Der Bunker-Mann will Strafrabatt

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Durch den Bau des Bunkers in seinem Garten hat sich der damals bereits verschuldete Angeklagte - hier zusammen mit seinem Pflichtverteidiger Johannes Driendl, Bayreuth, - finanziell völlig überfordert. "Die Baustelle hat hohe Summen verschlungen", so der 36-Jährige aus Himmelkron, der am Mittwoch ein volles Geständnis ablegt. Foto: Stephan Tiroch
Durch den Bau des Bunkers in seinem Garten hat sich der damals bereits verschuldete Angeklagte - hier zusammen mit seinem Pflichtverteidiger Johannes Driendl, Bayreuth, - finanziell völlig überfordert. "Die Baustelle hat hohe Summen verschlungen", so der 36-Jährige aus Himmelkron, der am Mittwoch ein volles Geständnis ablegt.  Foto: Stephan Tiroch

Alles nur gespielt? Der Angeklagte aus Himmelkron gibt sich vor dem Landgericht Bayreuth zerknirscht. Er räumt ein, mit den veruntreuten Firmengeldern seinen Lebensstil und den Bau des Schutzraums im Garten finanziert zu haben.

Was für ein Unterschied: Zum Prozessbeginn tritt der Bunker-Mann, das rötliche Haar stets zum Zopf zusammengebunden, selbstbewusst und redegewandt auf. Am Mittwoch gibt er sich kleinlaut und zerknirscht.

Anfangs beinahe in der Rolle seines eigenen Verteidigers befragt er Zeugen, wälzt Akten und stilisiert sich im Hauptanklagepunkt, der Veruntreuung von 240.000 Euro, selbst zum Opfer. Sein Ex-Chef habe auf ihn, den Buchhalter, Druck ausgeübt und ihn zu den undurchsichtigen Transaktionen angestiftet, um das Finanzamt auszutricksen und Steuern zu sparen.

"Sauerei, Wahnsinn"

Eiskalt beschuldigt der 36-jährige Angeklagte den Handwerker, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Ein ungeheuerlicher Vorwurf, dem der Elektromeister, der um die Existenz seines Betriebes gekämpft und erheblich privates Geld in das Unternehmen gepumpt hat, vehement widerspricht.
Alles gelogen, so der Ex-Chef: "Eine Sauerei, ein Wahnsinn!"

Damit steht Aussage gegen Aussage. Beisitzender Richter Yves Döll braucht mehrere Tage, um in akribischer Arbeit die Geldflüsse aufzulisten. Vom Firmenkonto auf Konten des Angeklagten, Barabhebungen, Bareinzahlungen und Überweisungen, mit denen der Bunker-Mann Rechnungen bezahlt. Alles passt zusammen, die Beweislast ist erdrückend.

Entschuldigung klingt wie Hohn

Wie ein Kartenhaus bricht das Lügengebäude des Angeklagten zusammen, der sich gestern zerknirscht und kleinlaut gibt. Die Gefängnisstrafe vor Augen, entschuldigt er sich im Gerichtssaal bei seinem Ex-Chef und sagt etwas von Wiedergutmachung. Das muss wie Hohn klingen in den Ohren des Elektromeister, der sein Gesicht in den Händen verbirgt und hinterher sagt: "Ich musste raus, mir ist bald schlecht geworden. Über eine Entschuldigung können wir erst reden, wenn er mir mein Geld zurückgegeben hat. Vorher möchte ich mit diesem würdelosen Menschen nichts zu tun haben."

Ob das Geständnis, das Rechtsanwalt Johannes Driendl für seinen Mandanten vorträgt, wirklich von Schuldeinsicht und Treue getragen ist, weiß nur der Angeklagte allein. Es dürfte ihm aber vor allem um das Strafmaß gehen, um einen Strafrabatt.

Denn wie das Gericht mitteilt, ist der Pflichtverteidiger am Vortag bei der Strafkammer vorstellig geworden. Nach Driendls Ansicht sei bei einem vollen Geständnis - die Verstöße gegen das Waffen-, Spengstoff- und Betäubungsmittelgesetz hat der Bunker-Mann bereits zugegeben - eine Freiheitsstrafe von vier bis fünf Jahren angemessen. Während das Gericht keine Zusagen macht, stellt der Staatsanwalt in Aussicht, zwei Jahre weniger zu fordern.

Prozess verkürzt sich

Jedenfalls verkürzt sich der Prozess durch das Geständnis erheblich. Es werden keine Zeugen mehr gebracht, und man kann sich eine Vielzahl von Terminen bis in den November hinein sparen. Am 26. August soll plädiert werden, tags darauf will das Gericht das Urteil verkünden, wie die Veruntreuung der Firmengelder, der Besitz von einem Kilo Cannabis, von zwei Handgranaten, 30 Rohrbomben und mehreren Kilo Schwarzpulver geahndet wird.

Auf Fragen des Vorsitzenden Richters Michael Eckstein, warum er ein Lügengebäude errichtet und seinen Ex-Chef zu Unrecht beschuldigt hat, kommen die Antworten des Angeklagten stockend. Wenn er Einblick in sein Seelenleben geben soll, geht's nur schleppend voran.

"Ich gebe ungern Fehler zu", sagt der 36-Jährige. Er habe seine Taten verdrängt, nicht wahrhaben wollen. Glaubhaft klingt seine Einlassung, dass die Baustelle hohe Summen verschlungen hat. "Die Kosten für den Bunker waren nicht zu bezahlen." Er habe nie mit Ausgaben von 100.000 Euro gerechnet. Wobei er nach eigenen Angaben schon 2009, als er damit begonnen hat, Firmengelder umzuleiten, "überschuldet" gewesen ist. Warum baut einer dann noch einen nutzlosen Schutzraum im Garten? "Es war mein Hobby, ich habe mich da verrannt."

Man wird das Gefühl nicht los, dass der Bunker-Mann nicht alle Karten auf den Tisch legt. Jedenfalls hat er alles getan, um seine Straftaten zu vertuschen, und auch eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. "Ich hatte wahnsinnige Angst vor dem Gefängnis", sagt er, weil dort seine Krankheit, ein brennender Dauerschmerz in beiden Handgelenken (Morbus Sudeck), schlechter behandelt werden kann als in Freiheit.

Seit acht Monaten weiß er jetzt, wie es im Knast zugeht. "Ein hartes Pflaster", erklärt er. Er fühlt sich offenbar bedroht. Man habe WC-Reiniger in sein Duschgel gefüllt, und den Mitgefangenen sei bekannt, dass er starke Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide - ähnlich Morphin oder Methadon - bekommt.

"In der Bild sind wir auch"

Im Umfeld des Angeklagten ist wenig von Reue zu bemerken. Seine Freundin macht auf ihrer Facebook-Seite kein Geheimnis aus dem Prozess vor dem Landgericht Bayreuth. Unter anderem verbreitet sie Bilder vom Angeklagten im Gerichtssaal. In Kommentaren wird über das Auftreten des Verteidigers gewitzelt, und die Freundin veröffentlicht einen Link zur "Bild"-Zeitung. "Also in der Bild sind wir auch", schreibt sie dazu. Zerknirscht klingt irgendwie anders.

Ihr Freund hat vor kurzem seinen 36. Geburtstag im Gefängnis "gefeiert". Es wird nicht sein letzter hinter Gittern sein.