Reinhold Zeitler kennt die Probleme hinter den Kulissen der Fluggesellschaften. Er versucht eine Analyse des Flugzeugabsturzes in den französischen Alpen. Und wir gehen der Frage nach: Haben die Menschen jetzt Angst vor dem Fliegen und verzichten deshalb auf den Flug in den Urlaub?
                           
          
           
   
          Der wohl mutwillig herbeigeführte Absturz der Germanwings-Maschine bewegt die Menschen in Deutschland. Auch Reinhold Zeitler findet kaum Worte für die unfassbareKatastrophe. Der Kulmbacher ist seit 25 Jahren Pilot und hat in seiner Flugschule über 13 Jahre Piloten ausgebildet. Derzeit steuert der 44-Jährige im Business-Bereich Flugzeuge durch die ganze Welt. Erst am Donnerstag kehrte er aus Kairo zurück. Wir sprachen mit dem erfahrenen Piloten über die Tragödie.
Wie haben Sie von dem Unglück erfahren?Ein Kollege aus Amsterdam hat mich am Handy darüber informiert, dass eine Germanwings-Maschine abgestürzt ist. Bei so einem Vorfall läuft die Kommunikation sehr schnell. Einen Absturz hat man nicht alle Tage. Umso dramatischer ist es, wenn man dann erfährt, dass das Unglück absichtlich durch den Co-Piloten verursacht worden ist. Das trifft uns alle in der Branche. Man muss sich jetzt bei German wings und unter den Piloten fragen: Gab es Auffälligkeiten? Letztendlich muss man abwarten, was Germanwings und die Lufthansa dazu sagen, was das Ergebnis der Ermittlungen ist. Ob der Mann depressiv oder krank war, ob es Beziehungsprobleme gab, das ist alles nur Spekulation. 
Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie gehört haben, dass der Co-Pilot den Absturz absichtlich herbeigeführt hat?Das konnte ich zuerst nicht glauben. Das ist nicht mit Worten zu beschreiben. Man macht so etwas nicht. Man hat Verantwortung für die Passagiere.
Hätte man nicht merken müssen, dass etwas mit dem Co-Piloten nicht stimmt?Das kommt darauf an. In kleinen Betrieben mit bis zu 50 Piloten kennt man sich. Da fällt es auf, wenn sich jemand anders verhält als normal. Dann spricht man denjenigen an, kann gegebenenfalls Gegenmaßnahmen einleiten. Aber in großen Betrieben mit bis zu 3000 Piloten kennt der Kapitän manchmal nur den Namen des Co-Piloten. Nach dem Flug trennen sich dann die Wege wieder. Man kann in die Köpfe der Leute nicht schauen. Ein Restrisiko bleibt. Letztlich kann nur jemand aus dem näheren Umfeld des Mannes beschreiben, ob er sich ungewöhnlich verhalten hat.
Sie kritisieren in diesem Zusammenhang auch Entwicklungen in der Luftfahrt.Man muss wissen, dass Piloten topfit und in der Lage sein müssen, in Sekundenbruchteilen Notsituationen zu erkennen und zu reagieren. Sie haben eine Ausbildung absolviert - und selbst gezahlt -, die etwa 120 000 Euro kostet. Aber inzwischen dreht sich alles nur noch um niedrige Kosten - und das geht immer zu Lasten des Personals. Piloten verdienen zwar noch relativ gut - und das sollten sie auch weiterhin. Sie sollten keine Sorgen haben, wenn sie im Cockpit sitzen. Das führt zu Leistungseinschränkungen und im schlimmsten Fall zu Fehlern. Damit junge Co-Piloten Flugerfahrung sammeln können, gibt es sogar Fluggesellschaften, die bis zu 500 Flugstunden anbieten, für die die Piloten dann bezahlen müssen. Pay to fly nennt sich das. Vielleicht war der Unglücks-Pilot durch diese Umstrukturierungen gefrustet, vielleicht verlief seine Karriere nicht wie geplant. Bei der Lufthansa kann es bis zu zehn Jahre dauern, bis man Kapitän wird. Dann kommt möglicherweise auch noch eine Krankheit hinzu. Man kann nur spekulieren. 
Aus welchen Gründen verlässt der Kapitän - wie im Germanwings-Fall - das Cockpit?In der Regel hat das biologische Gründe. Sprich: Man muss auf die Toilette. Ansonsten sitzt man im Cockpit, egal, ob der Flug vier oder acht Stunden dauert.
Was halten Sie von der geplanten Einführung der Zwei-Personen-Regel im Cockpit?Ich würde ganz anders verfahren: Der Kapitän muss die Möglichkeit haben, die Elektronik der Cockpit-Tür mechanisch zu umgehen. Das kann entweder mit einem Schlüssel sein oder mit einem Mechanismus, den nur er kennt. Im aktuellen Fall hat der Co-Pilot mit Beginn des Sinkflugs den Sicherheitscode immer wieder blockiert, so dass sich die Tür nicht öffnen ließ. Überhaupt sollte es möglich sein, ein Flugzeug im Fall der Fälle noch mechanisch fliegen zu können.
Sie haben in Ihrer Flugschule schon viele Piloten ausgebildet. Gab es Fälle, bei denen Sie Bedenken hatten?In der Flugschule ist es zunächst einmal so, dass man die Bewerber auch nicht kennt. In der theoretischen Ausbildung bekommt man dann mit, wie der Schüler tickt, was für eine Art Mensch er ist. Ich habe bis zu 100 Piloten ausgebildet, mit vielen besteht heute noch Kontakt. Nur einmal war ich kurz davor, bei einem Schüler die Ausbildung abzubrechen.
  
  Reaktionen in den Reisebüros Auf die Reiselust der Deutschen hat die Flugzeug-Tragödie bislang keine Auswirkungen. Das bestätigten Stefan Schaffranek vom gleichnamigen TUI-Reisebüro und Jennifer Opel vom Reisebüro Sonnenklar. 
 "Wir hatten noch keine Umbuchungen. Natürlich wird über die Sache gesprochen. Es ist unfassbar, wie jemand so ein Leid verursachen kann", so Schaffranek. Für ihn ist aber auch klar, dass es nirgendwo 100-prozentige Sicherheit gibt.
 Jennifer Opel verweist zudem darauf, dass Fliegen trotz des schrecklichen Vorfalls immer noch die sicherste Art des Reisens ist. "Auch im Straßenverkehr kann etwas passieren."