Gemälde von Ahnen, Wappen und Kronleuchter soweit das Auge reicht: Alexandra Freifrau von Herwarth gewährt ganz private Einblicke in ihr Schloss in Küps.
Ein roter Teppich ziert die Treppe, die in den zweiten Stock des Schlosses führt. Bei jedem Schritt knarzt das alte dunkelbraune Holz. Am Ende des roten Teppichs wartet eine massive weiße Tür. Schlossherrin Alexandra von Herwarth kramt einen Schlüssel aus ihrer Hosentasche und stößt den Türflügel auf. "Das ist unsere Hochzeitslocation", sagt sie dabei stolz. In dem großen lichtdurchfluteten Raum gibt es viel zu entdecken.
Alte Schränke und Stühle, zahlreiche Bilder und Bücher - und die Stuckdecke erst. Verschiedenste Szenarien einer Jagd in zartem himmelblau und weiß. "Da oben wird gerade ein Fuchs geprellt. Daher kommt auch das Sprichwort. Der Fuchs wird fürs Gänse-Fressen bestraft und so lange in einem Tuch nach oben geschleudert bis er gestorben ist", erklärt Alexandra von Herwarth. "Keine schöne Art." Diesen Bildern hat der Jagdsaal auch seinen Namen zu verdanken.
Früher war es eine Mietwohnung
Geheiratet werden darf hier seit drei Jahren - im Schnitt gehen pro Jahr fünf Paare hier den Bund der Ehe ein. "Als das Öl noch günstig war, hatten wir hier alles vermietet", erzählt die Freifrau. Sie ist die letzte der Familie Redwitz, die noch im Schloss wohnt. Doch als der Ölpreis immer weiter stieg, rentierte sich das nicht mehr. "Die riesen Räume zu heizen, das ist wirklich ein Nachteil eines solchen Schlosses", erzählt sie und lacht. Noch heute sind im Schloss Heizungen aktiv, die Alexandra von Herwarths Großmutter eingebaut hat. Die gebürtige Hamburgerin heiratete 1908 in die Familie Redwitz ein und sorgte für den Grundausbau des Schlosses. "Wir hatten schon einen Winter, da waren die neuen Heizungen eingefroren. Die von meiner Oma haben einwandfrei funktioniert", sagt die Schlossherrin und lacht. Die Mutter von Alexandra von Herwarth hat mit dem Ausbau weiter gemacht und auch die jetzige Schlossherrin hat alle Hände voll zu tun. "Es ist einfach eine Daueraufgabe."
Der Jagdsaal im zweiten Stock wurde für Geburtstagsfeiern schon länger genutzt. Irgendwann kamen Alexandra von Herwarth und ihr Sohn Peter Marchel auf die Idee, den Raum für Hochzeiten zu nutzen. "Der Bürgermeister war sofort begeistert. Die jungen Leute wollen heutzutage schließlich überall heiraten, nur nicht im Rathaus", sagt die Schlossherrin.
Der Jagdsaal kann über die Gemeinde Küps für 130 Euro gemietet werden. "Am Ende des Jahres bekomme ich dann meinen Anteil davon", sagt Alexandra von Herwarth. Für die Trauung ist das Standesamt der Gemeinde zuständig. Um den Raum kümmert sich die Freifrau selbst. "Für die Hochzeiten habe ich damals Bundeswehr-Stühle ersteigert. So sind sie kaum anzuschauen, aber mit weißen Hussen sieht das richtig schön aus."
Region ist voller Ehe-Angebote
Auch um die Deko kümmere sich die Familie. Doch das würden die meisten Bräute selbst machen wollen. "Meine Frau macht auch kleine italienische Häppchen, wenn das Brautpaar das möchte", sagt Peter Marchel. Doch mehr als 50 Gäste könnten personell und vom Platz her nicht versorgt werden. "Bei uns ist es halt familiär. Bei größeren Hochzeiten sind wir dann schon nicht mehr im Spiel", erzählt Alexandra von Herwarth.
Neben dem Jagdsaal liegt auch noch ein Schlafzimmer. "Meine Frau und ich würden das gerne als kleine Suite für die Ehepaare ausbauen. Aber das Angebot besonders hier im Landkreis in Sachen Hochzeit ist riesig. Da muss man sich erst einmal durchsetzen", sagt Peter Marchel.
Von dicken Wänden zum familiären SchlossGeschichte Karl der Große entsandte um das Jahr 800 seine Männer in die Region rund um Küps, um sie vor Angriffen zu schützen. Im Zuge dessen haben alle ansässigen Adligen Land bekommen, auf das sie Burgen bauen sollten. "Anfangs waren hier nur dicke Wände", erzählt Alexandra von Herwarth. Im Bauernkrieg wurden diese zerstört. "Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg kam wieder Geld in die Familie." Die Flößerei boomte und das Bauholz wurde aus dem Frankenwald über die Rodach in sämtliche Städte gebracht. Um die Rodach schnell runterzukommen, brauchten die Flößer Wehre, die das Wasser stauten. "Der Familie Redwitz gehörten diese Wehre. Sie sorgten dafür, dass sie funktionierten und die Flößer mussten bei ihnen Maut abliefern", erzählt die Schlossherrin. Mit diesem Geld haben die Herren von Redwitz das Schloss aufgebaut. Gerüchten zufolge habe auch Balthasar Neumann damals die Finger mit im Spiel gehabt. "Eigentlich kümmerte er sich um Vierzehnheiligen, aber ich könnte mir vorstellen, dass er hier immer mal vorbeikam. Als beratender Nachbar sozusagen." Die Schnitte und die Größe der Fenster seien charakteristisch für seine Arbeit.
Innenausstattung Die Stuckdecken im Schloss seien in ganz Oberfranken einmalig. Erst in der Würzburger Residenz gebe es diese wieder. Die Familie Vogel aus Wessobrunn ist berühmt für ihre Stuckdecken. Ihr Markenzeichen: der Vogel. Der Vater ordnete jedem Sohn einen bestimmten Vogel zu; er selbst war der Adler. Nur sein unehelicher Sohn bekam kein Wappentier und durfte lediglich kleine Aufträge ausführen: "Es spricht alles dafür, dass er die Stuckdecken hier gemacht hat."
lk