Der rote Faden in der Trebgaster Politik: Hilfe für Familien

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Der Umbau der Grundschule zur Sicherung des Trebgaster Schulstandortes wird eine vordringliche Aufgabe des neuen Bürgermeisters und seines künftigen Gemeinderates werden.
Der Umbau der Grundschule zur Sicherung des Trebgaster Schulstandortes wird eine vordringliche Aufgabe des neuen Bürgermeisters und seines künftigen Gemeinderates werden.
Werner Diersch
Werner Diersch
 

Nach zwölf Jahren als Bürgermeister von Trebgast gibt Werner Diersch sein Amt an Herwig Neumann ab. Er übergibt eine Gemeinde, die sich gut entwickelt hat.

Der Zeitpunkt ist richtig, um sich aus dem politischen Geschäft zurückzuziehen, sagt Werner Diersch. Seinen Job als Bankkaufmann hat er bereits an den Nagel gehängt. Den Trebgaster Rathaussessel räumt der 63-Jährige in diesen Tagen. Jetzt sollen seine Frau Christine, die Kinder und die fünf Enkel die erste Geige spielen.

Wenn sein Nachfolger Herwig Neumann (CSU/NWG) das Regiment im Rathaus übernimmt, hat Werner Diersch (SPD) 30 Jahre Mitgliedschaft im Gemeinderat, sechs Jahre als Zweiter Bürgermeister und zwölf Jahre als Erster Bürgermeister hinter sich.

Eine lange Zeit. Und so ist vor unserem Gespräch, in dem Werner Diersch Bilanz ziehen will, auch eine lange Liste entstanden. Wie ein roter Faden zieht sich ein Thema durch diese Bilanz: Die Förderung von Kindern und Familien. "Ich habe mir frühzeitig die Frage gestellt: Was brauchen Eltern?"

Kindergipfel mit Folgen

Ende der neunziger Jahre, als der Kindergarten restlos überfüllt war, fand in Trebgast ein Kindergipfel statt. Das Konzept wird bis heute weiterentwickelt und das Angebot für Eltern und Kindern fortlaufend neuen Erfordernissen angepasst.

Als Werner Diersch selbst kleine Kinder hatte und im Elternbeirat saß, wurde der Kindergarten gebaut. Jetzt wird der Altbau abgerissen und an der Schulstraße entsteht ein Neubau. Im Zusammenspiel mit der Schule wird das ein modernes Zentrum, in dem sich Kinder von 0 bis 10 Jahren gut aufgehoben fühlen sollen: Eine Krippe mit 24 Plätzen, ein Kindergarten mit 50 Plätzen, ein Hort und barrierefreie Schulräume, in denen neuzeitlichen technischen Anforderungen Rechnung getragen wird.

So viel Engagement für Familien habe sich positiv auf die Einwohnerstatistik ausgewirkt, sagt Diersch. In den alten Siedlungsgebieten hätten sich viele Neubürger angesiedelt. Ein Neubaugebiet? Das wäre wohl wünschenswert, sagt der scheidende Bürgermeister. Allein: die topographischen Verhältnisse machen das schwierig. In Trebgast setzt man deshalb auf die Nachverdichtung innerorts.

Was macht das Leben in Trebgast lebenswert? Für die rund 1700 Einwohner gibt es nur wenige Arbeitsplätze; rund 95 Prozent der Erwerbstätigen sind Auspendler. Werner Diersch hat auf seiner langen Liste viele Punkte, die seiner Überzeugung nach durchaus für den Ort sprechen. Da ist zum Beispiel die gute Verkehrsanbindung durch die Bahn. Regelmäßige Verbindungen in alle Richtungen, dazu etliche Baumaßnahmen, die letztlich auch dem Ortsbild zugute gekommen sind.

Der Ort präsentiert sich insgesamt in gutem Zustand, betont der Bürgermeister. Im Rahmen des ISEK-Verfahrens (integriertes Stadtentwicklungskonzept) sei ermittelt worden, was wünschenswert sei. Vieles davon habe man bereits erfolgreich umgesetzt. Eines der Highlights: die Umgestaltung des Bahnhofs. 1,8 Millionen Euro hat die Gemeinde investiert, um dort eine Tagespflegeeinrichtung zu etablieren und sechs behindertengerechte Wohnungen zu schaffen.

Versorgung gesichert

Dass sich im Ort aufgrund der geringen Einwohnerzahl vermutlich kein großer Lebensmittelmarkt ansiedeln wird, sei bedauerlich, sagt Diersch. Andererseits: "Wir haben in der Ortsmitte ein kleines Geschäft. Wir haben im Hauptort und in den Ortsteilen Bäckereien, Metzgereien und Hofläden. Einkaufsmöglichkeiten gibt es also genug."

Punkten könne Trebgast auch mit dem hohen Freizeitwert. Der Badesee sei, neben der Naturbühne natürlich, längst zu einem weit über die Region hinaus bekannten Anziehungspunkt mit bis zu 100 000 Besuchern je Saison geworden. Die drei verschiedenen Strecken des Nordic-Walking-Parks im Umfeld des Sees würden gut angenommen.

Auf der Liste des Bürgermeisters steht auch das ehemalige Gebäude der Raiffeisenbank. Was dort entstanden ist und noch wächst, erfüllt ihn mit spürbarem Stolz: Ein Jugendtreff, eine Begegnungsstätte für ältere Menschen, die Bücherei der Kirchengemeinde und das Gemeindearchiv. Ein weiterer Ausbau ist denkbar. "Es ist schön, wenn so etwas wächst", sagt Werner Diersch und ist stolz auf "seine" Trebgaster, die in Eigeninitiative viel zuwege gebracht haben. Noch immer bezeichnet er es als gute Entscheidung, dass man damals das Gebäude günstig gekauft habe. "Hätte man so etwas neu bauen wollen, hätte das Hunderttausende gekostet."

Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Geld der Gemeinde war Werner Diersch immer wichtig - da kann er den "Banker" nicht verleugnen. "Haushaltsdisziplin" nennt er das. Nach seinem Amtsantritt vor zwölf Jahren, als die Gemeinde immerhin zwei Millionen Euro Schulden hatte, habe er sich an die Konsolidierung gemacht. Trotz vieler Investitionen habe sich der Schuldenstand deutlich verringert, und, so berichtet er stolz, die Gemeinde kommt bis zum heutigen Tag ohne Stabilisierungshilfen aus.

Auf der Liste des scheidenden Bürgermeisters steht noch so einiges: Die Sicherstellung der Wasserversorgung in Lindau, die Dorferneuerung von Lindau, die seit Jahren ein Thema ist, die geplante Fortführung des Internet-Aufbaus, ein Programm zur Verringerung des Stromverbrauchs. Der Kanal in der Berliner Straße und die Ertüchtigung des Kanals in Waizendorf stehen noch an.

90 Prozent einstimmig

Wichtig ist es Diersch, auf das gute, vertrauensvolle Miteinander im Gemeinderat zu verweisen. Man habe durchaus kontrovers diskutiert. Aber: "90 Prozent aller Beschlüsse haben wir dann einstimmig gefasst."

Und dann, am Ende eines langen Gespräches, erzählt der künftige Ex-Bürgermeister noch eine kleine Begebenheit, die ihn immer noch sichtlich amüsiert: Als auf der Höhe über Michelsreuth ein Mobilfunkmast installiert worden war, stellte Diersch im Nachhinein fest, dass der zum Teil auf Gemeindegrund stand. Ein Mietvertrag wurde ausgehandelt, der der Gemeinde unterm Strich Einnahmen von rund 100 000 Euro bescheren wird. Und das freut das scheidende Gemeindeoberhaupt immer noch. Als Banker - und als Bürgermeister.

Das sagen die Fraktionen

Albert Kolb (SPD-WG) war in der zwölfjährigen Amtszeit von Werner Diersch sein Stellvertreter. Sein Statement: "Werner Diersch pflegte in seiner Zeit als Bürgermeister immer die Zusammenarbeit, die Parteipolitik wurde hintangestellt. Gerade in unserer Fraktion herrschte ein harmonisches Miteinander, großes Vertrauen und Einigkeit in den Entscheidungen. Als Zweiter Bürgermeister war ich stets in die Arbeit mit einbezogen."

Albert Kolb bescheinigt Werner Diersch eine kollegiale Führung. Dass die allermeisten Beschlüsse im Gemeinderat einstimmig getroffen wurden, belege, dass der Bürgermeister für das Allgemeinwohl und nicht für Alleingänge zur Verfügung stand.

Intensiv vorbereitet

Die Beschlüsse seien immer intensiv vorbereitet und zur Abstimmung aufbereitet worden, so dass selbst komplexe Sachverhalte für jeden verständlich dargestellt und letztendlich zum Abschluss gebracht werden konnten. Die Gemeindeausflüge während seiner Amtszeit dienten dem Zusammenwachsen des Gemeinderates, und führten auch zu einem sehr guten Gemeinschaftsverständnis mit dem Kirchenrat in Trebgast, beides zum Wohle unserer Gemeinde.

Auf einen gemeinsamen Konsens und gelebte Praxis sei auch die Arbeit in der VG-Versammlung ausgerichtet gewesen, so Kolb.

Herwig Neumann von der CSU/NWG scheiterte bei der Bürgermeisterwahl zweimal an Werner Diersch. Im dritten Anlauf konnte er sich gegen den Kandidaten der SPD-WG durchsetzen und ist der Nachfolger von Werner Diersch.

Sein Kommentar zur Amtszeit seines Vorgängers:

"In den letzten zwölf Jahren konnten wir von der CSU/NWG mit Werner Diersch gut zusammenarbeiten. Er war ein Bürgermeister, der nicht den Konflikt gesucht hat, sondern immer auf den Ausgleich bedacht war. Er führte die Gemeinde mit einer ruhigen und sicheren Hand."