Streitereien in Untersteinach hören nicht auf

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Auslöser des jüngsten Streits ist die Idee, das Rathaus Untersteinach barrierefrei auszubauen. Foto: Archiv/Matthias Beetz
Auslöser des jüngsten Streits ist die Idee, das Rathaus Untersteinach barrierefrei auszubauen. Foto: Archiv/Matthias Beetz

In Untersteinach kehrt keine Ruhe ein. Die jüngste Gemeinderatssitzung verließen drei Bürger - ob freiwillig oder nicht, ist strittig.

Spätestens seit Sommer 2015 tauchen immer wieder Konflikte auf. Welche Vorwürfe im Raum stehen, fassen wir zusammen:


Der Wunsch nach Barrierefreiheit

Im Herbst 2015 wird der Wunsch laut, dass das Rathaus als Sitz der Verwaltungsgemeinschaft barrierefrei sein möge. Tobias Eichner und weitere Bürger setzen sich dafür ein. Im Januar lehnt die Gemeinschaftsversammlung einen entsprechenden Antrag der Wählergemeinschaft Untersteinach (WGU) einstimmig ab, wonach das Dachgeschoss des Rathauses barrierefrei ausgebaut werden soll. Die WGU bekräftigt im Februar den Antrag.

Aktuell werde die Möglichkeit des Einbaus eines Plattformlifts geprüft, heißt es von Seiten der Verwaltungsgemeinschaft. Bürgermeister Volker Schmiechen (SPD) sagt zu, das Thema im Gemeinderat nochmals zu behandeln. Im Verlauf der Debatte kommt es zu lautstarken Wortgefechten zwischen Bernhard Herrmann, Tobias Eichner und ihm.

Die Gemeinde erklärt später, der Bürgermeister habe lediglich Bernhard Herrmann verwarnt und angekündigt, im Wiederholungsfall werde er ihn des Saales verweisen. Daraufhin hätten Herrmann, Tobias Eichner und dessen Mutter freiwillig den Saal verlassen.

Anders stellen es die Betroffenen dar: Sowohl Bürgermeister Schmiechen als auch Verwaltungsleiter Martin Betz hätten Tobias Eichner wegen eines Zeitungsartikels und eines Postings im sozialen Netzwerk Facebook diffamiert. Daraufhin habe sich ein heftiger Wortwechsel zwischen Betz und Eichner entwickelt, in dessen Verlauf Bürgermeister Schmiechen Eichner mit dem Satz "Verlassen Sie den Saal!" der Räumlichkeiten verwiesen habe.

Vorher habe er noch darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um "seine Gemeinderatssitzung" handele, erinnert sich Eichner - offensichtlich in Bezug auf das nicht erteilte Rederecht. Nahezu zeitgleich habe sich Gerda Eichner (eine Rollstuhlfahrerin) aus eigenem Antrieb zum Verlassen der Gemeinderatssitzung entschlossen. Sie habe Bürgermeister und Verwaltungsleiter in ihrer Eigenschaft als Betroffene erklärte, dass sie sich nicht alles gefallen lassen müsse.

Schließlich habe noch Bernhard Herrmann dem Verwaltungsleiter als Antwort auf dessen vorangegangene Aussagen zugerufen: "Dass Sie sich für Ihren Zynismus nicht schämen!". Danach hätten Gerda und Tobias Eichner sowie Herrmann gemeinsam den Saal Richtung Ausgang verlassen.



Mehrere Anzeigen


Mitte Dezember war öffentlich geworden, dass die Gemeinde Bernhard Herrmann wegen Beleidigung angezeigt hat, der Bauhofmitarbeiter als "Kasper" bezeichnet haben soll. Der weist dies zurück und zeigt den Bürgermeister wegen übler Nachrede und Verleumdung an.
Unter anderem Bernhard Herrmann und Tobias Eichner erhalten anonyme Briefe, wie im März bekannt wird. Sie werden darin diffamiert und beleidigt. Eichner und Herrmann stellen Strafanzeige.


Die "Pool-Affäre"


Hat Bürgermeister Volker Schmiechen (SPD) beim Bau seines privaten Schwimmbeckens Bauhof-Mitarbeiter helfen lassen? - Nachbarn hatten entsprechende Fragen gestellt, später hatte Gemeinderat Markus Weigel (WGU) das Thema zunächst im Gemeinderat angesprochen und dann im September öffentlich gemacht. Die Folge: Der Bürgermeister beantragt disziplinarrechtliche Ermittlungen beim Landratsamt. Die Behörde leitet nach "umfangreichen Vorermittlungen" keine disziplinarrechtlichen Ermittlungen ein. Anders die Staatsanwaltschaft: Die entschließt sich nach Vorermittlungen, ein Verfahren wegen des Verdachts auf Untreue einzuleiten - hat bisher allerdings noch kein Ergebnis.

Im Oktober wird bekannt, dass gegen Mitarbeiter des Bauhofs Abmahnungen ausgesprochen wurden. Der Bürgermeister bestätigt dass, will sich aber - auf Grund des laufenden Ermittlungsverfahrens - zu Gründen nicht äußern.

Im November wenden sich 14 Bürger - einer von ihnen ist Bernhard Herrmann - an die Staatsanwaltschaft und bitten um Prüfung, ob der Bürgermeister sich strafbar gemacht hat.



Kommentar
Wie wichtig ist die Antwort auf die Frage, ob drei Bürger eine Ratssitzung freiwillig verlassen - oder hinausgeworfen werden? - In Untersteinach ist sie bedeutend, weil sie auch ein Symptom dafür ist, dass dort zurzeit ein Klima herrscht, in dem die Sachebene von der persönlichen Ebene zu stark überlagert ist.

Kommunalpolitik lebt zu einem großen Teil davon, dass Entscheidungen im Konsens getroffen werden können. Die parteipolitischen Auseinandersetzung in Gemeinde- und Stadträten gehören inzwischen eher der Vergangenheit an. Wenn sie aber durch Konflikte auf anderer Ebene ersetzt werden, ist das für eine Gemeinde wenig gedeihlich.

Und: In der Demokratie gehört für die Gewählten dazu, dass Bürger mitreden möchten, manchmal auch laut und unbequem - das müssen sie aushalten. Bürger indes müssen akzeptieren, dass nicht alle ihre Ideen sinnvoll sind und/oder umgesetzt werden können.