Die Internetplattform abgeordnetenwatch.de führt unter den zehn Landtagsabgeordneten mit den höchsten Nebeneinkünften Ludwig Freihher von Lerchenfeld auf Platz 2. Der 58-Jährige sagt, damit werde eine Neid-Debatte befeuert.
An seinen Fraktionskollegen Michael Brückner kommt Ludwig Freiherr von Lerchenfeld nicht ganz heran: Mit Maximaleinkünften von 3,05 Millionen Euro seit Beginn der Legislaturperiode 2013 ist der Gärtnermeister aus dem Stimmkreis Nürnberg-Nord Spitzenreiter auf der Nebenerwerbs-Liste von
abgeordnetenwatch.de. Dahinter folgt sogleich der oberfränkicsche Abgeordnete aus dem Landkreis Kulmbach. Zwischen 1,4 und 2,1 Millionen Euro weist die unabhängige und überparteiliche Internetplattform für den Pressecker Unternehmer aus.
Seit 2011 im Maximilianeum
Die BR erwischt Ludwig von Lerchenfeld am Handy und mitten im Wald. Der Forstwirt und Eigentümer der Freiherr von Lerchenfeldschen Forstverwaltung Heinersreuth bei Presseck ist informiert darüber, dass er es auf Rang zwei der Liste gelandet ist und darüber schon die Süddeutsche Zeitung berichtete. Lerchenfeld sitzt seit 2011 im Maximilianeum. Er spricht davon, dass hinter derlei Auflistungen im Internet "offenbar die Idee steht, eine Neid-Debatte zu schüren". Der 58-Jährige sieht darin weitere Zeichen einer "unguten Entwicklung in unserer Gesellschaft hin zu einem Voyeurismus, den ich bedenklich finde. Meinen Vetter Phillip Graf Lerchenfeld hat die Bild-Zeitung reißerisch zum reichsten Abgeordneten der Bundesrepublik erkoren. Seine Einkünfte stammen aus der Landwirtschaft, er hat also einen ähnlichen Kostenblock zu tragen wie ich."
Unkosten dagegenrechnen
Die gelisteten Umsätze dürften ja keinesfalls gleich gesetzt werden mit Gewinnen "oder gar meinem Verdienst". Als Unternehmer habe er derzeit sieben Angestellte zu bezahlen sowie Unternehmer, die er in den Forstbetrieben beschäftigt. Dazu komme der Unterhalt für einen "kostenintensiven Maschinenpark". Rechne man alle Unkosten dagegen, "sieht die Bilanz deutlich anders aus", sagt von Lerchenfeld.
"Wir sind gläsern geworden"
Und was sagt er zur Transparenz der Volksvertreter? "Unser bayerisches Abgeordnetengesetz ist das härteste in der Bundesrepublik. Mit den Veröffentlichungen, die zu machen wir angehalten sind, sind wir gläsern geworden. Wir halten uns an Recht und Gesetz und tun damit auch der öffentlichen Information genüge." Eine Nennung aller Geschäftspartner und konkreter Summen hingegen, wie es
abgeordnetenwatch.de mit einer Petition erreichen will, lehnt von Lerchenfeld ab. "Das kollidiert mit dem Datenschutzgesetz, ja es wäre ein Vergehen, wenn ich meine Geschäftspartner öffentlich machte."
Durch die sich wiederholende Debatte um die Nebeneinkünfte sieht von Lerchenfeld das staatslenkerische Wirken der 180 Landtagsabgeordneten bisweilen in Frage gestellt. "Wer wie ich seit vielen Jahren Verantwortung trägt für einen Familienbetrieb und eben nicht vom Hörsaal in den Plenarsaal gekommen ist, der fragt sich manchmal schon, ob man sich das antun soll und der Gesellschaft als Abgeordneter zu Diensten sein will." Zumal dann, wenn in einem Parlament eben, wie oft gewünscht, nicht nur Juristen und Beamte sitzen sollen, sondern auch Personen aus der freien Wirtschaft.
Folge der "Verwandten-Affäre"
Martin Reyher von
abgeordnetenwatch.de erklärt gegenüber der BR, dass Bayerns Landtagsabgeordnete seit zwei Jahren ihre Nebeneinkünfte offenlegen müssen - eine Folge der sogenannten "Verwandten-Affäre". Die Zahlen stammten aktuell von Ende Oktober. Als Quelle beziehen sich die "Wächter" auf die Daten, die die Mandatsträger selber auf ihrer jeweiligen Landtags-Homepage einstellen. Gelistet werden die jeweiligen Bruttozuflüsse in einem 10-Stufen-System: beginnend mit 1000 Euro bis über 250 000 Euro. "Daraus lassen sich keine direkten Gewinne der Abgeordneten ableiten", sagt Reyher, betont aber, dass die Angaben bei
abgeordnetenwatch.de "eher konservativ gehalten sind".
Der Hamburger räumt jedoch auch ein, dass aus den Zahlen nicht ersichtlich ist, ob und in welcher Höhe bei Freiberuflern wie von Lerchenfeld beispielsweise Betriebs- und Personalkosten abgezogen werden müssten. "Insofern kritisieren wir diese Art der Veröffentlichungspflicht. Die Abgeordneten müssen bei den Einkünften lediglich die besagte Stufe benennen, nicht aber, aus welcher Quelle das Geld stammt."
Bei Freiherr von Lerchenfeld zielt Reyher unter anderem auf einen gewissen "Vertragspartner 14" ab, der 2014 mit Stufe 10 und damit den besagten 250 000 oder mehr Euro angegeben ist. "Zum einen ist daraus nicht ersichtlich, von wem das viele Geld stammt. Zum anderen ist die Höchststufe 10 nach oben hin offen - das heißt: Ob ein Abgeordneter eine Viertelmillion aus dieser Quelle erhalten hat oder gar mehrere Millionen, ist nicht ersichtlich." Gregor Hackmack, Geschäftsführer von
abgeordnetenwatch.de, moniert das als Verschleierungstaktik, nennt es gar ein "Einfallstor für Lobbyisten". Wer seine Gewinne etwa aus Unternehmensbeteiligungen erzielt, ohne eine Funktion zu bekleiden, müsse das überhaupt nicht angeben.
Für die Komplettveröffentlichung
Daher haben Hackmack und seine Mitstreiter 2014 eine Petition gestartet. Bislang haben sich über 11 000 Menschen der Forderung nach einer Komplettveröffentlichung von Nebeneinkünften sowie die Nennung aller Geldgeber angeschlossen. Nur mit strikten Offenlegungspflichten, so Hackmack, können Nebentätigkeiten wirksam auf finanzielle Abhängigkeiten hin überprüft werden - und damit auf mögliche Interessenkonflikte.
Die MdL-Mehrheit schreibt eine Null
Jeder der 180 Landtagsabgeordneten in Bayern erhält ein monatlich zu versteuerndes Einkommen von 7642 Euro. Aber nicht Wenige aus der Riege der Volksvertreter haben Nebeneinkünfte, die sie seit zwei Jahren offenlegen müssen.
Aktuell geben 48 der 180 Mandatsträger laut Landtags-Homepage an, Einkünfte aus anderen Quellen zu beziehen. Die überwiegende Mehrheit hingegen macht in dieser Liste einen Strich. Ludwig von Lerchenfelds CSU-Fraktionskollegen Martin Schöffel (Wunsiedel) und Gudrun Brendel-Fischer (Bayreuth) sind bei
abgeordnetenwatch.de ebenso mit null Euro Nebeneinkünften gelistet wie Landtagsvizepräsidentin Inge Aures (SPD). Eine schwarze Null schreiben auch Wirtschaftsministerin Ilse Aigner sowie Finanzminister Markus Söder. Einer seiner Amtsvorgänger, Erwin Huber, steht mit Maximaleinkünften von 30 000 Euro in der Aufzählung. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger ist mit 199 000 Euro angegeben. Der höchstplatzierte Grüne ist Jürgen Mistol aus Regensburg mit 24 500 Euro.
jn