Bläser lassen Blech blitzen

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Beim Neujahrskonzert der Stadtkapelle gab es wahre Begeisterungsstürme.

Traditionell und zeitgenössisch, klassisch und modern, bekannt und unbekannt: das alljährliche Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem langjährigen Dirigenten Thomas Besand schafft es, jeden Musikgeschmack zu bedienen, und das wie immer auf höchstem Niveau.
Die Stadtkapelle Kulmbach, das waren auch diesmal wieder knapp 50 Musiker im Alter zwischen 15 und 85 Jahren. Dirigent Thomas Besand stand dabei seit
1992 ohne Unterbrechung zum 27. Mal am Pult und Karl Heinrich Backert moderierte in seiner unnachahmlichen Art mit Witz und Information.
Natürlich gehören Traditionsmärsche zum Repertoire, der Olympia-Marsch von Jaroslav Labsky im Vorgriff auf die Winterspiele in Südkorea etwa, Hermann Dostals berühmter Flieger-Marsch, Carl Teikes Traditionsmarsch "In Treue fest" oder "Mir sein die Kaiserjäger" von Karl Mühlberger. Das ist Musik, wie es Blasmusikfreunde mögen, schwungvoll und schmissig. Musik, die aber auch im Konzertsaal ihre Berechtigung hat, vor allem dann, wenn sie so exzellent dargeboten wird, wie von der Stadtkapelle.


Rossini zu Ehren

Der Bereich Oper gehörte diesmal dem italienischen Komponisten Gioacchino Rossini, an dessen 150. Todestag die Musikwelt heuer erinnert. Mit der Ouvertüre zu seiner Oper "Wilhelm Tell" hatte Besand eine Komposition auf das Programm gesetzt, die es in sich hatte. Die Musiker der Stadtkapelle spielen das routiniert, dynamisch sorgsam ausbalanciert vom zarten Piano bis zum fast schon übersteuerten Fortissimo. Ebenso präsent und hochkonzentriert lassen sie die gefällige und weitgehend unbekannte Ouvertüre zur Oper "Regina" von Albert Lortzing erklingen.
Klassisch ging es weiter mit dem 1. und 2. Satz von Anton Dvoraks 9. Sinfonie "Aus der neuen Welt". Der eine Satz mehr, der andere weniger gekürzt, aber sehr wirkungsvoll arrangiert und musiziert und dabei die charakteristischen Themen sauber herausgearbeitet. Nicht fehlen darf bei einem Neujahreskonzert ein Johann-Strauss-Walzer. Mit den "Rosen aus dem Süden" hatte Besand den Musikern diesmal eine besonders effektvolle Komposition auf die Pulte gelegt.
Für konzertantes Blasorchester typisch sind Stücke wie Willi Löfflers "Melody and Rhythm", leicht zu hören, aber schwer zu spielen, das kurze Intermezzo des feurigen "Spanischen Zigeunertanzes" von Pasqual Marquina oder Potpourris wie "Wo die Wolga fließt" mit beliebten und bekannten russischer Melodien. Tatsächlich sind sie alle Ohrwürmer, der Säbeltanz, das Volkslied Kalinka, der Kosakentanz Kasatschok oder die Schiwago-Melodie. Mit reichlich Klamauk gewürzt, werden all diese Titel mitreißend musiziert.
Höhepunkt eines jeden Neujahrskonzertes der Stadtkappelle sind die Solostücke, bei denen Musiker aus dem Orchester ihre Virtuosität unter Beweis stellen können. Das schwierige Trompetensolo "Silberfäden" bekannt durch Walter Scholz spielt der 1. Trompeter der Stadtkapelle und Dirigent des Burghaiger Musikvereins Daniel Richter absolut perfekt. Das Klarinetten-Solo "Wild Cat Blues" von Fats Waller und Clarence Williams hatte sich der Solist Jürgen Schaller ausgesucht. Er und die Stadtkapelle muszieren das durch Hugo Strasser bekannt gewordene Stück in einer ganz neu erschienen Ausgabe in der Originaltonart, wobei Schaller auswendig spielt, genauso wie Thomas Besand das gesamte Programm auswendig dirigiert. Der heimliche Star des Neujahrskonzertes ist allerdings kein Bläser, sondern der Schlagzeuger Sebastian Kramer aus Weismain. Zunächst muszieren Stadtkapelle und Schlagzeugsolist den Solotrommlermarsch von Ernst Mosch so wie man ihn kennt. Bei der Zugabe legt Kramer dann allerdings ein fetziges Solo mit allen möglichen Schlagzeugrhythmen hin und scheint damit sogar den Dirigenten zu überraschen. Der geht derweil nach draußen und blickt verzweifelt auf die Uhr. Während einige im Orchester ihre Zeitung auspacken, trommelt Sebastian Kremer unvermittelt weiter und legt ein Percussion Solo hin, wie man es selten gehört hat. Das Publikum bedankt sich bei ihm mit wahren Begeisterungsstürmen.
Auch ein wenig Pop darf es sein, mit dem Medley "Abba-Gold", das die größten Hits des Quartetts aus Schweden in ungewohnter Form aber eindrucksvoll musiziert auf die Bühne bringt. Als Zugabe musiziert die Stadtkapelle die Marsch-Revue, die Dirigent Thomas Besand vor zwei Jahren von den Musikern als Geschenk bekommen hatte. Es handelt sich dabei um ein ganz exklusives Arrangement des bekannten Blasmusikkomponisten Franz Gerstbrein mit sämtlichen Traditionsmärschen, die zum Lieblings- und Standardrepertoire Besands gehören. Ganz am Ende heißt es dann noch einmal kräftig mitklatschen beim Radetzky-Marsch.


Erinnerung an "Poldi" Schott

Einige Kompositionen wurden "in dankbarer Erinnerung" an Leopold "Poldi" Schott aufgeführt, dem Gründer und langjährigen Leiter der Kulmbacher Knabenkapelle und ehemaligen Dirigenten der Stadtkapelle Kulmbach. Schott war damit nicht nur einer der Vorgänger von Thomas Besand, sondern für einige Jahre auch sein Lehrer. "Er hat die Stadtkapelle in Sachen konzertanter Blasmusik nachhaltig geprägt", sagt Besand. Schott, der im Mai des vergangenen Jahres seinen 100. Geburtstag hätte feiern können, unterrichtete Besand in seinem Instrument, dem Waldhorn.