Die Mitarbeiter der Räum- und Streudienste sorgen dafür, dass die Straßen im Landkreis Kulmbach befahrbar sind. Sie werden oft aber auch angefeindet.
Es schneit und schneit - gerade in den höheren Lagen des Landkreises: Im Stadtsteinacher und Thurnauer Oberland herrscht richtig Winter. Ein Ausnahmewinter? Nein, sagt Rainer Bergmann. "Den hätten wir, wenn man von Tannfeld oder auch Alladorf nicht mehr nach Kulmbach kommen würde", sagt der 53-Jährige. Und das war in den vergangenen Tagen, wenn auch unter erschwerten Bedingungen, ja doch noch möglich.
Um 3.45 Uhr ist Dienstbeginn
Bergmann selbst trägt seinen Teil dazu bei, dass die Straßen befahrbar sind. Und er macht sich dafür Tag für Tag früh auf den Weg. Um 3.45 Uhr war für den Schichtführer des Thurnauer Winterdienstes auch gestern Dienstbeginn. Da rollte sein 17-Tonner, ein MAN-Lkw, aus der Bauhofhalle. 3,6 Meter breit ist das Räumschild des Fahrzeugs, das auf den Touren quergestellt wird. Warum quer? "Wir räumen immer alles nach rechts, weil wir den Schnee dann gleichmäßig an beide Fahrbahnränder verteilen, die Anwohner gleichermaßen beeinträchtigt werden", sagt Bauhofleiter Werner Hirschmann (53), der den Winterdienst organisiert, gelegentlich auch im Führerhaus aushilft.
Im "Geberch"
Rainer Bergmann ist in Teilen des Hauptortes im Einsatz, aber auch im Oberland, das bei den Thurnauern das "Geberch" ist. Bei Alladorf und Tannfeld liegen 35 bis 40 Zentimeter Schnee, in Thurnau 15 bis 20. "Da oben ist ein ganz anderes Wetter", sagt der Mann vom Räumdienst, der mit seinem Lkw, der einen kurzen Radabstand hat, auch unter erschwerten Bedingungen gut durchkommt.
Sedhs bis sieben Stunden für eine Tour
Wird die Strecke nur mit Salz gestreut, legen die Fahrer auf ihren jeweiligen Touren um die 70 Kilometer zurück. "Wenn wir wie in den vergangenen Tagen parallel räumen müssen, kommt da schon mal die zweifache Strecke zusammen", sagt Werner Hirschmann und liefert die Erklärung gleich mit: "Weil wir dann auch immer wieder zurücksetzen, Teilbereiche zweimal befahren müssen." Die Mehrkilometer führen dazu, dass die Touren länger dauern. Aus vier Stunden werden schnell mal sechs bis sieben. Und dann kommen die Klagen der Bürger, weil ihre Straße seit längerem nicht mehr geräumt worden ist. "Wir können leider nicht immer überall vor Ort sein", sagt der Bauhofleiter, der um Verständnis bittet und erklärt, dass Berge, Kreuzungen oder Schulbusstrecken Priorität haben.
Wenn Autos die Straßen blockieren
Was dem Räumdienst die Arbeit erschwert? Mülltonnen, die auf der Straße stehen, Äste und Sträucher, die weit in die Fahrbahn hineinragen, vor allem aber Autos, die in engen Straßen abgestellt werden und die Durchfahrt unmöglich machen. "Unsere Mindestdurchfahrtbreite beträgt drei Meter. Wenn uns der Weg versperrt wird, müssen wir rückwärts fahren", sagt Werner Hirschmann. Kein einfaches Unterfangen, das Nerven und Zeit kostet. "Wenn ich im Oberen Markt ausgebremst werde, muss ich umkehren und den Umweg über die Hutschdorfer Straße und die Siedlung nehmen, um den Oberen Markt von der anderen Seite anfahren zu können", sagt Rainer Bergmann. "Das kostet Zeit, in der ich längst woanders hätte räumen können." Es ist ein Problem, das seit Jahren besteht. "Wir haben Zettel in die Briefkästen geworfen und die Leute gebeten, auf den Räumdienst Rücksicht zu nehmen", sagt Werner Hirschmann. "Und unser Hilferuf hat bei vielen auch Gehör gefunden."
Beleidigungen, Bedrohungen
Was Hirschmann und Bergmann ärgert, sind die Anfeindungen, denen die Fahrer oft ausgesetzt sind. "Da gibt es auch Beleidigungen und Bedrohungen", sagt Hirschmann. Wann zum Beispiel? "Wenn Schnee auf dem Gehweg oder Grundstück landet, die Anwohner schon geräumt haben." Das sei nicht zu vermeiden, werde dem Bauhof-Team aber krumm genommen. "Öffnet ein Fahrer die Tür, um nachzufragen, landet schon mal eine Schippe Schnee im Führerhaus."
Jeder wird gleich behandelt
Den Frust der Bürger bekommt auch der Winterdienst in Stadtsteinach zu spüren. Fahrer würden beleidigt, ja sogar bedroht, sagt a Tatjana Friedlein, die in Stadtsteinach den Winterdienst organisiert. "Das muss man sich nicht alles bieten lassen. Da gebe ich am Telefon Kontra", betont Friedlein, die darauf verweist, dass die Mitarbeiter einen nicht ungefährlichen Job haben und ihr Bestes geben. Was ihr aufgefallen ist: Während die Leute, die in höher gelegenen Orten wohnen ("Die sind an den Winter gewöhnt") kaum klagten, sei der Ärger im Flachland groß. Wer bei Anrufen eine Vorzugsbehandlung einfordert, blitzt bei ihr ab: "Ein Stadtrat oder Nahestehender des Bürgermeisters wird wie jeder andere Bürger behandelt."
Salzvorrat ist aufgebraucht
Ob der Frust in nächster Zeit größer werden wird? In Stadtsteinach gehen, wie Friedlein mitteilt, die Salzbestände aus. Nachbestellen könne man wegen Lieferengpässen nicht. Die Folge: Flachstrecken werden nur noch geräumt, auf Steigungen werde mit Split gestreut. "Davon haben wir ausreichend, und damit kommt man auch gut zurecht."
Gegen die Kälte
Salzmangel hat man in Thurnau nicht. Auch wenn die vor dem Winter eingelagerten 250 Tonnen aufgebraucht sind. "Wir haben 75 Tonnen nachordern können", sagt Bauhofleiter Hirschmann, der betont, dass man für die nächsten Tage gerüstet sei. Dann wird wohl nicht der Schnee, sondern die Kälte der Gegner sein, denn die Temperaturen sollen unter zehn Grad minus sinken. "Ab minus sieben Grad taut das Salz das Eis nicht mehr richtig auf", sagt Hirschmann, der damit rechnet, dass der Winterdienst weitere Sonderschichten einlegen muss.