Die Freien Wähler in Nordhalben sind einen Tag nach der Gemeinderatswahl noch ganz aus dem Häuschen, die CSU ist sprachlos. Die Machtverhältnisse im Ratsgremium haben sich umgedreht. Der neue Bürgermeister Michael Pöhnlein (FW) kann mit einer knappen Mehrheit von 8:7 Stimmen "regieren".
Die bisherigen vier Räte der Freien Wähler werden durch drei neue Fraktionskollegen verstärkt. Plus die Stimme des Bürgermeisters ergibt das acht Stimmen. Die CSU verliert drei Sitze und kommt nur noch auf vier. Die SPD bleibt bei drei Sitzen im Ratsgremium.
"Wir müssen das erst mal sacken lassen", beschreibt FW-Fraktionsvorsitzender Gerhard Schneider den gewaltigen Ruck, der durch Nordhalben ging. Dass der Rutsch so groß werde, habe man nicht gedacht, war Schneider überrascht. "Die Bevölkerung hat begriffen, was bisher in Nordhalben los war", sagt Schneider. Viele Projekte seien von den Freien Wählern vorgeschlagen worden, nicht nur die Diskussionen um die eigenen Quellen und das Regenüberlaufbecken. Die Quellen brächten der Gemeinde Minderausgaben von 20.000 bis 50.000 Euro pro Jahr. Weil es da ums Geld, auch ihr Geld, gehe, hätten die Bürger richtig entschieden.
Streit um das Wasser Der FW-Fraktionsvorsitzende kritisierte die Behörden, die im Zuge der Wasserdiskussion zum Teil falsche Stellungnahmen abgegeben hätten. So sei von einer Sachbearbeiterin des Landratsamts behauptet worden, Nordhalben besitze gar kein Wasserrecht und die Wasserversorgungsanlagen seien als "Schwarzbau" errichtet worden. Er habe jedoch nachweisen können, dass das alte Wasserrecht nach wie vor gelte und er werde den Grundbuchauszug vorlegen. Während der ganzen Diskussion um das Wasserrecht sei viel Trinkwasser von den Quellen ungenutzt davongelaufen. Den Schaden bezifferte Schneider auf 200.000 Euro. Zusätzlich seien auch unnötige Planungskosten angefallen. Man werde nun prüfen, wie man die Behörden in Regress nehmen könne.
Gerhard Schneider sprach auch künftige Projekte außerhalb der Wasser- und Abwasserdiskussion an.
"Jetzt können wir das anpacken in Nordhalben, was wir all die Jahre vorgeschlagen hatten." Viele Sachen seien von den Freien Wählern angeleiert, aber blockiert worden. Man wolle auch versuchen, etwas für die älteren Mitbürger zu tun. 50 bis 60 davon seien auswärts untergebracht. Die wolle man wieder in die Marktgemeinde zurückholen. Außerdem würden dadurch Arbeitsplätze geschaffen.
Über die Personalie Zweiter Bürgermeister hätten sich die Freien Wähler noch keine Gedanken gemacht, sagt Schneider. "Das muss ich mir erst mal überlegen, ob wir das Amt des Zweiten Bürgermeisters in Anspruch nehmen werden", meint er.
Die Hand bleibt ausgestreckt Der bisherige Inhaber dieses Amtes, Michael Wunder, zugleich CSU-Fraktionsvorsitzender, meint, wenn er kein Zweiter Bürgermeister mehr sei, gehe die Welt für ihn nicht unter.
Ohnehin habe er den Schwerpunkt seiner kommunalpolitischen Arbeit auf den Kreistag legen wollen. Seine Hand in Richtung Freie Wähler bleibe ausgestreckt. Er setze auf die Vernunft der Freien Wähler. "Die haben gesagt, dass wir das gemeinsam machen wollen", meint Wunder.
Mit seinem Ergebnis sei er zufrieden, sagt Wunder, der nach Michael Pöhnlein die meisten Stimmen aller Gemeinderatskandidaten erhalten hatte. Das Amt des Zweiten Bürgermeisters würde er, wenn er gewählt werde, weiter ausüben, weil er bisher während seiner häufigen Vertretungen viel Lob der Bürger für seine Arbeit erhalten habe. Das Amt des ehrenamtlichen Ersten Bürgermeisters habe er nicht angestrebt, weil er dann seinen Job bei der Fernwasserversorgung Oberfranken hätte aufgeben müssen.
Drei Sitze verloren Auf das Ergebnis der Gemeinderatswahl eingehend, sagt Michael Wunder, dass er damit gerechnet habe, dass die CSU zwei Sitze im Ratsgremium verliere, da zwei beliebte langjährige Räte, die bei vergangenen Wahlen viele Stimmen erhalten hätten, nicht mehr angetreten seien. Dass aber drei Sitze verloren gingen, habe er nicht gedacht. "Wir müssen das sauber analysieren", sagt Wunder. "Es ist bei den Wählern nicht angekommen, was wir wollten." Man müsse nun das Beste aus der Situation machen.
Der Markt Nordhalben werde ab 1. Mai nicht nur einen neuen Bürgermeister, sondern mit Joachim Ranzenberger ab 1. April auch einen neuen Geschäftsleitenden Beamten erhalten, informierte Michael Wunder.
Ranzenberger werde sich einen Monat lang einarbeiten können, dann sei das neue Gemeindeoberhaupt am Ruder.
Die SPD bleibt immer fair SPD-Fraktionsvorsitzender Helmut Horn meint, aus Sicht seiner Partei sei das Wahlergebnis nicht befriedigend, aber man habe die Zahl der Gemeinderatssitze gehalten. Das Ziel von etwa 30 Prozent für den SPD-Bürgermeisterkandidaten habe man erreicht, jedoch mit einer Stichwahl gerechnet. Dass Amtsinhaber Josef Daum so abgestraft werde, damit habe man nicht gerechnet. "Das hat er nicht verdient", sagt Horn. "Wir bleiben immer fair. Das haben wir bis zum Schluss durchgezogen. Der Wähler sieht das anscheinend anders", ist Horn enttäuscht. Es sei teilweise sehr viel verbreitet worden, was nicht ganz der Wahrheit entsprochen habe. Die SPD habe jahrelang dafür gekämpft, dass das Regenüberlaufbecken nicht gebaut werde, und wenn doch, dann so günstig wie möglich. Auch die Freien Wähler kämen nicht drum rum, auch wenn sie das anders gesagt hätten.
Die Kritik des Nordhalbener FW-Fraktionsvorsitzenden an den Behörden ist nicht berechtigt und zeugt von mangelnder Sachkenntnis. Denn ein Wasserrecht wird nach den Wassergesetzen (Wasserhaushaltgesetz, Bayerisches Wassergesetz) vom Landratsamt, üblicherweise befristet auf 20 Jahre, erteilt und in einem sog. Wasserbuch eingetragen, das ebenfalls vom Landratsamt - und nicht vom Grundbuchamt (= Amtsgericht !) - geführt wird.