Nach den tödlichen Schüssen auf dem McDonald's-Parkplatz in Marktrodach wurde auf unserer Facebook-Seite diskutiert: Ist das Mord oder Totschlag? Christian Pfab, Pressesprecher des Landgerichts erklärt den Unterschied.
Eine Frau zu erschießen, ist das Mord oder Totschlag? Diese Frage stellten sich am Sonntagabend einige Nutzer auf der Facebook-Seite des Fränkischen Tags Kronach. Zuvor war bekannt geworden, dass ein 59-jähriger Mann festgenommen wurde. Er wird verdächtigt, die 43-jährige Frau, die am Samstagabend tot auf dem McDonald's-Parkplatz in Marktrodach gefunden wurde, erschossen zu haben. Christian Pfab ist Pressesprecher des Landgerichts Coburg und selbst Richter. Er erklärt den Unterschied zwischen Mord und Totschlag.
Herr Pfab, wann liegt Mord vor?Christian Pfab: Wenn ich vorsätzlich einen anderen töte, dann bin ich grundsätzlich ein Totschläger. Das geht aus Paragraph 212 im Strafgesetzbuch hervor. Viele denken immer: "Der wollte töten, also ist er ein Mörder". Das ist aber falsch. Für einen Mord muss zusätzlich noch ein Mordmerkmal erfüllt sein.
Und welche sind das?Es wird hier unterschieden nach subjektiven und objektiven Merkmalen. Dies ist in Paragraph 211 geregelt. Merkmale sind zum Beispiel: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder sonstige niedere Beweggründe. Letztere müssen sittlich auf niedrigster Stufe stehen. Beim Westpark-Mörder von München war das zum Beispiel der Fall, weil er jemanden umgebracht hat, einfach um seine Wut auszulassen.Mörder ist man auch, wenn man heimtückisch handelt - die Wehrlosigkeit eines Menschen ausnützt, ihn beispielsweise von hinten angreift - oder wenn man mit gemeingefährlichen Mitteln handelt. Das heißt, wenn man beispielsweise eine Bombe benutzt, weil man dabei ja nicht kontrollieren kann, wie viele Menschen umkommen. Mord ist es auch, wenn man jemanden umbringt, um eine Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. Wenn man beispielsweise einbricht, dabei beobachtet wird und dann den Zeugen umbringt. Und ein weiteres Mordmerkmal ist, wenn man jemanden grausam tötet.
Aber ist ein Tötungsdelikt nicht immer grausam?Ja, aber grausam heißt bei den Juristen, dass man seinem Opfer mehr Qualen zufügt, als für eine Tötung erforderlich wären.
Wie kann man subjektive Merkmale nachweisen? Das ist in der Tat sehr schwierig, weil man dazu herausfinden muss, was sich der Täter gedacht hat. Objektive Merkmale - wie Heimtücke, grausame Tötung oder mit gemeingefährlichen Mitteln - hingegen betreffen die Art der Ausführung. Für eine Verurteilung zum Mörder müssen die Merkmale - egal ob objektiv oder subjektiv - nachweisbar sein. Ansonsten ist jemand, der einen anderen umgebracht hat und das wollte, es kein Unfall war, immer Totschläger.
Kein Bezug Pfabs Erklärungen haben keinen Bezug zu dem aktuellen Tötungsdelikt in Marktrodach. Hier wird nach wie vor ermittelt. Vielmehr beziehen sie sich generell auf die Unterscheidung von Mord und Totschlag.
Beispiel-Fall Der Fall des sogenannten Westpark-Mörders von München , den Pfab als Beispiel für ein subjektives Mordmerkmal anführt, war folgender: Am Abend des 15. Oktober 1993 hatte Gorazd B. eine Mordswut im Bauch. Er sollte für eine Unmenge von Straftaten in sein Heimatland Slowenien abgeschoben werden. Weil seine Freundin nicht mit wollte, verprügelte er sie. Deren Vater warf den Gewalttäter raus. Daraufhin ging Gorazd B. in den Westpark, sein Butterfly-Messer griffbereit in der Tasche. Er suchte sich offenbar das nächstbeste Opfer, an dem er seine Wut auslassen konnte. Mit zahlreichen Messerstichen tötete er den Architekten und Vater zweier Kinder, Konrad Hierl (40), der ihm zufällig über den Weg lief.