Aus Straßen und Wegen wurden Sturzbäche

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Kein Baustoff, sondern Treibgut: In Waizendorf bei Ködnitz wurden rund 30 Tonnen Kies und Geröll auf den Dorfplatz gespült. Fotos: Hübner/Nützel
Kein Baustoff, sondern Treibgut: In Waizendorf bei Ködnitz wurden rund 30 Tonnen Kies und Geröll auf den Dorfplatz gespült. Fotos: Hübner/Nützel
Mit Kehrmaschinen wurde der Dreck von der Straße zwischen Ködnitz und Waizendorf entfernt.
Mit Kehrmaschinen wurde der Dreck von der Straße zwischen Ködnitz und Waizendorf entfernt.
 
Keine Chance auf "Beach Clubbing": Das für die Party geplante Areal am Badesee in Trebgast ist geflutet.
Keine Chance auf "Beach Clubbing": Das für die Party geplante Areal am Badesee in Trebgast ist geflutet.
 
Mit den Fluten kam allerlei Unrat.
Mit den Fluten kam allerlei Unrat.
 
Petri Heil: Mitten in Ködnitz wurde diese Forelle angeschwemmt.
Petri Heil: Mitten in Ködnitz wurde diese Forelle angeschwemmt.
 
Diese Scheune am Haaghof oberhalb von Ködnitz ist unterspült worden und einsturzgefährdet.
Diese Scheune am Haaghof oberhalb von Ködnitz ist unterspült worden und einsturzgefährdet.
 

Sintflutartiger Regen hat in der Nacht zum Freitag in den Gemeinden Ködnitz, Trebgast und Himmelkron die Einwohner in Atem gehalten. Das Wasser unterspülte Hänge, ließ die Kanalisation überlaufen. Bisweilen stand die braune Brühe einen halben Meter hoch in den Straßen, verstopfte Gullydeckel, lief in Hinterhöfe und Keller.

Alexander Klement hebt die Füße wie der Storch im Salat, als er über sein Grundstück stakst, jeder Schritt von einem matschigen Gluckern begleitet. "Das war mal ein Becken, das wir erst angelegt haben", sagt der Bewohner des Haaghofs oberhalb von Ködnitz. Mit einer Hand greift er nach ausgeschwemmten Schilfgras; die Teichfolie liegt frei. "Die ganze Arbeit für die Katz', ist nicht zu fassen. Kam alles von da oben."
Sein Blick geht Richtung Hang hinterm Haus. Ein beträchtliches Stück fehlt. Dieser Teil ist abgegangen, mitten durch eine Scheune. Die hat beträchtlich Schieflage, droht einzustürzen. Die Wassermassen haben den Sockel aus Sandsteinen unterspült, große Brocken in die Einfahrt gewälzt.
Im Nachbargebäude haben nur die geschlossenen Fenster verhindert, dass sich noch größere Mengen Schlamm und Schlick ihren Weg durch die Wohnstube bahnten.

Äste, Geröll, Sand

Die Welle aus Wasser, Ästen, Gestein und Sand hatte sich ihren Weg in den Abend- und Nachstunden in Richtung Tal ortschaften gesucht. In Ködnitz ist es etwa 21.30 Uhr, als die Anwohner der Hauptstraße ein verdächtiges Rauschen vernehmen. Kurz darauf schießt bereits eine braune Flutwelle vom Veitsgrabenweg hinab Richtung Ortsmitte. Binnen Minuten füllt sich die Staatsstraße zusehends, steht bald einen halben Meter unter Wasser. "So was habe ich in 40 Jahren hier nicht erlebt", sagt Manfred Neugebauer. Zusammen mit Kollegen der Freiwilligen Feuerwehr gelingt es, einige durch angeschwemmten Unrat verstopfte Gullys zu öffnen. Die Wassermassen lassen sich so kanalisieren und laufen nicht länger unkontrolliert in die Grundstücke der Anlieger.

Einige Ködnitzer haben weniger Glück: Bei ihnen drückt der flüssige Dreck fast ungebremst in Haus und Hof. Frank Bassing, der mit seinem Familie am Main wohnt, hat vor einigen Jahren extra eine Mauer hinterm Haus hochgezogen - zum Schutz gegen das Hochwasser aus dem Fluss. "Dass die Brühe jetzt von der anderen Seite und mitten aus dem Dorf kommt, damit konnte doch keiner rechnen." Das Anwesen seiner Schwiegereltern Willi und Karola Kolb nebenan erwischt es besonders schlimm: Im Keller steht der Schlick fast bis unter die Decke, die Heizung ist kaputt.

Bis fünf Uhr in der Früh sind die Anwohner auf den Beinen, pumpen Wasser aus dem Keller, schleppten Sandsäcke. Gestern Morgen ist großes Reinemachen angesagt. Luzia und Klaus Schwing entdecken dabei in ihrem Garten eine verendete Forelle. "Einige Fische konnten wir in der Nacht noch einsammeln und retten", sagt Klaus Schwing. Die Tiere finden vorübergehend eine Bleibe im Dorfbrunnen.
Die Fische sind aus einem Teich unterhalb des Veitsgrabens fortgeschwemmt worden, als dort ein Damm geborsten war. "So etwas habe ich noch nicht gesehen, wie das Wasser dort alles mit sich gerissen hat", sagt Klaus Will. Der Sachgebietsleiter für öffentliche Sicherheit der Verwaltungsgemeinschaft Trebgast verschafft sich gestern einen Überblick über die Folgen des Unwetters. In Lindau ist der Dorfplatz überflutet. "Das gab es noch nie, seit ich im Amt bin", konstatiert Will kopfschüttelnd. Auch in Waizendorf bahnt sich das Gemenge aus Wasser und Schlick seinen Weg und verwandelt das Ortszentrum in einen braunen Tümpel. Dort türmen sich urplötzlich rund 30 Tonnen ausgeschwemmter Kies und Schotter.
Ein ähnliches Bild in der Lindauer Straße in Trebgast: Die Anwohner kommen nicht allein gegen die Schlammlawinen an und rufen die Feuerwehr. Die muss in der Berliner Straße Keller auspumpen, weil dort das Wasser in Fontänen aus dem Boden schießt. In der Gemeinde Himmelkron muss die Feuerwehr einen Autofahrer aus der überfluteten Unterführung nach Gössenreuth retten (kurioserweise taucht dabei ein weiteres halterloses Kennzeichen auf).
Überhaupt: Die Helfer der Feuerwehr - sie hätten an Dutzenden Orten gleichzeitig sein können. Bis in die frühen Morgenstunden ackern die Freiwilligen, um Gräben zu reinigen und Senkkästen zu leeren, damit das Wasser abfließen kann. Vielerorts spenden Bürger großes Lob für die Arbeit der Wehr.
Am Tag nach dem Unwetter lassen sich noch keine Angaben über Schäden machen, sagt Harald Will. "Bei manchen Verbindungswegen, die mehrfach abgerutscht sind, kann ich mir nicht vorstellen, wie die wieder zu befestigen sind."