Zwei Kulmbacher Braumeister erklären, wie in fünf Schritten der Anstich eines Bierfasses gelingt. So kann sich jeder bei der Gartenparty daheim ein bisschen wie der OB beim Anstich zur Bierwoche fühlen.
Heute gibt es in Kulmbach nur zwei Fragen: Wie schmeckt das Festbier bei der 66. Kulmbacher Bierwoche? Und: Schafft es der Oberbürgermeister, das erste Fass unfallfrei anzuzapfen? Erstens: Das Festbier ist schon immer vorzüglich gewesen. Und zweitens: Alles spricht dafür, dass OB Henry Schramm der Anstich wieder gelingen wird. "In den 30 Jahren, seit ich hier bin, hat's noch immer geklappt", sagt Chefbraumeister Hermann Nothhaft von der Kulmbacher Brauerei.
Wobei es schon einer Vorbereitung bedarf, damit nichts schiefgeht. Ob beim großen Bierfest oder bei der Gartenparty daheim: Es sind einige Regeln zu beachten, damit der gehopfte Gerstensaft schließlich im Glas oder Krug seinen vollen Geschmack entfalten kann. Hermann Nothhaft und sein Kollege Robert Boser vom Bayerischen Brauereimuseum auf dem Mönchshofgelände erklären, wie in fünf Schritten der Erfolg garantiert ist.
1.
Wie sieht die Vorbereitung aus?Das Fass muss gut vorgekühlt sein, 7 bis 8 Grad ist die Idealtemperatur. Entweder im Kühlhaus kurz vor dem Anstich abholen oder im eigenen Kühlschrank aufbewahren, aber nicht in der Gefriertruhe runterkühlen, da sonst der Hahn zufrieren kann. Das Fass vorsichtig - "es will wie eine zarte Frau behandelt werden" (Boser) - von der Kühlung zum Zapfbock bringen und vorsichtig aufsetzen. Auf keinen Fall stauchen, sonst wird das Bier unruhig. Die Kohlensäure reagiert genauso, wie wenn die Champagner-Flasche nach einem Formel-1-Rennen geschüttelt wird.
2.
Welche Ausrüstung braucht man? Das entsprechende Equipment vorher bereitlegen. Aufpassen, der Zapfhahn muss zum Fass passen, denn es gibt unterschiedliche Systeme. Der Hahn wird mit Heißwasser ausgespült und mit kaltem Wasser abgekühlt. Der Dichtgummi für das Zapfloch sollte ebenfalls frisch gespült und nass sein. Drei oder vier frisch gespülte Gläser und das Entlüftungsventil bereit stellen.
3.
Jetzt wird's ernst - wir schreiten zur Tat. Dichtgummi in die Zapfbuchse einsetzen und dann den geschlossenen Bierhahn - quer ist zu - auch möglichst gerade am Spundloch ansetzen. Zwei bis drei kräftige, gezielte Schläge mit dem Holzschlegel - und der Hahn ist drin. Nicht draufhauen wie auf einen Amboss, der Hahn muss nur ein bis zwei Zentimeter in das Zapfloch getrieben werden, um den Verschluss ins Fass zu schieben.
4.
Der größte Fehler, den man machen kann. Den Schlegel beiseitelegen, aber den Hahn niemals loslassen, sondern mit der linken Hand festhalten und gegen das Fass drücken. Die Siegerpose wäre jetzt verfrüht, sonst wird der Zapfhahn wieder rausgedrückt, und die Umstehenden bekommen eine Bierdusche. Also: Hahn festhalten, den Verschluss eine Vierteldrehung öffnen - nicht drehen wie einen Wasserhahn - und den Innendruck des Fasses in einen oder mehrere Krüge ablassen.
5.
Der letzte Akt der Zeremonie. Ist der Druck nach zwei oder drei Gläsern abgebaut, kommt kein Bier mehr aus dem Hahn. Dann den Lüfter ("die Pfeife") oben - eventuell vorher KEG-Schutzkappe abziehen - einsetzen und langsam drehen. Eine Vierteldrehung genügt, dann den Ausschank fortsetzen. Das Lüftungsventil muss nicht nachjustiert werden. Es empfiehlt sich, Kühlakkus und ein feuchtes Tuch über das Fass zu legen. Das sorgt für Kühle - gerade an den heißen Tagen.
6.
Gelten die fünf Regeln auch bei der Bierwoche? Ja, das Ritual bei der Kulmbacher Bierwoche ist vergleichbar mit dem Anstich bei der Gartenparty. Mit dem Unterschied, dass der Kulmbacher OB ein bisschen mehr Bauchkribbeln haben dürfte, weil ihm viele Fotografen, Kamerateams und Tausende im Zelt zuschauen. Den berühmten Bürgermeisterzapfhahn - dabei sind Gummi und Hahn fest verbunden und werden in ein Gewinde reingeschraubt - gibt es beim Kulmbacher Bierfest nicht. Allerdings stehen dem Oberbürgermeister erfahrene Büttner zur Seite, die für den Fassaufbau zuständig sind, die Krüge zureichen und den Lüfter einsetzen.