Daumen nach unten für den Bahnhof Kulmbach

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Für den Zustand des Bahnhofs gibt es nur den Daumen nach unten. Die CSU-Landtagsabgeordneten Freiherr von Lerchenfeld und Schöffel, Landrat Söllner (FW), MdB Zeulner (CSU), MdL Aures (SPD) und OB Schramm (von links) appellieren an die Bahn, etwas zu ändern. Foto: Müller
Für den Zustand des Bahnhofs gibt es nur den Daumen nach unten. Die CSU-Landtagsabgeordneten Freiherr von Lerchenfeld und Schöffel, Landrat Söllner (FW), MdB Zeulner (CSU), MdL Aures (SPD) und OB Schramm (von links) appellieren an die Bahn, etwas zu ändern. Foto: Müller
Mit Wasser und Schrubbern zeigten die Kommunalpolitiker und Abgeordneten der Bahn, was eigentlich deren Aufgabe wäre.
Mit Wasser und Schrubbern zeigten die Kommunalpolitiker und Abgeordneten der Bahn, was eigentlich deren Aufgabe wäre.
 

Die örtlichen Mandatsträger wollen den Zustand des Bahnhofs nicht länger hinnehmen. Es geht nicht nur um Barrierefreiheit, sondern auch um Sauberkeit.

Montagmorgen, kurz vor 9.30 Uhr: Im Kulmbacher Bahnhof haben sich Männer mit orangefarbenen Warnwesten unter die Reisenden gemischt, die ihre schweren Koffer zur Gleisunterführung hinunterschleppen. Plötzlich ertönt lautes Motorengeräusch - einer der Arbeiter wirft einen Kärcher an, aus dessen Lanze sich ein dicker Wasserstrahl mit hohem Druck auf den schmutzigen Boden ergießt. Es ist der Bauhof-Trupp, der den Verbindungsgang zu den Gleisen 3 und 4 reinigt.

Das wäre eigentlich die Aufgabe der Bahn AG, doch die lässt Forderungen, ihre Anlage in der Bierstadt in einen angemessenen Zustand zu versetzen, seit Jahren von sich abprallen. Deshalb treffen nach und nach Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU), seine Vorgängerin und Landtagsvizepräsidentin Inge Aures (SPD) und Landrat Klaus Peter Söllner (Freie Wähler) am Bahnhof ein, ebenso MdB Emmi Zeulner sowie wie die CSU-Landtagsabgeordneten Ludwig Freiherr von Lerchenfeld und Martin Schöffel. Auch wenn sie politisch teils unterschiedliche Auffassungen haben, in diesem Punkt sind sich die Mandatsträger einig: Der Zustand des Kulmbacher Bahnhofs ist nicht länger hinnehmbar.


Signal der Geschlossenheit

Auch die Reinigungsaktion des Bauhofs gehört zu der konzertierten Aktion, um den Verantwortlichen der DB AG in Berlin und München ein Signal der Geschlossenheit zu senden. Es geht um die Sauberkeit der Anlage, in der täglich rund 1600 Zustiege registriert werden, und die Barrierefreiheit. Denn nicht nur für behinderte Menschen, sondern auch für Familien mit Kinderwagen oder schweren Koffern, Senioren und Radfahrer sind die steilen Treppenanlagen ein fast unüberwindbares Hindernis.

Oberbürgermeister Schramm ("Das geht so nicht weiter") verweist auf die seit rund zehn Jahren andauernden Bemühungen, den Ausbau des Bahnhofs voranzutreiben. Nicht nur er, sondern auch seine Vorgängerin Inge Aures, der damalige SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Hoderlein und andere Mandatsträger hätten es immer wieder versucht, "aber es ist uns nicht gelungen". Inzwischen sei Kulmbach Oberzentrum geworden, und da gehe es neben der Barrierefreiheit auch um die Sauberkeit und den allgemeinen Zustand der Anlage, über den nicht nur die Einheimischen, sondern auch viele Besucher die Nase rümpfen. Schramm baut auf die Hilfe der Abgeordneten in Bund und Land und ist überzeugt, dass die jetzige Aktion erfolgreich ist: "Wer sollte sich Euch denn entgegenstellen, wenn ihr zusammenhaltet?"


Ausbaukosten: 8,6 Millionen Euro

Als Ausbaukosten, so der OB, wurden seitens der Bahn rund 8,6 Millionen Euro genannt. Bei der jüngsten Einplanungsrunde für Bahnhöfe, die noch nicht beim barrierefreien Ausbau berücksichtigt wurden, liege Kulmbach auf Platz 43.

Unter Hinweis auf die erfolgreichen Bemühungen für Bad Staffelstein plädiert MdB Emmi Zeulner dafür, dass in einem ersten Schritt Geld für Planungen eingestellt wird. "Wenn wieder einmal ein Programm aufgelegt wird, dann ist es wichtig, etwas in der Schublade zu haben."

MdL Freiherr Ludwig von Lerchenfeld sieht einen vielversprechenden Ansatz darin, "in der Kombination Bund/Land anzugreifen". Er selbst habe schon jungen Familien geholfen, den Kinderwagen die Treppe hinunterzutragen. Das kann kein Zustand auf Dauer sein."

Inge Aures bekräftigt, dass sich Kulmbach als Oberzentrum nicht länger hinhalten lassen kann: "Jeder hat x Briefe geschrieben, aber Papier ist halt geduldig." Bezugnehmend auf den Vorschlag, Gleis 1 aufzugeben und so einen ebenerdigen Zugang zu den anderen Gleisen zu schaffen, kritisiert die Landtagsvizepräsidentin auch, dass die Bahn nicht einmal eine Interimslösung anbietet. Und fügt ärgerlich hinzu: "Manchmal stinkt es hier auch wie die Pest."

MdL Martin Schöffel freut sich über die Reinigungsaktion des Bauhofs. Dies sei ein Zeichen an die DB, "dass man mit Bahnhöfen einfach nicht so umgehen kann".


Landkreis an der Seite der Stadt

Landrat Klaus Peter erinnert an die vom Kreistag in der vergangenen Woche einstimmig verabschiedete Unterstützung der Resolution der Stadt zum barrierefreien Ausbau des Bahnhofs. Darin heißt es unter anderem, dass der Bahnhof bayernweit einer der letzten seiner Größenordnung sei, der sich in einem solchen Zustand befinde.

Söllner, der aktuell mit einem Vertreter der Stadt Bayreuth die Gründung der Interessengemeinschaft "Elektrifizierung Oberfranken-Achse" vorbereitet, betont auch, dass Oberfranken und speziell Bayreuth/Kulmbach ein Wirtschafts- und Verkehrsraum von zentraler Bedeutung ist.



Bemühungen um Ausbau wie ein Kampf gegen Windmühlenflügel

Die beiden jüngsten Aktionen von OB Schramm in Sachen Bahnhof datieren vom 31. Januar und 23. Juni 2016. Bei Staatssekretär Gerhard Eck hatte der OB Anfang 2017 einen Termin, um die Chancen eines zeitnahen Ausbaus der Anlage auszuloten, und im Sommer vergangenen Jahres verfasste er ein weiteres von zig Schreiben an Innenminister Joachim Herrmann und DB-Regionalbereichsleiter Günther Pichler, in dem er die Dringlichkeit der Maßnahme vor dem Hintergrund aufzeigte, dass die Stadt Modellkommune "Bayern barrierefrei 2023" ist.

Getan hat sich bislang nichts. Dabei reichen die Bemühungen der örtlichen Mandatsträger weit zurück, wie ein Auszug aus der Chronik zeigt.

Juni 2006
Auf Antrag von Volker Wack (Grüne/OL) unternimmt der Stadtrat, damals noch unter OB Inge Aures, einen Vorstoß und bittet die Bahn um Attraktivierung des Bahnhofs.

August 2007
SPD-Landtagsabgeordneter Wolfgang Hoderlein erhält die Antwort auf eine Anfrage bei der DB. Deren Bayern-Chef Klaus-Dieter Josel berichtet, dass der Kulmbacher Bahnhof in der fünften von sechs Kategorien eingeordnet ist. "Übersetzt bedeutet dies, dass die Bahn auf Jahre hinaus keine Absicht hat, den Bahnhof Kulmbach behindertengerecht oder barrierefrei auszubauen", kommentierte Hoderlein damals.

September 2007
OB Schramm schreibt an den Bayern-Chef der DB, Klaus-Dieter Josel.

Juli 2008
Der Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, Adolf Lang, antwortet OB Schramm: "...das von Ihnen beigefügte Schreiben zeigt, dass zum Erreichen des Ziels Barrierefreiheit des Bahnhofs viel Ausdauer notwendig sein wird."

August 2008
Schreiben von Landrat a. D. Herbert Hofmann (†) an den damaligen Vorstand der Bahn, Otto Wiesheu.

Oktober 2010
Schreiben von Karl-Theodor zu Guttenberg und MdB Sebastian Körber an DB-Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube, Berlin.

November 2010
Antwort von Rüdiger Grube: "Ein Ausbau des Bahnhofs Kulmbach ist nicht möglich, da zunächst Maßnahmen an Bahnhöfen mit weitaus größerem Fahrgastaufkommen...realisiert werden."
Dezember 2012 Schreiben von Günther Pichler (DB Station & Service AG) von OB Schramm: "Da sich die Verkehrsstation Kulmbach in einem ordentlichen baulichen Zustand befindet und auch die Reisendenzahlen deutlich unter denen anderer Stationen liegen, kann ich Ihnen leider keine Hoffnung machen."

Juli 2015
Schreiben von Konzernbevollmächtigtem Klaus Dieter Josel: "Festlegungen zum barrierefreien Ausbau werden frühestens 2016 möglich sein."

Juni 2016
OB Schramm spricht persönlich bei DB-Regionalbereichsleiter Günther Pichler vor.

April 2017
Gemeinsame Aktion von Stadt und Landkreis Kulmbach, unterstützt durch die örtlichen Abgeordneten des Bundestags und des bayerischen Landtags.