Wenn die närrische Zeit in ihre Hochphase geht, darf auch eine Sonntagspredigt einmal ein bisschen lustiger sein, meint der Kulmbacher Dekan Hans Roppelt.
"Fromm zu sein und fröhlich lachen, beides ist kein Gegensatz, beten und auch Spaß zu machen, alles hat hier seinen Platz", so begann Dekan Hans Roppelt gestern den Familiengottesdienst in der Pfarrkirche "Unsere Liebe Frau".
Die Katholiken erlebten ihr blaues Wunder, denn nichts war wie sonst: Die Ministranten waren in den liturgischen Farbkasten gefallen - und trugen bunt. "Ich finde das total super. Mir macht das richtig Spaß", sagt Ministrantin Lilia Yenico (11). Sie verkaufte nach dem Gottesdienst noch Fastenkalender und fand, dass die bunten Messgewänder auch den Gläubigen gute Laune gemacht haben. Organist Wolfgang Trottmann spielte zur Eröffnung des Gottesdienstes Kinderlieder ein - zum Mitsingen.
Die Predigt von Dekan Hans Roppelt ging im selben Stil vonstatten wie schon die Begrüßung: gereimt und so ganz anders als die Katholiken es in Kulmbach gewöhnt sind.
"Ich möchte ein bisschen Spaß machen, ein bisschen Freude schenken, aber es darf kein Klamauk werden", erklärte Hans Roppelt den Hintergrund der ungewöhnlichen Predigtart. "Die Jünger, die worn Fischer gwesen, so wurde es grod vorgelesen - gfangt homs nix die ganze Nacht, umsunst homs die ganz Ärbät gmacht. Jesus socht noch dera Plooch: ,Fohrt nuchmol naus, etzt gleich om Tooch.' Und die Jünger tuns rasant - und fülln die Boote bis zum Rand", predigte der Dekan.
Auch eine Botschaft an die Kirche hatte der Dekan: "Zuerst muss mä auf Jesus schaua, dann des Zweite: Ihm vertraua. Und dann: aa mol wos anners machen - net immer blos die oldn Sachen", wünschte sich Roppelt.
Denn schließlich haben die Fischer ebenfalls mit ihren alten Gewohnheiten gebrochen.
Auch die Kirche könne davon profitieren, wenn einige einmal über ihren Schatten springen und "olle Kamellen" über Bord werfen würden.
"Aus dem Leben gegriffen"
In seiner Sonntagspredigt watschte Roppelt die Fernsehsendungen und den Starrummel ab, und einen Teil der Predigt rappte der Pfarrer sogar. Kaum kam Roppelt mit den Worten "Des wors, ihr Kinner, Herrn und Damen. Schluss, aus, Ende fertig - Amen!" zum Schluss, applaudierten die Gottesdienstbsucher ganz spontan.
"So etwas habe ich noch nie im Leben gehört", lachte Ewa Krziwon (69) auch nach der Messe noch. Die Oberschlesierin, die schon 22 Jahre in Kulmbach lebt, war hellauf begeistert. "Die Predigt hat das Evangelium ausgelegt, und sie war aus dem Leben gegriffen. Sie hatte auch Reflexion dabei - mir hat das sehr, sehr gut gefallen.
Das hat alles gepasst", freute sich die 69-Jährige.
Auch Andrea Stindl (55) war begeistert. "Wir sind früher immer nach Stadtsteinach gefahren, um die Faschingspredigt zu hören. Wir waren ja früher beim Kulmbacher Faschings-Komitee aktiv. So eine Predigt ist lustig, es ist nur schade, dass nicht mehr Kinder da waren. Denn das hätte ihnen gefallen", sagt Stindl.
Greta Haneke (8) sagt zu dieser Art des Predigens: "Das ist der coolste Pfarrer, den ich kenne. Das muss er nächstes Jahr unbedingt wieder machen - und ich setze dann auch eine lustige Mütze auf oder so", verspricht Greta.
"Ich habe extra mein buntes Fastnachtskostüm wieder vom Dachboden runtergeholt", sagt Elfriede Biedermann (86). Sie hat sich als eine der wenigen getraut, mit Glitzerhut in die Kirche zu gehen - und trug auch eine kunterbunte Faschingsbluse. "Das war doch gut.
So was kann man zu Fastnacht mal machen", findet auch die 86-Jährige.
Fynn Budemann (9) traute sich als Cowboy in die Kirche - sogar mit Colt. "Ich habe ja bald Kommunion, aber das war wirklich richtig gut", sagt Fynn Budemann. Er ist jetzt ein echter Fan des Dekans.
Im Anschluss an die gereimte Predigt gab es vor der Kirche Weißwürste. Und niemand sagte "Kemmer net, drum mach mäs net". Die Kulmbacher freuten sich über die neuen Gepflogenheiten und versprachen, im nächsten Jahr vielleicht auch ein bisschen bunter im Faschingsgottesdienst zu erscheinen. "Das dauert eine Weile bis sich so etwas etabliert", freute sich Dekan Hans Roppelt über jedes einzelne Kompliment.
So wird der Dekan wohl auch in Zukunft wieder die "aufwendigste Predigt des Jahres" verfassten. Denn so eine gereimte Predigt dauert viel länger als eine normale Predigt - allerdings wirkt so eine gereimte Predigt auch länger nach.