Ab Sommer soll es am Klinikum Kulmbach eine zentrale Bereitschaftspraxis geben. Nicht alle Mediziner im Landkreis sind davon begeistert.
Die Zahl der niedergelassenen Ärzte in Oberfranken geht von Jahr zu Jahr zurück, gleichzeitig steigen die Ansprüche und Bedürfnisse der Menschen. "Die Notwendigkeit, dass sich die Bereitschaft am Wochenende verändern muss, ist Fakt", betonte der Mainleuser Arzt Thomas Koch, der zugleich Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbandes Kulmbach ist. "Außerdem haben wir auch immer mehr Frauen unter den Ärzten. Die Bereitschaften müssen deshalb in Zukunft auch mit Familie vereinbar sein", so Koch. Aus diesem Grund hat es schon mehrere Überlegungen gegeben, ob sich die niedergelassenen Ärzte in einem gemeinsamen Versorgungszentrum, das den Bereitschaftsdienst am Wochenende und an Feiertagen sicherstellt, zusammen schließen sollten. "Diese Bestrebungen gab es schon in Kulmbach, aber die Ärzte konnten sich nicht einigen. Jetzt hat uns die kassenärztliche Vereinigung ab Juli eine Bereitschaftsdienstpraxis übergestülpt", informierte der Arzt. Dilemma bei bisherigen Versuchen, solch ein Zentrum zu eröffnen, war immer die Finanzierung. Denn für die hätten die Ärzte selbst aufkommen müssen.
Die Bereitschaftsdienstpraxis am Klinikum wird von niedergelassenen Ärzten und sogenannten "Pool-Ärzten", die sich freiwillig für Dienste melden können, betrieben. Bei der Vorstellung des Konzeptes im Gasthaus "Drei Kronen" in
Marktschorgast auf Einladung der SPD-Kreistagsfraktion informierte Koch die Öffentlichkeit auch über die Zuständigkeiten. Von der kassenärztlichen Vereinigung wird solche eine zentrale Bereitschaftspraxis nur finanziert, wenn die Einheit für 250 000 Menschen zuständig ist, führte Markus Ipta, niedergelassener Arzt aus Kasendorf, aus. Aus diesem Grund wird die Bereitschaftspraxis die Landkreise Kulmbach, Bayreuth und Pegnitz abdecken. Drei Ärzte sollen während der Tageszeiten im Einsatz sein, nachts gibt es eine Fahrbereitschaft.
Entlastung für die Notaufnahme
"Ich finde die Bereitschaftspraxis eigentlich eine tolle Sache für die Patienten und auch für die Ärzte. Solch eine Praxis hat das Potential, dass die Notaufnahmen entlastet werden können", so Ipta. Allerdings wäre auch ein Umdenken, seitens der Patienten wichtig, betonte der Kasendorfer Arzt. Denn 50 Prozent der Patienten, die bei den Bereitschaftsdiensten versorgt werden, sind keine "Notfälle", viele könnten auch bis zum nächsten Tag warten. Das Bereitschaftssystem werde überfordert, so Ipta. Ein Kollaps des Systems sei vorprogrammiert.
SPD-Kreisrat Volker Seitter, niedergelassener Arzt in Thurnau, nannte die Bereitschaftspraxis äußerst positiv. Nicht ganz so positiv sieht es der Ludwigschorgaster Arzt Thomas Heinl. Er hielt es für problematisch, dass der Fahrdienst in Weismain stationiert sein soll ("Ich hoffe, es gibt Regelungen, dass er nicht verpflichtend in Anspruch genommen werden muss. Ich würde dann lieber selber fahren"). Heinl monierte auch, dass im Vorfeld wenig mit den Ärzten abgesprochen worden sei. Seine Frau, Christine Heinl, forderte klipp und klar eine Selbstbeteiligung von Patienten, die die Bereitschaft nutzen und betonte, dass es dabei nicht um eine Selbstbeteiligung in Höhe von zehn Euro, wie es sie bereits gegeben hatte, ginge.
Doch dieser Vorschlag stieß nicht bei allen Diskussionsteilnehmern auf Zustimmung. "Menschen, die krank sind, brauchen. Das kann man nicht mit einer Autoversicherung und einer Selbstbeteiligung vergleichen", stellte der SPD-Politiker Nikolaus Ott aus Marktschorgast klar und wehrte sich gegen eine solche Idee. "Eigentlich muss jeder Einzelne selbst nachdenken, dass er das System nicht überreizt. Denn letztlich ist die kassenärztliche Vereinigung eine Solidargemeinschaft", sagte Werner Diersch, Bürgermeister aus Trebgast.
"Mein Herzenswunsch wäre ein Miteinander der niedergelassenen Ärzte", zog stellvertretende Landrätin Christina Flauder eine Bilanz des Abends.
Leider fehlt auch in diesem Artikel der Hinweis, dass eine "Finanzierung durch die kassenärztliche Vereinigung" ebenfalls eine Finanzierung durch die Ärzteschaft ist. Die KV besitzt nämlich kein eigenes Geld, sondern sie verteilt nur Honorare der KrankenKassen an die Ärzte. Und wenn von diesen Zahlungen etwas "abgezwackt" wird, wird weniger verteilt.