Der schreckliche Unfall beim Berg-Revival des MSC Presseck am 1. Mai 2011 beschäftigt weiter die Gerichte. Die Ermittlungen im Strafverfahren wurden allesamt gegen Geldauflagen eingestellt, nun geht es zivilrechtlich um die Schadensansprüche der Opfer.
Im Mittelpunkt: Ein zum Unfallzeitpunkt sechsjähriger Junge, der rund um die Uhr medizinisch versorgt werden muss und nie mehr ein normales Dasein führen wird.
Dass dieser 1. Mai das Leben vieler Menschen grundlegend verändern würde, hatte niemand geahnt. 173 Starter waren damals zu den Gleichmäßigkeitsläufen auf der legendären Rennstrecke zwischen Stadtsteinach und Presseck gemeldet, Tausende von Besuchern verfolgten bei herrlichem Sonnenschein das Spektakel, das bereits am Tag zuvor begonnen hatte.
Gegen 11.30 Uhr passierte es dann: Der Fahrer eines Polo hatte den Zieleinlauf bereits hinter sich, als unmittelbar vor ihm ein langsameres Auto auftauchte. Der Polofahrer bremste ab, sein Wagen geriet ins Schlingern, kam von der Straße ab und raste in eine Zuschauergruppe. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um eine Familie aus dem Landkreis Hof.
Ein sechsjähriger Bub wurde damals lebensgefährlich, ein Neunjähriger schwer verletzt. Vier weitere Personen mussten ins Krankenhaus gebracht werden, mehrere Augenzeugen des Unfallgeschehens erlitten einen Schock.
Wie sich noch am Unfalltag herausstellte - die Veranstaltung wurde sofort abgebrochen -, hatte sich die Besuchergruppe offenbar nicht an die Anweisungen der Streckenposten gehalten und Absperrungen mehrmals ignoriert.
Gegen Geldauflage eingestellt
Die strafrechtlichen Ermittlungen der Bayreuther Staatsanwaltschaft gegen insgesamt sieben Personen gestalteten sich schwierig und dauerten fast zwei Jahre. Ergebnis: Die beiden Erziehungsberechtigten des bei dem Unfall dauerhaft schwer verletzten Jungen wurden wie in solchen Fällen meist üblich nicht belangt. Auch das Verfahren gegen den Fahrer des Unfallwagens wurde eingestellt.
Gegen Zahlung einer zum Teil nicht unerheblichen Geldauflage wurde von der Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen vier weitere Beteiligte beendet. In drei Fällen handelte es sich dabei um bei der Veranstaltung verantwortliche MSC-Mitglieder, denen Versäumnisse bei der Abwicklung des Berg-Revivals vorgeworfen wurden. Unter anderem ging es um die Überwachung der Absperrungen und den zu eng bemessenen Zeitabstand der Starter. Und schließlich musste auch ein Mitarbeiter der Genehmigungsbehörde wegen Versäumnissen im Zulassungsverfahren eine Geldauflage bezahlen.
Inzwischen läuft am Landgericht Bayreuth das zivilrechtliche Verfahren, in dem es um Schadensersatzansprüche der Opfer geht, wie Pressesprecher Jochen Götz bestätigte.
Nähere Auskünfte zur Sachlage wollte der Jurist mit Hinweis auf den zivilrechtlichen Charakter des Verfahrens aber nicht geben.
Schuldfrage entscheidend
MSC-Pressesprecher Joe Krumpholz aus Helmbrechts war beim Anhörungstermin dabei. "Es geht um sieben Leute, die persönlich beklagt werden." Dabei handele es sich um Verantwortliche des MSC und den Fahrer des Unfallwagens.
Nach seinen Worten spielt die Schuldfrage die entscheidende Rolle. Aus Sicht des MSC müsse man aber nochmals deutlich feststellen, dass sich die Unfallopfer in einem gesperrten Bereich aufhielten, den sie nicht hätten betreten dürfen.
Das Schicksal des inzwischen elfjährigen Jungen, so der Pressesprecher, berühre viele MSC-Mitglieder zutiefst. Wie dessen Vater in der Anhörung geschildert habe, sei der Bub querschnittsgelähmt.
Die notwendige medizinische Betreuung sei sehr aufwendig und auch kostenintensiv.
Haftpflicht reicht nicht aus
Laut Krumpholz hatte der MSC für das Berg-Revival zwar eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von 1,1 Millionen pro verletzter Person abgeschlossen; die Kosten für die medizinische Versorgung des Buben hätten aber inzwischen diese Summe überschritten. Außerdem: Vor Gericht sei bekannt geworden, dass "seitens der Versicherung offenbar noch kein Geld geflossen" ist.
Bei dem Anhörungstermin, so Krumpholz, habe der Richter beiden Seiten aufgetragen, über einen Vergleich zu verhandeln.
Und das auch vor dem Hintergrund, dass sich ein Zivilprozess über viele Jahre hinziehen könnte.
Wie "das juristisch höchst komplizierte" Verfahren weitergeht, kann der Helmbrechtser nicht abschätzen.
Sollten die Schadensersatzansprüche jedoch anerkannt werden, so Krumpholz, könnten die Beklagten sogar persönlich haftbar gemacht werden
Feststeht unterdessen, dass das 9. ADAC-Frankenwald-Berg-Revival des MSC Presseck am 1. Mai 2011 auf lange Sicht die letzte Veranstaltung ihrer Art war. "Die schrecklichen Ereignisse wirken nach", sagt der Pressesprecher.
Und das gilt offensichtlich auch für die Versicherer. Sie haben die Deckungssummen - und damit auch die Beiträge - für Veranstaltungen dieser Art in der Haftpflicht drastisch erhöht.
Die Opfer des schrecklichen Unfalls, vor allem die Familie des elfjährigen Jungen, dürfte das nicht interessieren. Auch viel Geld kann den Buben nicht gesund machen.