Allerletzte Chance für jungen Schläger

2 Min

Der Verteidiger drückt es in seinem Plädoyer pathetisch aus: Vom Saulus zum Paulus habe sich sein Mandant gewandelt. Das Gericht sieht die Sache etwas prosaischer, gesteht dem Angeklagten aber immerhin zu, auf einem guten Weg zu sein. Deswegen bekommt er noch eine Chance.

23 Jahre alt ist der junge Mann - und trotz seines jugendlichen Alters schon mehrfach aufgefallen: wegen vorsätzliche und gefährlicher Körperverletzung, wegen Hausfriedensbruch. Erst im Frühling diesen Jahres ist er erneut verurteilt worden, steht unter Bewährung.

Trotzdem hat er sich im Juni beim Sonnwendfeuer in Himmelkron nicht unter Kontrolle. Er provoziert eine Auseinandersetzung mit einem 17-Jährigen. Erst wird gestritten, dann kommt es zu Tätlichkeiten. Der 23-Jährige nimmt den fünf Jahre Jüngeren in den Schwitzkasten. Der wehrt sich, schlägt wohl auch einmal zu.
Die Kontrahenten haben sich wieder getrennt - da springt der Angeklagte den 17-Jährigen von hinten an. Der strauchelt, fällt nach vorne und stürzt so unglücklich auf eine Bierbank, dass Ärzte in einer Bayreuther Klinik später einen Bruch des Brustbeins diagnostizieren.
Die fallende Bierbank trifft eine 16-Jährige so unglücklich, dass die Schülerin mit einer blutenden Verletzung am Fuß ebenfalls ärztliche Behandlung braucht und zeitweise nicht gehen kann.

Der Angeklagte sagt zunächst selbst nicht viel. Statt dessen gibt sein Anwalt Karsten Schiesek im Namens seines Mandanten eine Erklärung ab: Er gebe alle ihm zur Last gelegten Taten zu. Das Ganze tue ihm leid. Er habe sich bereits bei den beiden jungen Leuten entschuldigt und auch schon Schmerzensgeld gezahlt.

Er könne sich manchmal nicht so gut ausdrücken, sagt der junge Mann selbst von sich. Aber er schafft es, dem Gericht überzeugend darzulegen, dass er es ernst meint mit dem Vorsatz, ein besserer Mensch zu werden:
Seit einigen Monaten schon besucht er ein Anti-Aggressions-Training. Am Anfang habe er da schon Vorbehalte gehabt, nun gehe er richtig gerne hin, denn er merke, wie er sich durch das Training verändere, berichtet er. Ergänzend dazu habe er sich psychologische Hilfe gesucht.

Und weil all seine Ausschreitungen unter dem Einfluss von Alkohol erfolgt sind, hat er Kontakt zur Suchtberatungsstelle aufgenommen: "Ich will das alles in den Griff kriegen", versichert er. Sich selbst, aber auch seiner Freundin zuliebe, mit der er zusammen lebt.

Staatsanwalt Ludwig Peer würdigt zwar die Einsicht des 23-Jährigen in seine Verfehlungen und hält ihm auch zugute, dass er sich in der Verhandlung vor dem Amtsgericht bei seinen beiden Opfern noch einmal entschuldigt hat. Dennoch: eine ganze Liste von Vorstrafen, eine noch offene Bewährung... "Er hat seine Chance vertan", sagt Peer und fordert ein Jahr Freiheitsstrafe.

Rechtsanwalt Schiesek weist darauf hin, dass sich sein Mandant "in größtmöglicher Weise" mit seinen Problemen auseinander setze. Die Prognose sei gut, eine Bewährungsstrafe von neun Monaten Dauer deshalb ausreichend.

Richterin Sieglinde Tettmann gibt dem Angeklagten die erhoffte Chance. Die allerletzte, wie sie betont. Ein Jahr Freiheitsstrafe - aber ausgesetzt für vier Jahre zur Bewährung, dazu 150 Stunden gemeinnützige Arbeit. Dem jungen Mann rät sie, das Anti-Aggressions-Training und die Therapie auf jeden Fall fortzusetzen. Denn: Passieren darf in den nächsten vier Jahren nichts mehr. Sonst führt am Gefängnis kein Weg mehr vorbei.