Berufsverbot für Depressive - Kulmbacher Busfahrer regt sich auf

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Busfahrer Reinhard Hansen an seinem Arbeitsplatz: Bei ihm ist alles in Ordnung, sein Führerschein ist problemlos verlängert worden. Er regt sich aber darüber auf, dass Innenminister Joachim Herrmann im Zusammenhang mit einem Berufsverbot bei Depressionen Busfahrer mit Piloten vergleicht. Foto: Jürgen Gärtner
Busfahrer Reinhard Hansen an seinem Arbeitsplatz: Bei ihm ist alles in Ordnung, sein Führerschein ist problemlos verlängert worden. Er regt sich aber darüber auf, dass Innenminister Joachim Herrmann im Zusammenhang mit einem Berufsverbot bei Depressionen Busfahrer mit Piloten vergleicht. Foto: Jürgen Gärtner
Manfred Amschler, Sachgebietsleiter für Verkehrswesen am Kulmbacher Landratsamt, sagt: "Wenn etwas nicht passt, dann hängt es davon ab, ob wir es vom Arzt erfahren." Foto: Archiv
Manfred Amschler, Sachgebietsleiter für Verkehrswesen am Kulmbacher Landratsamt, sagt: "Wenn etwas nicht passt, dann hängt es davon ab, ob wir es vom Arzt erfahren." Foto: Archiv
 
Auf dieses Thema hat uns ein Leser aufmerksam gemacht. Haben Sie auch etwas auf dem Herzen? Dann schreiben Sie uns (E-Mail redaktion.kulmbach@infranken.de) oder rufen Sie an unter der Nummer 09221 / 949-281.
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Reinhard Hansen ist empört, dass der bayerische Innenminister Joachim Herrmann im Zusammenhang mit einem Berufsverbot bei Depressionen Busfahrer mit Piloten vergleicht. Hat der Mann recht? Ein Arzt aus dem Landkreis Kulmbach spricht Klartext.

Da ist Reinhard Hansen der Kragen geplatzt. "Ich bin fast explodiert", sagt der Busfahrer, der für seine deutlichen Worte bekannt ist. Was ihn so aufregt? Ein Vorschlag des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann, der nach dem Todesflug in den französischen Alpen ein Berufsverbot für Menschen mit Depressionen für denkbar hält.

Voraussetzung sei, so Herrmann, eine "sorgfältige medizinische Begutachtung". Wenn dabei herauskommt, "dass etwa ein Pilot, ein Busfahrer oder ein Taxifahrer dauerhaft nicht mehr geeignet ist, Menschen oder sonstige Güter zu transportieren, ohne dass Gefahr für Leib und Leben anderer besteht, dann kann solchen Personen auch der Führerschein beziehungsweise die Lizenz entzogen werden".

Seit 42 Jahren Busfahrer

Hansen ist "empört, dass man Busfahrer und Taxifahrer mit einem Piloten vergleicht". Unabhängig davon, dass ein Busfahrer viel weniger verdient ("2100 Euro im Monat sind schon gut"), müsse er regelmäßig seine Fahrtauglichkeit nachweisen, sagt der 64-Jährige: "Wenn ein Busfahrer diese Untersuchung nicht besteht, wird sein Busschein nicht verlängert. Dann sorgt das Landratsamt dafür, dass er keinen Bus mehr fährt." Hier gelte offenbar keine Schweigepflicht. Hansen, der seit 42 Jahren Bus fährt, macht Ärzte und Lufthansa dafür verantwortlich, "dass 150 Menschen sterben mussten".

In der Tat ist es so, dass Busfahrer alle fünf Jahre bei der Verkehrsbehörde die Verlängerung ihrer Fahrerlaubnis der Klasse D beantragen müssen. Dazu ist es notwendig, das Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung vorzulegen.

Laut Manfred Amschler, Sachgebietsleiter für Verkehrswesen am Kulmbacher Landratsamt, sind folgende Nachweise gefordert: ärztliche Bescheinigungen über einen Hörtest und andere gesetzlich vorgeschriebene Untersuchungen sowie über einen Sehtest; ferner ein Reaktions- und Leistungstest, den Arbeitsmediziner oder sogenannte Begutachtungsstellen (zum Beispiel TÜV) durchführen. "Wenn nichts Negatives drinsteht und alle Voraussetzungen erfüllt sind, dann kriegt der Antragsteller seine Verlängerung", erklärt Amschler.

Er betont aber, dass auch bei den Busfahrern die ärztliche Schweigepflicht nicht angetastet wird. "Der Antragsteller bekommt von seinem Arzt die Bescheinigung und legt das Schreiben beim Landratsamt vor."

Dem Gutachten kann die Verkehrsbehörde entnehmen, ob ein Fahrer komplett geeignet, ungeeignet oder mit Einschränkung geeignet ist. Dabei ist das Landratsamt auf den Arzt angewiesen. Amschler: "Wenn etwas nicht passt, hängt es davon ab, ob wir es erfahren."

Je nachdem, was rauskommt, gibt es ein großes Spektrum von Möglichkeiten, um darauf zu reagieren. "Wenn von einer Depression die Rede ist, müssen wir reagieren", sagt der Experte. Das reiche von einer fachärztlichen Zusatzuntersuchung bis hin zu Fahrverhaltensbeobachtungen ("Da fährt ein Psychologe mit").

"Nur grob kontrolliert"

Also kommt es entscheidend darauf an, was der Arzt herausfindet. Wie intensiv sind solche Untersuchungen für die Führerscheinverlängerung von Busfahrern? "Es wird nur grob kontrolliert. Es gibt die Möglichkeit, die Untersuchung zu unterlaufen", sagt ein Arbeitsmediziner und Betriebsarzt aus dem Raum Kulmbach, der anonym bleiben will. Die Untersuchung gehe nicht in die Tiefe. Körperliche Auffälligkeiten wie Bluthochdruck oder Schwerhörigkeit würden entdeckt. "Aber wenn einer depressiv ist oder eine Schlafapnoe mit Hang zum Sekundenschlaf hat und es nicht offenbart, kriegen wir es nicht raus - außer man behandelt den Patienten als Hausarzt schon länger."

Jeder Busfahrer, Taxifahrer oder Fahrer von Gefahrguttransporten, der ein bisschen clever ist, könne Erkrankungen wie eine Depression verbergen. Dahinter stehe oft die massive Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, wenn etwas herauskommt.

Gibt's eine Lösung?

Auch der Kulmbacher Mediziner, der sich unbedingt für die Beibehaltung der ärztlichen Schweigepflicht ausspricht, kennt keine Patentlösung, "wie man die Umwelt vor solchen Extremfällen schützen kann". Die einzige Möglichkeit wäre es, die Untersuchung auszuweiten und zu verschärfen. Wobei sich die Frage stelle, wer den enormen Aufwand bezahlt.