In ganz Deutschland gab es jüngst Absagen von verkaufsoffenen Sonntagen, weil die Gewerkschaft Verdi geklagt hatte - das droht nun auch der Stadt Kulmbach.
"Das ist so ideologisch, dass es kaum noch zu ertragen ist", schimpft Alexandra Hofmann. Die Vorsitzende der Händlergemeinschaft "Unser Kulmbach" ist sauer. Anlass ist eine Stellungnahme der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die vergangenen Freitag mehr oder weniger das Ende der verkaufsoffenen Sonntage in Kulmbach besiegelt hat.
Seit Jahren führt die Gewerkschaft einen öffentlichen Kampf gegen die verkaufsoffenen Sonntage und für das Wohl der Arbeitnehmer. In Bayern dürfen an maximal vier Sonntagen im Jahr die Geschäfte öffnen. Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings hohe Hürden geschaffen, um eine Sonntagsöffnung rechtfertigen zu können.
Sonntagsöffnung nur mit AnlassKommunen benötigen seit 2009 einen externen Anlass für die Sonntagsöffnung. In Kulmbach ist das zum Beispiel der Frühjahrsmarkt. Zudem muss man nachweisen, dass dieser Anlass mehr Besucher anzieht, als reine Sonntags-Shopper in die Geschäfte strömen. Die Veranstaltung muss im Vordergrund stehen - und das sei in Kulmbach nicht der Fall, erklärt Verdi-Gewerkschaftssekretär Paul Lehmann. Er sei selbst im März in Kulmbach gewesen und musste feststellen: Es wurde explizit für den verkaufsoffenen Sonntag, nicht für den Frühjahrsmarkt geworben. "Das Umsatzinteresse der Händler ist größer als das Interesse an einem Frühlingsmarkt", so Lehmann.
In solchen Fällen habe der Sonntagschutz Vorrang, das sage der Gesetzgeber ganz klar. Auch Herbstmarkt und Innenstadtflohmarkt rechtfertigen eine Sonntagöffnung deshalb nicht. "Ich habe ganz klar den Eindruck gewonnen, das ein Profitinteresse das vorrangiges Motiv ist - und das darf nicht der Fall sein." Das Ende für die "Verkaufsoffenen" in Kulmbach ist für ihn besiegelt.
Ein Schritt zurück
"Ich bin seit 40 Jahren im Einzelhandel, für mich ist das Ganze ein Schritt in die Vorzeit", findet Alexandra Hoffmann. Natürlich zweifele sie nicht an der Gesetzgebung - aber wie das Gesetz ausgelegt werde, daran stört sich die Kulmbacherin. In ihren Augen werfe Verdi alles in den Topf: Berlin und Kulmbach, Konzern und privat geführter Einzelhandel. Kleinstädte wie Kulmbach bräuchten den verkaufsoffenen Sonntag als Werbeveranstaltung jedoch dringend.
"Wir sollen Innenstädte attraktiv halten - mit dem Online-Handel als Konkurrenz sehe ich keine Chancengleichheit." Was ihr auch unerklärlich ist: "Es geht uns hier lediglich um 20 Stunden im Jahr." Und diese 20 Stunden stehe sie meist selbst hinter der Ladentheke - das Wohl ihrer Mitarbeiter sieht sie nicht gefährdet.
Auch im Einkaufzentrum Fritz will man weiter am verkaufsoffenen Sonntag festhalten - soweit das möglich ist. "Wir würden die offenen Sonntage natürlich gerne weiterführen, auch von den Mitarbeitern bekommen wir positive Resonanz", erklärt Center-Managerin Anja Curioso Naiaretti. Die Besucherfrequenz sei an den offenen Sonntagen sehr gut - bis zu 11 000 Menschen strömten in der Vergangenheit ins Fritz. "Am Sonntag zieht man nicht nur Kulmbacher an, sondern auch Auswärtige, die die Stadt kennenlernen wollen", findet die Centermanagerin. Ihr und ihren Mitarbeitern bleibe momentan nichts anderes übrig, als abzuwarten.
Entscheidung beim Stadtrat Der Stadt Kulmbach liegt mittlerweile das Schreiben mit den Beanstandungen von Verdi vor, bestätigt auch OB Henry Schramm. "Wir müssen sehen, wie sich der Stadtrat dazu äußert", erklärt er auf BR-Anfrage, "aber rein rechtlich wird es schwierig werden". Er persönlich fände es schade, wenn die offenen Sonntage nicht mehr stattfinden dürften. "Das waren wichtige Tage für den Einzelhandel, der Zuspruch war sehr groß", so Schramm. Gleichzeitig habe er natürlich Verständnis für die Arbeitnehmer.
Eines könne er aber sagen: "Die alte Form, wie wir sie gekannt haben, wird nicht mehr möglich sein." Das sei bedauerlich, zudem er immer eine Win-Win-Situation während der Markttage gesehen habe. Der Herbst- oder Frühlingsmarkt habe von den Sonntagshoppern profitiert, andersherum hätten viele Marktbesucher die Möglichkeit der Sonntagsöffnung genutzt - das habe sich ganz gut in Kulmbach eingespielt. "Wir werden sehen, was rechtlich noch möglich ist", so der OB.
Laut Verdi besteht kaum noch Hoffnung: In Kulmbach ist es quasi unmöglich, die geforderten Rahmenbedingung für einen Sonntagsöffnung zu schaffen. Die geplanten Sonntage im Herbst lehnt Verdi ab, entscheidet die Stadt anders, behalte man sich immer vor zu klagen. "Der Zahl der Kommunen, die sich an das Recht und Gesetz halten geht gegen Null", sagt Paul Lehmann. Der Rechtsweg sei für die Gewerkschaft das letzte Mittel, damit das geltende Recht nun endlich umgesetzt werde. Alle Klagen seien bisher erfolgreich gewesen, in circa 110 Fällen bedeutete es das Aus für den Sonntagsbummel.
"Ich finde es nicht in Ordnung, dass eine Minderheit bestimmt, was die Mehrheit zu tun hat - und die Mehrheit ist dafür, vor allem die Kunden", sagt Alexandra Hofmann deutlich. Jetzt muss man abwarten, wie der Stadtrat reagiert.