und der TÜV jetzt in die Offensive und stellten allen Wagenbauern die Anforderungen, die eingehalten werden müssen, vor.

Die gesetzlichen Vorgaben stießen nicht bei allen auf Verständnis. Einige prophezeihten, dass das Narrentreiben in Gefahr ist. "In diesem Jahr machen sicher noch viele einen Wagen, aber wenn dann kontrolliert wird, stirbt unser Umzug", sagte der Präsident der Faschingsgesellschaft, Andy Sesselmann.
Schon im Vorfeld stellte Sesselmann klar, dass er keinesfalls eine Generalhaftung für die Faschingsgesellschaft, bei der er dann mit seinem Privatvermögen haften würde, unterschreiben werden. "Veranstalter des Narrentreibens ist die Stadt. Und ich kann als Präsident keine Haftung für die Wägen übernehmen", so Sesselmann. Im Klartext heißt das: Jede Gruppe, die einen Wagen baut, muss auch selbst eine Person, die im Schadensfall haftet, benennen.

"Wir wollen frühzeitig informieren, damit bei den Wagenbauern keine Unstimmigkeiten aufkommen", erklärte Bürgermeister Roland Wolfrum (SPD) die Initiative. "Wir wollen ja niemanden mit Vorschriften drangsalieren, Stadtsteinach soll auch in Zukunft die Faschingshochburg bleiben", sagte Manfred Amschler, der Sachgebietsleiter Verkehrswesen des Landratsamtes Kulmbach."Aber es soll eben auch nichts passieren. Denn wenn es einen Unfall geben würde, wären Stadt und Landkreis dabei", sagt Amschler. Die Fußgruppen sind von den Vorschriften nicht betroffen, sondern nur die Zugmaschinen und Fahrzeuge, die dabei sind.


Sitzplatz- und Gurtpflicht

Bislang war es üblich, dass die Prinzen und Tanzmariechen im offenen Cabrio durch Stadtsteinach chauffiert worden sind. Doch im Wagen zu stehen oder auf dem Heck zu sitzen, ist definitiv verboten. "Beim Einsatz von Kraftfahrzeugen besteht Sitzplatz- und Gurtpflicht. Das Sitzen außerhalb der vorgesehenen Sitzplätze ist nicht erlaubt", so die Vorschrift. Manfred Amschler und Uwe Limmer haben sich sagen lassen, dass in Stadtsteinach bereits auf dem Cabrio sitzende Personen heruntergefallen seien. Und auch im letzten Jahr haben sie das Prozedere, dass in den Cabrios gestanden oder auf dem Heck gesessen wird, beobachtet. "Cabrios sind als Prinzenfahrzeuge denkbar schlecht geeignet, Pick-ups mit Aufbau schon eher", sagte Günter Teufel vom TÜV Kulmbach und bat immer wieder um Kooperation. "Die Vorschriften sind schon so großzügige ausgelegt, man will ja die Brauchtumsveranstaltungen", sagte der TÜV-Experte.

Wichtig ist zudem, dass alle Zugmaschinen und ihre Anhänger eine Betriebserlaubnis haben und für den Umzug versichert sind. Die Fahrer müssen 18 Jahre alt und nüchtern sein und einen Führerschein haben. Und wenn Fahrzeuge "wesentlich" verändert werden, dann brauchen sie ein Begutachtung durch den TÜV. Die Aufbauten müssen so gestaltet sein, dass die fest mit dem Fahrzeug oder Anhänger verbunden sind. Und die Sichtverhältnisse des Fahrzeugführers und die Lenkfähigkeit des Fahrzeuges dürfen durch die Aufbauten nicht beeinträchtigt sein, schreibt es die Vorschrift vor. Neben dem Fahrer muss es für jedes Fahrzeug noch eine (nüchterne) Aufsichtsperson geben. Und die Fahrzeuge, die nicht mit Umbauten geschützt sind, müssen von Ordnern begleitet werden.

"Aber so viele Ordner haben wir nicht. Wir bräuchten ja mindestens fünfzig Ordner oder sogar noch mehr. Dann ist ja keiner mehr auf dem Wagen", sagte Andy Sesselmann und hat noch nicht die Fahrzeuge der auswärtigen Gruppen mitgerechnet. Die "Wikinger" aus Bad Berneck allerdings folgten der Aufklärung gelassen. Denn sie kennen das Prozedere bereits vom Faschingsumzug in Bayreuth. Sie lassen ihren großen Laster von Ordnern flankieren. Und wenn die Massen zu nah kommen, bleiben sie einfach stehen.

Derzeit klären die Behörden noch ab, ob man bei Cabrios auf die Ordnerbegleitung verzichten kann. An anderen Fahrzeugen jedenfalls muss pro Achse sowie im Deichselbereich mindestens ein Ordner an beiden Seiten eingeteilt sein. Bei großen Tiefladern und Sattelzügen sind mindestens drei Ordner pro Fahrzeugseite erforderlich.
Es ist auch möglich, rund um die Wagen eine Verkleidung anzubringen. Damit wäre ausgeschlossen, dass ein Kind unter die Räder gerät - und nur bei der Deichsel müssten noch zwei Ordner eingeteilt werden.
Auch Bürgermeister Roland Wolfrum hatte keine "Ordner-Lösung" parat, bot aber an, Kräfte der Feuerwehr zu mobilisieren. "Ich denke, wenn die meisten Wägen verkleidet sind, können wir das managen", bat Wolfrum um Verständnis und um Kooperation.
Stefanie Heiß fragte nach, wie denn die Ordner, wenn es doch zu einem Unfall komme, abgesichert seien. Bürgermeister Roland Wolfrum betonte, dass dann, wenn sich die Ordner zuverlässig und ordnungsgemäß verhalten haben, die Versicherung der Stadt einspringe. Doch letztlich sei das dann ein Rechtsproblem, das im Einzelfall geklärt werden muss. "Also unter solchen Umständen möchte ich keinen Ordner machen", sagte Heiß nur.

Problem Anfahrt

"Bei der Anfahrt dürfen die Leute nicht auf dem Anhänger sitzen", erklärte Manfred Amschler zudem. Zudem gelten bei der Anfahrt die allgemeinen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung. Auch hinsichtlich der Breite des Wagens. Und Polizist Hermann Dörfler betonte: "Die Polizei kann nicht beide Augen zudrücken."
"Wie soll denn das gehen. Ich kann doch einen Einachser nicht verplanken?", schüttelte Wolfgang Heiß, der im letzten Jahr auch einen Wagen gestaltet hatte, den Kopf über die Vorschriften. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei Faschingsumzügen bei allen Arten von Wagen eine Vollverkleidung technisch umsetzbar ist", sagte Günter Teufel vom TÜV.
Übrigens: Auch das Herausreichen von Alkohol oder anderen Getränken in Flaschen und Bechern ist verboten.