Vitamine: Nutzen und Schaden

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Foto: ronstik, adobe stock
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Vitaminpräparate werden vor allem während der Corona-Krise immer beliebter. Doch sind sie wirklich sinnvoll? Wie Verbraucherschützer Nahrungsergänzungsmittel einschätzen - und wo mögliche Risiken lauern.

Vitamin B soll das Wohlbefinden steigern, Vitamin D ein Multitalent für die Gesundheit sein und Vitamin C gut gegen Erkältungen: Mit solchen Werbesprüchen werden Verbraucher zum Kauf von Vitaminpräparaten animiert - gerade in Corona-Zeiten. Doch die meisten Menschen in Deutschland sind gut mit Vitaminen versorgt, wie die Nationale Verzehrstudie zeigt. Deshalb empfehlen Stiftung Warentest und die Verbraucherzentrale Bayern einstimmig: "Lassen Sie sich nicht durch die Werbung verunsichern." Es sei unverantwortlich, wenn gerade jetzt Hersteller behaupten, dass bestimmte Nahrungsergänzungsmittel vor Corona schützen. Besonders Zink und Eisen könnten im überhöhten Maße sogar negative Auswirkungen auf den Körper haben und das Immunsystem heruntertrimmen. Den Verbraucherschützern zufolge gibt es keine Studien, die die Wirksamkeit bestimmter Produkte gegen Covid-19 beweisen.

Der Tagesbedarf an Vitaminen lasse sich im Allgemeinen durch eine ausgewogene und bunte Ernährung decken. Grundsätzlich helfe zudem tägliche Bewegung an der frischen Luft, die auch die körpereigene Produktion von Vitamin D fördert.

Extraportion nicht nötig

Vitaminmangel und dadurch bedingte Krankheiten kommen den Experten zufolge in Deutschland äußerst selten vor. Es gebe keine Studien, die belegen würden, dass eine "Extraportion Vitamine" in Form von Nahrungsergänzungsmitteln die Folgen eines ungünstigen Ernährungsverhaltens ausgleichen und vor Krankheiten schützen kann. Eine unnatürlich hohe Gabe isolierter Vitamine ist den Verbraucherschützern zufolge meist nicht nötig und könne zu Gesundheitsschäden führen.

Test: Zu hoch dosiert

Die Stiftung Warentest hat zuletzt 2017 Vitaminpräparate getestet. Gesetzliche Grenzen für die Vitamindosierung von Nahrungsergänzungsmitteln gibt es in Deutschland nicht. Deshalb verglichen die Tester die Tagesdosierungen auf den Packungen mit den sicheren Höchstmengen, die das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt.

Exemplarisch wurden 35 Präparate gekauft, von denen 26 laut Packungsangaben die empfohlenen Höchstdosierungen überschritten, zehn davon drastisch. Dies betraf vor allem Präparate, die im Internet bestellt wurden und meist aus dem Ausland kommen.

Wer weiß, in welchen Nahrungsmitteln besonders viele Vitamine stecken, kann sein Essverhalten ganz leicht danach ausrichten. Folgender Überblick zeigt, wofür welche Vitamine gut sind - und wann sie schaden. Vitamin A Der Körper kann Vitamin A aus manchen Pflanzeninhaltsstoffen wie Betakarotin selbst bilden. Es ist wichtig für den Sehvorgang, Haut- und Schleimhäute, Immunsystem, Fortpflanzung und schützt vor aggressiven Sauerstoffmolekülen (freien Radikalen). Die Deutschen sind ausreichend mit Vitamin A versorgt.

Vitamin A kommt in Fleisch- und Wurstwaren vor, in Leber, Milchprodukten, Eiern, Möhren und Grünkohl. Durch zu vielVitamin A kann sich die Haut verändern, können Haarausfall, Kopfschmerzen und Leberprobleme auftreten. Studien zufolge kann ein Übermaß an Vitamin A Lungenkrebs hervorrufen. Mittel mit den Vitaminen A und E könnten die Lebenserwartung verkürzen. Vitamin B B-Vitamine sind an diversen Stoffwechselprozessen beteiligt und wichtig für die Zellteilung. Die Deutschen sind ausreichend mit B-Vitaminen versorgt. B-Vitamine kommen in Hülsenfrüchten, Fleisch, Fisch und Vollkornprodukten vor.

B-Vitaminegelten als harmlos, da sie wasserlöslich sind und sich nicht im Körper anreichern. Bei sehr hohen Dosen von B6 in Kombination mit Fol- und Nikotinsäure können Nervenschäden auftreten. Vitamin C Dieses Vitamin ist wichtig für den Halt von Zähnen, die Bildung von Bindegewebe und wirkt gegen freie Radikale. Natürliche Quellen sind Brokkoli, grüne Paprika, Zitrusfrüchte, Sanddorn und schwarze Johannisbeeren. Vitamin C nimmt man ausreichend über die Nahrung auf. Studien liefern keinen Beleg für die Schutzwirkungen von Vitamin C durch Zusatzpräparate.

Überdosiert kann Vitamin C die Verdauung stören und fördert vor allem bei Männern das Risiko für Nierensteine. Vitamin D Es wird als einziges vom Körper selbst gebildet - durch Sonnenlicht. Bei Kindern ist Vitamin D wichtig für den Aufbau der Knochen, bei Erwachsenen hält es die Knochen hart und dient zur Vorbeugung gegen Stürze. Die Zufuhr aus der Nahrung - fetter Seefisch, Eigelb, Margarine - ist eher gering. Vitamin D bildet sich im Tageslicht selbst.

Eine Überdosisan Vitamin D kann laut Verbraucherzentrale Bayern zu Vergiftungserscheinungen führen oder die Verkalkung von Herz oder Lunge fördern. Die Stiftung Warentest führt als Nebenwirkungen von Vitamin D Nierensteine und -schäden an. Vitamin E ist gut für den Zellschutz. Die meisten Menschen sind gut mit Vitamin E versorgt. Natürliche Quellen sind pflanzliche Öle.

In zu hohen Dosen kann Vitamin E die Blutgerinnung stören. Studien zufolge erhöht die künstliche Zufuhr möglicherweise die Sterberate und begünstigt bei Männern Prostatakrebs. Vitamin K Dieses Vitamin ist wichtig für die Blutgerinnung und trägt zur Festigkeit von Knochen bei. In der Nahrung kommt Vitamin K vor allem in grünem Gemüse vor sowie in Milchprodukten, Fleisch und Eiern.

Vitamin K gilt als gut verträglich, kann aber die Wirkung von gerinnungshemmenden Medikamenten stören.

Bodybuilder und Notfallsanitäter Vinzenz Schirmer: Wenn der Körper an seine Grenzen geht

Vinzenz Schirmer hat viele Erfahrungen mit Nahrungsergänzungsmitteln gemacht. Warum er sie nimmt, hat zwei Gründe: Der Marktrodacher ist Notfallsanitäter und Bodybuilder. Ein Befürworter dieser Mittel sei er deswegen aber nicht. "Ich bin der Meinung, dass ein normaler Erwachsener mit einer ausreichend guten Ernährung und viel Bewegung an der frischen Luft genügend Vitamine, Eiweiße und Mineralstoffe zu sich nimmt, ohne dass man zusätzlich irgendwelche Präparate nehmen muss", sagt der 25-Jährige. Dennoch möchte er seinen Körper damit etwas unterstützen, vor allem wenn es im Beruf stressig wird. "Bei einer Zwölf-Stunden-Schicht mit vielen Notfällen kann das Essen schon mal auf der Strecke bleiben", erklärt Schirmer.

Daher greift er bei Bedarf auf Zinktabletten zurück, die den Stoffwechsel und das Muskelwachstum anregen sowie bei Hautunreinheiten helfen sollen, denn Schirmer leidet im Gesicht an Neurodermitis. "Das wurde mir vom Arzt empfohlen. Allerdings sollte man dies nur etwa zwei, drei Wochen lang nehmen. Das ist wie eine Art Kur."

Auch Vitaminkomplexe gehören zu seinem Repertoire. Magnesium, Vitamin E und C sollen vor allem das Immunsystem stärken. "Ich brauche ein starkes Immunsystem, da ich im Rettungsdienst mit vielen kranken Menschen in Berührung komme. Das ist gerade jetzt in Zeiten des Coronavirus wichtig."

Täglich nehme er die Vitaminpräparate allerdings nicht. Hauptsächlich in den Wintermonaten und das je nach Bedarf. Und natürlich zur Vorbereitung auf einen Bodybuilding-Wettbewerb. Dabei nehme er vor allem Mittel für den Muskelaufbau, die Regeneration und den Erhalt der Muskeln, wie zum Beispiel Proteinpulver. Creatin und Aminosäuren verwendet er sogar täglich.

"Da ich Bodybuilding betreibe und meinen Körper öfters versuche, an die maximalen Grenzen zu bringen, nehme ich durchaus mehr Nahrungsergänzungsmittel als der normale Durchschnittserwachsene", gibt Schirmer zu bedenken. Deshalb nehme er die Mittel nur nach ärztlichem Rat. "Man sollte sich ohne Vorkenntnisse nicht einfach irgendwelche Tabletten oder Pulver kaufen. Man sollte das mit seinem Hausarzt abklären, ob denn ein bestimmtes Defizit im Körper vorliegt und ob man dieses Problem nicht durch eine bessere und gesündere Ernährung lösen kann", sagt Schirmer.

Kaufen könne man Nahrungsergänzungsmittel fast überall, erklärt der Marktrodacher. Er selbst nutze Fitnessnahrungsergänzungsshops, Apotheken und Drogerien. Auch bei der Form variiere er und habe Pulver, Pillen, Tabletten und auch fertig gemischte Trinkampullen schon ausprobiert. Unterschiede habe er nicht bemerkt, genauso wenig wie Nebenwirkungen. "Man fühlt sich aber generell einfach ein bisschen fitter und ist nicht mehr so anfällig", findet er.