Der Landkreis Kulmbach war besonders stark vom Blitzeis betroffen. Chaos auf den Straßen, im Klinikum und bei der Müllabfuhr blieb dabei nicht aus.
Polizei
Trotz Unwetterwarnung und aller Vorsicht der Fahrzeugführer musste die Kulmbacher Polizei in der Nacht auf Freitag insgesamt sechs Mal ausrücken, weil mehrere Autofahrer chancenlos gegen das flächendeckend auftretende Glatteis waren. Sachschäden in fünfstelliger Höhe und eine verletzte Person sind die vorläufige Bilanz.
Gegen 22.45 Uhr verständigte der erste Geschädigte die Polizei, weil er mit seinem Pkw bei Schrittgeschwindigkeit gegen ein Verkehrszeichen gerutscht war. Hier hielt sich der Sachschaden noch in engen Grenzen, ähnlich wie bei den folgenden Unfällen, welche lediglich mit vergleichsweise geringem Sachschaden einher gingen. Weniger glimpflich ging schließlich gegen 3 Uhr morgens die Rutschpartie eines Bayreuther Lkw-Fahrers ab. Bei der Anlieferung an einem Mainleuser Autohaus verlor er trotz geringer Geschwindigkeit die Kontrolle über seinen Laster, der seitlich gegen drei zum Verkauf stehende Autos rutschte. Schaden: rund 14 000 Euro.
Während bei diesen Unfällen glücklicherweise keine Personen zu Schaden kamen, war gegen 5.20 Uhr doch noch ein Verletzter zu beklagen. Ein 32-jähriger Kronacher prallte mit seinem VW in Mainleus gegen ein Brückengeländer, anschließend überfuhr er noch ein Verkehrszeichen. Der Mann kam leicht verletzt ins Krankenhaus.
Drei Unfälle auf der Autobahn wegen Glätte bei überfrierender Nässe mussten Streifen der Verkehrspolizei Bayreuth in der Nacht zum Freitag aufnehmen. Zunächst kam ein 51-jähriger Fürther mit seinem Opel auf der Fahrt nach Bayreuth an der Ausfahrt Schirradorf ins Schleudern. Das Fahrzeug schlug in die Mittelschutzplanke ein und kam schließlich totalbeschädigt auf dem Standstreifen zum Stehen. Zwischen dem Parkplatz Sophienberg und der Ausfahrt Bayreuth-Süd kam kurze Zeit später ein 34-jähriger Württemberger mit seinem Renault nach rechts von der Fahrbahn ab und prallte in die Schutzplanke. Schließlich verlor eine 43-jährige Schweizerin auf der Fahrt in Richtung Süden bei Bayreuth die Kontrolle über ihren Toyota und krachte in die Betonleitwand. Alle drei Fahrer blieben unverletzt. Sie erhalten in den nächsten Tagen Bußgeldbescheide wegen der nichtangepassten Geschwindigkeit. Es entstand ein Schaden von 15000 Euro.
Bei der Stadtsteinacher Polizeiinspektion verlief der Blitzeis-Freitag, wie es heißt, überraschend ruhig. Ledglich ein kleinerer Unfall mit Blechschaden in Kupferberg am Morgen gegen 6.10 Uhr sei zu vermelnde. Es gab keine Verletzten und auch sonst keine besonderen Vorkommnisse.
Klinikum
Alle Hände voll zu tun hatten Ärzte, Schwestern und Pfleger gestern in der Notaufnahme des Klinikums. Mehr als doppelt so viele Patienten wie durchschnittlich üblich mussten behandelt werden. Etliche Menschen erlitten bei Stürzen auf eisglatten Wegen Knochenbrüche, Prellungen und Gehirnerschütterungen. Einige Patienten mussten stationär aufgenommen werden.
Kreisstraßen
34 Kreisstraßen, insgesamt 195 Kilometer Strecke, müssen die Mitarbeiter der Straßenmeisterei Leuchau in Schuss und im Winter schnee- und eisfrei halten. Eine Wetterlage wie das Blitzeis in der Nacht zum Freitag ist da eine ganz besondere Herausforderung. "Der Eisregen war ja angekündigt, und deshalb haben wir schon am Donnerstagabend ab 18 Uhr Einsätze gefahren. Im Oberland waren die Kollegen die ganze Nacht unterwegs", erzählt Straßenwärter Roland Müller.
Mehrfach mussten die Fahrzeuge Salz nachladen - an den Silos in Leuchau und in Wartenfels. 2,5 Tonnen fasst der Vorratsbehälter, doch die sind auf vereisten Straßen schnell verbraucht.
Um die Straßen sicher zu machen, müssen die Straßenwärter natürlich erst selbst zur Arbeit fahren. Einer von Müllers Kollegen Kupferberg ist mit Schneeketten zur Frühschicht gefahren, um pünktlich um 3 Uhr sein Räumfahrzeug zu übernehmen.
Schulbusverkehr
Viele Kinder bekamen es Freitagfrüh zu spät mit: Im Notfall hätten sie zu Hause bleiben können - aber da saßen sie schon in den Bussen, unter anderem in denen von Sabrina Pomper-Dzajic, Inhaberin von Pomper Reisen in Neudrossenfeld. "Unsere erste Linientour startete ab 5.30 Uhr von Pechgraben über Trebgast nach Kulmbach. Da war uns klar, dass es gerade auf Nebenstrecken tückisch wird", sagt die Geschäftsführerin.
Sie habe ständig Kontakt zu den Fahrern gehalten. Ab 6.30 Uhr startete wie üblich die Tour mit den Schülern, die an einer weiterführende Schule sind und auch Bayreuth ansteuern. "Ein paar Minuten später bekamen wir die Info, dass in Bayreuth der Unterricht ausfällt. Da waren die meisten aber schon unterwegs." Ein Teil sei von Eltern abgeholt worden, einige fuhren mit dem Zug zurück. "Ich wunderte mich, dass das Bayreuther Schulamt gleich absagte, das Kulmbacher aber nicht. Den Bus zu erreichen ist das eine - man muss halt auch zur Schule hinkommen. Auf den vereisten Gehwegen war das das eigentlich Gefährliche."
jn
Müllabfuhr
Schwieriges Geläuf auch für die Mitarbeiter der Müllabfuhr. Bei der Firma Veolia in der Von-Linde-Straße sind nach Angaben der Betriebsleitung am Freitagmorgen um 5.15 Uhr wie gewohnt zwei Fahrzeuge für Altpapier und zwei für Biomüll ausgerückt. Doch schnell wird klar: Das wird nicht einfach. Vor allem Seitenstraßen sind zu diesem Zeitpunkt schlecht passierbar - und das, obwohl die Fahrzeuge mit Ketten ausgerüstet sind.
Das noch größere Problem: Da viele Gehwege spiegelglatt sind, weist die Firmenleitung mit Rücksicht auf die Gesundheit der Mitarbeiter darauf hin, im Zweifelsfall die Tonnen lieber stehen zu lassen. Man versuche, das Pensum wie gehabt zu erfüllen. Die Papiertonnen wolle man wie gewohnt leeren, bei den Biotonnen könne es aber sein, dass es länger dauert und eventuell manche ungeleert bleiben. Für die Verzögerung bittet die Betriebsleitung die Bürger um Verständnis.
Aus der Stadtverwaltung in Bayreuth verlautete am Freitagmittag: Die städtische Müllabfuhr sei soeben für den Freitag komplett eingestellt worden, da die Wege zu den Mülltonnen auf zahlreichen Privatgrundstücken zu glatt sind. Die Touren des heutigen Freitag würden an Heiligabend nachgeholt.
Schulen
Schon am frühen Morgen liefen auf sämtlichen Radiosendern Meldungen, dass im Landkreis Bayreuth der Schulunterricht ausfällt. Im Kreis Kulmbach war man sich lange unsicher, wie man reagieren soll. "Manchmal ist das sehr schwierig einzuschätzen", erklärt Schulamtsdirektor Jürgen Vonbrunn.
Deswegen habe es an diesem Morgen etwas gedauert, bis eine eindeutige Entscheidung gefällt wurde. "Ich habe selbst den Wetterbericht beobachtet und dann kamen auch schon Meldungen von den Rektoren", schildert Vonbrunn. Das Schulamt sei eine Art Koordinationsstelle, wo alle Meldungen zusammenlaufen. Jürgen Vonbrunn entscheidet dann, wie es weiter geht. "In Marktleugast konnten keine Autos mehr fahren. Da haben wir dann als erstes entschieden, dass der Unterricht ausfällt", erklärt Vonbrunn.
Bei allen anderen Schulen sei die Logistik schon im Rollen gewesen. "Viele Schüler, die in die Berufs- oder Fachoberschulen gehen, waren schon seit sechs Uhr unterwegs", sagt er. Mit den Schulleitern habe man dann eine Regelung vereinbart: "Schüler, die nicht kommen können, sind entschuldigt", erklärt der Schulamtsdirektor. Für alle anderen, die bereits in den Schulen waren, sei die Betreuung gewährleistet. "Geschlossene Schultüren darf es auch an einem solchen Tag nicht geben", sagt Vonbrunn.
Zudem seien die Schüler in den Kulmbacher Schulen weitestgehend zum Unterricht gekommen. Wenn auch mit Verspätung wie Monika Hild, Schulleiterin der Carl-Von-Linde-Schule in Kulmbach auf Nachfrage erklärt. "Nach unserer Erkenntnis ist aber nur ein Bus ausgefallen", sagt Hild.
Doch woher wissen die Schulleiter eigentlich von den schwierigen Straßenverhältnissen? Als Schulleiter ist man laut Hild im Winter immer achtsam, was das Wetter angeht. Sie selbst habe es am Freitag um sechs Uhr gemerkt. Ein Blick auf die Straße und ein Gang nach draußen reichten aus, um die Situation zu erkennen. Verkehrsmeldungen im Radio haben ihr Übriges beigetragen.
Auch Horst Pfadenhauer, Schulleiter des Markgraf-Friedrich-Gymnasiums (MGF) war vom Blitzeis betroffen. "Ich bin erst kurz nach neun in der Schule eingetroffen. Ich wohne in Kronach am Berg und bin nicht weg gekommen", erzählt er. Als die Blitzeismeldung raus ging, seien die meisten seiner Schüler bereits unterwegs gewesen.
Doch wie erreicht man in einer solchen Situation die Eltern? Laut Schulamtsdirektor sei das Radio eine der besten Möglichkeiten. Das MGF und das Caspar-Vischer-Gymnasium probieren es aber noch über einen anderen Weg: das Internet. In leuchtendem Rot ist auf den Startseiten der Homepages eine Eilmeldung formuliert, dass alle Schüler, die noch zu Hause sind, zu Hause bleiben dürfen. Alle anderen werden in der Schule betreut. "In der heutigen Zeit ist es wichtig auch das Internet mit einzubeziehen. Da können sich die Eltern schnell informieren", meint Pfadenhauer.
Kindergärten
Wetterbedingt die Einrichtung schließen zu müssen - sowas gab's bei uns noch nie", sagt Monika Hoffmann, Leiterin des Paul-Gerhardt-Kindergartens. Ein Viertel der Kinder fehlte gestern: zehn wegen des Glatteieses, zehn weitere, die mir ihren Eltern schon in den Weihnachtsurlaub gestartet waren. "Alle anderen sind unfallfrei angekommen. Allerdings haben wir morgens früh eine Menge Streusalz gebraucht, um den Eingangsbereich vom Eis zu befreien. Mit Splitt allein war da nichts zu machen."
Monika Hoffmann selbst musste wie jeden Morgen von Rugendorf zur Arbeit fahren - über Grafendobrach. "Aber das war kein Problem. Der Berg ist immer frei, spätestens um halb sieben, egal welches Wetter ist. Dafür möchte ich mal ein dickes Lob an die Straßenmeisterei des Landkreises loswerden."
Im katholischen Kindergarten in Stadtsteinach fehlten gestern nur drei Kinder, deren Eltern die Rutschpartie auf der Straße vermeiden wollten. "Alle anderen und auch wir Mitarbeiter waren entsprechend vorsichtig unterwegs und kamen unfallfrei an", so Kindergartenleiterin Beate Ott.
Für den zuverlässigen Einsatz des Räum- und Streudienstes ist auch Monika Heidenreich dankbar. Die Melkendorferin ist die Leiterin der Kindertagesstätte "Sonnenschein" in Thurnau: . Dort herrschte gestern normaler Betrieb. Alle Mitarbeiter und Kinder kamen, nur ein Kind wurde wegen der Glatteissituation nicht in die Kita gebracht. Heidenreich war früh um halb sieben die Erste "Die Hauptstraßen waren gut gestreut. Da hatte ich keine Probleme", erzählt sie. "Unser Parkplatz dagegen war eine einzige Eisfläche." Heidenreich verständigte gleich den Hausmeister, der sofort mit Streugut ausrückte.
Noch bevor sie zur Arbeit fuhr, musste Monika Heidenreich zu Hause noch für die Sicherheit der Fußgänger auf dem Gehsteig sorgen: "Ich war heute für den Streudienst in unserer Straße zuständig, konnte aber auf dem spiegelglatten Gehweg selbst nicht laufen." Heidenreich löste das Problem kreativ: Sie fuhr mit dem Auto langsam das Wegstück ab und streute das Tausalz durch das heruntergekurbelte Fenster auf den Gehsteig. Sicher eine ungewöhnliche Methode, aber effektiv - und das ist für die Melkendorferin die Hauptsache.
Kreativ ist auch Monika Hoffmann, wenn es darum geht, als Fußgängerin auf glatten Wegen nicht auszurutschen. Sie hat für alle Fälle ein paar alte Wollsocken in der Handtasche: "Über die Stiefel ziehen und fertig!"