Azubis schmeißen Kulmbacher Gewürzladen in Eigenregie

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Dass die Regale immer gefüllt und die Etiketten gut lesbar sind, dafür sorgt unter anderem Julia Albrecht (21). Sie gehört aktuell zur Geschäftsleitung. Mindestens zwei Auszubildende kümmern sich täglich im Kressenstein 9 um die Kunden des Ladens "Rapsody & Spices". Geöffnet hat er von 10 bis 18 Uhr. Fotos: Jochen Nützel
Dass die Regale immer gefüllt und die Etiketten gut lesbar sind, dafür sorgt unter anderem Julia Albrecht (21). Sie gehört aktuell zur Geschäftsleitung. Mindestens zwei Auszubildende kümmern sich täglich im Kressenstein 9 um die Kunden des Ladens "Rapsody & Spices". Geöffnet hat er von 10 bis 18 Uhr. Fotos: Jochen Nützel
Ausbilderin Fabienne Rosa (rechts) und die Geschäftsleitung von "Rapsody & Spices" mit (hinten, von links) Julia Albrecht, Daniel Derjugin, Sarah-Lena Nöske und (vorne) Tanja Müller und Tobias Herath.
Ausbilderin Fabienne Rosa (rechts) und die Geschäftsleitung von "Rapsody & Spices" mit (hinten, von links) Julia Albrecht, Daniel Derjugin, Sarah-Lena Nöske und (vorne) Tanja Müller und Tobias Herath.
 
Zum Sortiment gehören neben Gewürzmischungen und Marinaden auch Essig und Öle, die Julia Albrecht hier in die Regale räumt.
Zum Sortiment gehören neben Gewürzmischungen und Marinaden auch Essig und Öle, die Julia Albrecht hier in die Regale räumt.
 
So sehen die Ausgangsstoffe aus, bevor daraus verkaufsfertige Gewürzpulver werden. Im Laden füllen die Azubis die Tüten von Hand ab.
So sehen die Ausgangsstoffe aus, bevor daraus verkaufsfertige Gewürzpulver werden. Im Laden füllen die Azubis die Tüten von Hand ab.
 
Auch das gehört dazu, wenn man einen Laden führt: Hier kümmern sich Tobias Herath und Sarah-Lena Nöske um die Dekoration.
Auch das gehört dazu, wenn man einen Laden führt: Hier kümmern sich Tobias Herath und Sarah-Lena Nöske um die Dekoration.
 
Tanja Müller an der Kasse.
Tanja Müller an der Kasse.
 

Seit fünf Jahren gibt es das Geschäft "Rapsody & Spices" im Kressenstein in Kulmbach. Betrieben und gemanagt wird es von den 35 Auszubildenden der Firma Raps, die hier von der Kalkulation bis zum Verkauf alles selbst in die Hand nehmen.

Safran? Das macht doch den Kuchen gelb... So viel weiß wohl jeder dank eines Sprichworts aus Kindertagen. Das Gewürz verleiht Backwaren Farbe. Aber sonst? Dass Safran die Blütenstempel einer Krokusart sind, dürfte schon weniger geläufig sein.
Und wie schwierig es ist, den edlen Stoff aus Vorderasien und von der spanischen Halbinsel zu transportieren und welche Verarbeitungsstufen er durchläuft, bis er mundgerecht in deutschen Kochstuben landet: Das gehört zu den Spezialkenntnissen, die sich ein Auszubildender beim Gewürzhersteller Raps erwerben muss.
Zumal dann, wenn er Kunden beraten soll in einem eigenen Laden in der Innenstadt: "Rapsody & Spices" - ein Spiel mit dem Markennamen und Verheißung zugleich. Wer das Geschäft im Kressenstein 9 betritt, den umfängt eine Melange aus Zimt und Koriander, aus Curry und Essigessenz.
Und der blickt in lauter junge, freundlich lächelnde Gesichter.

Lernen, noch besser zu werden

Die angehende Industriekauffrau Tanja Müller (19) ist gerade damit beschäftigt, das Wechselgeld für einen Kunden zu zählen. "Hier ist noch unsere Umfrage-Aktion." Sarah-Lena Nöske tritt hinzu und bittet den jungen Familienvater, dessen Filius mit Hingabe die Dekogläser im Schaufenster bestaunt, sich kurz Zeit zu nehmen. "Wir wollen von Ihnen wissen, wie wir den Service noch besser machen können", sagt die 18-Jährige.
Derweil schaut Daniel Derjugin für eine Kundin nach, ob für die Petersilien-Marinade schon der erhoffte Nachschub eingetroffen ist.

Kompetent beaten

Tobias Herath berät eine ältere Dame. Sie benötigt eine Gewürzmischung, um in der heimischen Weihnachts bäckerei mit den Enkeln zum ersten Mal eigene Lebkuchen zu kreieren. Julia Albrecht (21) reicht ihrem Kollegen das entsprechende Tütchen. Die Dame bedankt sich. "Sie kennen sich ja gut aus, klasse!"
Ausbilderin Fabienne Rosa sieht das Tun der Azubis mit Wohlwollen. "Dieser direkte Kundenkontakt gehört bei Raps zur Ausbildung und ist das Ergebnis regelmäßiger Schulungen."
Die fünf jungen Frauen und Männer, die gerade im Laden arbeiten, bilden aktuell die Geschäftsleitung - aber alle der derzeit 35 Auszubildenden sind während ihres ersten und zweiten Lehrjahres regelmäßig im Geschäft zugange.

Vom Einkauf bis zur Abfüllung

Doch es gehört weit mehr dazu als "nur" Verkauf und Beratung. Auch hinter den Kulissen sind die Lehrlinge zuständig für alle weiteren wesentlichen Abläufe in einem Unternehmen: das Aufstellen eines Business plans, den Einkauf der Waren, die Kalkulation des Budgets, die Planung des Sortiments, die Gestaltung der Werbung und auch der Innen-Dekoration. Sogar die Beutel mit den Gewürzen füllen die Azubis in der Etage darüber selbst von Hand ab.
"In dieser Hinsicht ist unser Laden-Modell wohl einmalig", sagt Fabienne Rosa, "denn unsere Auszubildenden tragen auch die Verantwortung." Und das nicht etwa in einer virtuellen Wirtschaftswelt mit Spielgeld, sondern mit realen Bilanzen und echten Menschen auf der anderen Seite des Verkaufstresens.
"Als das Projekt vor fünf Jahren startete, da war unser Ziel: irgendwann kostendeckend arbeiten. Mittlerweile läuft das Geschäft richtig gut."
Die Fünf aus der Geschäftsleitung wissen die praxisnahe Umsetzung des Gelernten zu schätzen. Tobias Herath ist beim Gewürzmittelhersteller als angehender Fachinformatiker eigentlich mit Fragen der Systemadministration beschäftigt. "Es ist aber gut, über diesen Bereich hinauszublicken und zu wissen, welche ungezählten Abläufe ineinander greifen müssen, damit ein weltweit aufgestellter Betrieb wie Raps funktioniert."

Anlaufstelle für Privatkunden

Die Idee dazu hatte Inhaber Frank Kühne. Dahinter stand die Absicht, bei der Ausbildung des Nachwuchses neue Wege zu beschreiten.
Und gleichzeitig schuf das Kulmbacher Gewürzwerk damit eine Anlaufstelle für Privatkunden, denen dort das Sortiment von der Gewürzmühle bis zur Biermarinade für Steaks in haushaltsüblichen Mengen angeboten werden kann.