Bäcker-Innung Kulmbach verlässt Genussregion

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Ralf Groß, Kulbacher Innungs-Obermeister. Foto: Archiv
Ralf Groß, Kulbacher Innungs-Obermeister. Foto: Archiv
Bernd Sauer, HWK-Geschäftsführer. Foto: Archiv
Bernd Sauer, HWK-Geschäftsführer. Foto: Archiv
 
Klaus Peter Söllner, Vorsitzender des Vereins Genussregion Oberfranken. Foto: Archiv
Klaus Peter Söllner, Vorsitzender des Vereins Genussregion Oberfranken. Foto: Archiv
 

Der Obermeister der Kulmbacher Innung, Ralf Groß, kritisiert das Aufweichen der Qualitätskriterien. Die Prüfungen der Betriebe seien "ein Witz". HWK-Geschäftsführer Bernd Sauer kann die Kritik nicht nachvollziehen. Vorsitzender Landrat Klaus Peter Söllner versucht zu vermitteln.

Es knirscht in der Genussregion Oberfranken: Die Bäckerinnung Kulmbach ist zum Jahresende raus aus dem Zusammenschluss. "Das ist Fakt. Der Brief ist weg", bestätigt Innungs-Obermeister Ralf Groß ("Der Grünwehrbeck"). Der Beschluss sei einstimmig gefallen. Der Schlussstrich nach einer Vielzahl von Unstimmigkeiten.

"Klar, das hat viele Gründe. Man macht so einen Entschluss ja nicht an einem Ding fest", erklärt Groß, ein Mann der ersten Stunde in der Genuss-Region, die früher unter dem sperrigen Begriff Cluster Lebensmittel Kulmbach firmierte.

Wenn er auf die aktuellen Entwicklungen zurückblickt, kann er nur noch den Kopf schütteln: "Damals ging es darum, wie man die Wertschöpfung im Landkreis belassen kann, wie man sich vernetzt und gemeinsam etwas erreicht." Auch die Handwerkskammer Oberfranken stieg in die Gespräche mit ein. Es entstand die Genussregion, die eine Plattform für die verschiedensten Gewerke bilden sollte, für Bäcker, Metzger, Direktvermarkter und Landwirte. "Eben für alle, die etwas mit Lebensmitteln zu tun haben." Da war die Welt für den Kulmbacher Bäcker noch in Ordnung.

Klares Regelwerk

Von Anfang an habe es ein Regelwerk gegeben, in dem auch die Qualitätskriterien festgeschrieben wurden, erklärt Groß weiter. Die Ansprüche waren klar definiert, auch an die Bäcker.

So soll Getreide - sofern verfügbar - zu 100 Prozent aus Franken sein. Weitere Punkte sind unter anderem der Verzicht auf Gentechnik, Produktion und Verarbeitung im eigenen Betrieb, betriebseigene Rezepturen, positive Verkostung durch das Kuratorium, bei Broten die ausschließliche Verwendung von selbsthergestelltem Natursauerteig.

Doch nach und nach seien diese harten Kriterien aufgeweicht worden, kritisiert Groß. Und zwar immer dann, "wenn einer rein wollte, der die Ansprüche nicht ganz erfüllt hat".

Inzwischen gebe es in der Genussregion Bäckereien, die ihr Getreide von Mühlen beziehen, die ihre Ware aus Ungarn, Rumänien, Russland bekommen, sagt Groß. Ein Betrieb sei aufgenommen worden, obwohl er nur mit Fertigprodukten arbeite. "Dem geht es nur um billig".

Es geht ihm aber nicht nur um die Bäcker. Bio-Landwirte würden Brotzeiten anbieten, die nicht komplett "Bio" seien. "Das ist für mich Betrug."

Die Überprüfung der Betriebe sei ein Witz, sagt er mit Blick auf den jüngsten Coburger Fleisch-Skandal. "Da gehören die Mitgliedsbetriebe kontrolliert, ob sie schlechtes Fleisch bezogen haben." Aber nichts sei passiert.
Für ihn das Fass zum Überlaufen gebracht habe schließlich eine Aussage von HWK-Geschäftsführer Bernd Sauer: Der habe gesagt, dass der Ausbilder der sogenannten Genuss-Botschafter "nichts wissen und nur schön reden können muss."

Der Kragen geplatzt

"Da ist mir der Kragen geplatzt. Seitdem habe ich nicht mehr mit denen gesprochen. Da war für mich klar, dass ich mit meinem Betrieb nichts mehr mit denen zu tun haben will", so Groß. Gesprochen habe er dagegen aber mit den Innungsmitgliedern - über eben jene Äußerung von Sauer. "Da haben alle gesagt: Sofort austreten", nachdem die Genussregion schon länger in der Innung in der Kritik gestanden habe.

HWK-Geschäftsführer Bernd Sauer erklärt zur Kündigung der Kulmbacher Bäcker-Innung: "Jeder muss selbst beurteilen, ob er einen Nutzen von der Mitgliedschaft in der Genussregion hat. Das ist wie bei jedem anderen Verein auch." Zugleich verweist er auf über 140 Anbieter, die der Vereinigung angehören.

Und anders als Groß sieht er die Qualität der Produkte durch die Zertifizierung der Betriebe durchaus als gesichert an. "Die Kriterien wurden nicht verändert", wundert er sich über die Aussage von Groß. Verschiedene Betriebe hätten ihm eine "erstklassige Prüfung" bestätigt.

Er weiß aber auch, dass das System auf Vertrauen basiert. Alle Mitgliedsbetriebe hätten eine Selbstverpflichtung unterschrieben, sich an die Vorgaben zu halten. "Wenn einer in der Kette lügt, ist es natürlich die Frage, ob man das bemerkt."

Er versichert allerdings auch, der Kritik nachzugehen. "Man muss schauen, inwiefern es möglich ist, die gesamte Lieferkette mit einem vertretbaren Aufwand zu zertifizieren."

Und zu guter Letzt kann er auch die Aussage über den Ausbilder der Genuss-Botschafter so nicht stehen lassen. "Es geht darum, dass die Genuss-Botschafter so über das Brauen oder Backen erzählen können, dass es Laien verstehen. Das ist die Kunst. Dazu muss man kein absoluter Experte sein." Oft werde von Fachleuten zu viel über technische Details gesprochen. "Aber ob das alles interessiert?" So seien seine Äußerungen zu werten. "Die hat Ralf Groß falsch verstanden." Ziel sei es, die Menschen von der Genussregion zu begeistern.

Vorsitzender des Vereins Genussregion Oberfranken ist Kulmbachs Landrat Klaus Peter Söllner. Er spricht Bernd Sauer sein Vertrauen aus. "Ohne ihn wären wir mit der Genussregion noch nicht soweit. Aber auch Ralf Groß schätze er sehr: "Er ist ein Typ, der für die Region steht."

Er wünsche sich als politischer Repräsentant in absehbarer Zeit ein gemeinsames Gespräch mit allen Beteiligten. Für ihn ist die Genussregion eine "außergewöhnliche und überragende Marketing-Plattform", deren Internetseite millionenfach angeklickt werde.