Brandstifter von Oberzettlitz nimmt sich das Leben

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Der Brandstifter von Oberzettlitz bespricht sich im Prozess mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Johannes Driendl. Jetzt hat sich der Mann in seiner Zelle erhängt. Foto: Stephan Tiroch
Der Brandstifter von Oberzettlitz bespricht sich im Prozess mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Johannes Driendl. Jetzt hat sich der Mann in seiner Zelle erhängt. Foto: Stephan Tiroch
JVA-Chef Matthias Konopka, Bayreuth: "Der Fall hat uns alle sehr betroffen gemacht." Foto: Stephan-Herbert Fuchs
JVA-Chef Matthias Konopka, Bayreuth: "Der Fall hat uns alle sehr betroffen gemacht." Foto: Stephan-Herbert Fuchs
 
Rechtsanwalt Johannes Driendl, Bayreuth: "Sehr tragisch. Das hat mich umgehauen." Foto: Stephan Tiroch
Rechtsanwalt Johannes Driendl, Bayreuth: "Sehr tragisch. Das hat mich umgehauen." Foto: Stephan Tiroch
 

Fast zwei Jahre nach dem Mordanschlag: Der verurteilte Mann erhängt sich in seiner Gefängniszelle. Dabei galt er nicht als suizidgefährdet.

Nach dem Brandanschlag auf ein Wohnhaus im Kulmbacher Stadtteil Oberzettlitz plante er seinen Selbstmord. Er schrieb einen Abschiedsbrief an seine Kinder und sagte: "Ich wollte, dass von mir nichts übrigbleibt." Er setzte seine Absicht jedoch nicht in die Tat um und stellte sich der Polizei.

Fast zwei Jahre später hat er es jetzt doch getan. Der wegen versuchten Mordes zu achteinhalb Jahren verurteilte Mann (66) aus Hammelburg erhängte sich in seiner Zelle - am selben Tag, als er vom Bezirkskrankenhaus in die JVA Bayreuth überstellt worden war.


Ein Blackout?

"Er muss einen Blackout gehabt haben", sagt Rechtsanwalt Johannes Driendl aus Bayreuth zum Selbstmord seines Mandanten. "Sehr tragisch. Das hat mich umgehauen. Ich war fix und fertig."

Die Tat hatte der Mann im Prozess vor dem Landgericht Bayreuth gestanden. Der ehemals erfolgreiche Unternehmer, der zeitweise 65 Mitarbeiter beschäftigte und für eine Fleisch- und Wurstfabrik in Hammelburg tätig war, machte deren Chef für seinen Ruin verantwortlich. Der Geschäftspartner hatte alle Verträge mit dem Subunternehmer gekündigt. Damit begann dessen Abstieg. Firma weg, Vermögen weg, Haus weg, Frau weg - der gelern te Metzger wollte sich rächen.


Wodka, Wut und Weihnachten

Wodka, Wut und Weihnachten waren dann eine explosive Mischung. Der Brandstifter, der sich in einer depressiven Phase befand und viel Alkohol trank, machte sich am 21. Januar 2015 auf den Weg nach Oberzettlitz. In dem Dorf bei Kulmbach zündete er zu nachtschlafender Zeit das Haus des verhassten Mannes an. Es war reines Glück, dass die vierköpfige Familie wach wurde und sich retten konnte.

Eine nachvollziehbare Erklärung für die Tat hatte der Angeklagte nicht zu bieten. "Ich war nicht ich selbst", sagte er vor Gericht. Im Prozess wirkte der schmächtige und drahtige Mann nicht wie ein gefährlicher Straftäter. Er machte eher einen verschüchterten Eindruck und sprach von neuem Lebensmut, weil er wieder Kontakt zu seinen Kindern und seinem Enkel habe.


Höflich und gute Manieren

"Er war ein sehr angenehmer, höflicher Mandant mit guten Manieren", bestätigt der Verteidiger. Er habe sich "geärgert", so Driendl, dass die vom Bundesgerichtshof aufgehobene Freiheitsstrafe von neun Jahren und zwei Monaten aus dem ersten Urteil im zweiten Verfahren in Bayreuth "nur marginal" reduziert wurde. "Unsere erneute Revision dagegen lief noch", so der Rechtsanwalt.

Er, Driendl, habe alles versucht, dass sein Mandant Ende Oktober nicht ins Gefängnis verlegt wird. "Aber die Ärzte im BKH und in der JVA hielten ihn für voll haftfähig." Der Mann sei vorher in der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses gewesen: "Dort hat er sich sehr wohl gefühlt. Alle mochten ihn, es ging ihm gut." Nach eineinhalb Jahren in der JVA - ein sogenannter Zwischenvollzug - hätte er noch einmal eine Therapie im Bezirkskrankenhaus wegen seiner psychischen Probleme und seiner Alkoholsucht machen sollen.


Driendl: "Alles lief gut"

Der Bayreuther Rechtsanwalt betont, dass für ihn und für den Gutachter im Prozess der Suizid "völlig überraschend" gewesen sei. "Das hatte niemand auf dem Schirm. Alles lief gut, der Mandant hatte sogar Aussicht auf Halbstrafe." Driendl weiter: "Bei der Straftat selbst waren Selbstmordgedanken da. Aber jetzt galt er nicht mehr als selbstmordgefährdet."

So beurteilten es auch die Fachleute der Justizvollzugsanstalt St. Georgen. Deren Chef Matthias Konopka ("Der Fall hat uns alle sehr betroffen gemacht") bestätigt, dass der neue Häftling wie jeder Zugang "von Ärzten und Psychologen begutachtet wurde". Dabei habe er sich "unauffällig und ganz normal verhalten". Er sei auch nicht aus der Freiheit gekommen, sondern habe durch den Aufenthalt im BKH die Haftsituation bereits gekannt.


Vorsichtsmaßnahmen der JVA

Wenn es Anzeichen für eine Suizidgefahr gegeben hätte, wären Vorsichtsmaßnahmen ergriffen worden, erklärt Konopka. Gürtelwegnahme, kameraüberwachte Zelle oder - in ganz krassen Fällen - Unterbringung in einem geheizten Haftraum, wo der Häftling nur noch eine Papierunterhose anhat. "Da haben wir abgestufte Reaktionsmöglichkeiten."