Die Preise am Milchmarkt steigen an. Für Milchbauern, wie Erwin Schwarz aus Burggrub, droht aber bereits neuer Ärger mit dem Lebensmittelhändler Edeka.
Die Kronacher Milchbauern atmen auf. Monatelang ist der Preis für ihr Produkt gefallen, bis im Sommer der Tiefpunkt mit knapp 24 Cent für ein Kilogramm Milch erreicht war. Seitdem erholt sich der Markt langsam und die Bauern blicken wieder positiv in die Zukunft.
"Es ist Licht am Horizont", beschreibt Erwin Schwarz seine Gefühlslage. Der Milchbauer aus
Burggrub ist gleichzeitig Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) und Vorstand der Milchwerke Oberfranken West. Etwa 28,5 Cent bekommt er zurzeit für das Kilo Milch. Für ihn persönlich reiche das aber noch nicht. Im Schnitt müssten es 33 oder 34 Cent sein, damit jeder Bauer wieder Gewinn macht.
Dass sich der Markt wieder erholt, liege an der gefallenen Milchproduktion weltweit, erklärt Schwarz.
Bei den niedrigen Preisen sei die Herstellung um etwa zwei Prozent gesunken, dadurch stieg der Preis letztlich wieder an: "Egal wie der Markt aussieht, diese zwei Prozent sind bereits entscheidend für den Preis", sagt er.
Handel nutzte seine Macht aus
Doch das Geld komme noch nicht bei den Bauern an, teilte der BBV vor zwei Wochen mit. Der Lebensmittelhandel habe noch in der Krise langfristige Verträge mit den Molkereien zu niedrigen Preisen abgeschlossen, erklärt Schwarz. "Der Handel hat seine Macht in dieser Situation brutal ausgenutzt. Die Verträge waren fast einseitig." Der Verband fordert jetzt, die Kontrakte aufzulösen, "der Handel wird das aber natürlich nicht tun", zeigt Schwarz Verständnis.
Hilfe für die Milchbauern gibt es aus der Politik - diese komme allerdings ein halbes Jahr zu spät, meint der Kreisobmann.
14 Cent gibt der Bund für jedes nicht produzierte Kilo an die Bauern. "Diese 14 Cent sind jetzt aber fast kontraproduktiv für den Markt", sagt Schwarz. Da sowieso schon weniger produziert werde, suchen einige Molkereien bereits händeringend nach Milch.
Qualität ist überall gleich gut
Die Krise der Milchbauern hat also mehrere Gründe und Facetten. Am Ende profitiert davon der Verbraucher, der Käse, Joghurt und vor allem Milch billig im Discounter kaufen kann. "Der Verbraucher an sich kann eigentlich gar nichts gegen die Situation tun", sagt Schwarz. Die Qualität der Milchprodukte sei bei jedem Discounter gleich gut. Jeder versuche eben ein Stück besser zu sein als der andere. Und viel besser will nun vor allem Edeka sein.
Im August hat das Unternehmen ein Schreiben an Molkereien versandt.
Darin stellt Edeka neue Mindestanforderungen für die Haltung von Milchkühen, die eingehalten werden müssen, wenn die Molkerei weiter an Edeka liefern will.
Bei den Bauern, die diese Forderungen letztlich betrifft, löste dieser Vorstoß großen Unmut aus, so auch bei Kreisobmann Schwarz. Er findet besonders die geforderte Abschaffung der Anbindehaltung problematisch, die es noch auf rund 40 Prozent der bayerischen Betriebe gebe. Viele müssten dafür investieren und ausbauen - aber das können nur die Wenigsten.
Edeka will nur Gespräche führen
"Die Vorschriften sind fast Biostandard", schimpft er. Dabei hat er im Grunde nichts gegen die meisten der aufgelisteten Punkte; aber die Forderung an sich geht ihm zu weit: "Die wollen uns vorschreiben, wie wir die Tiere zu halten haben und dafür einen niedrigen Preis haben.
Das ist für mich schon verwerflich." Tatsächlich steht von einer zusätzlichen Entlohnung für die Bauern nichts in dem Papier. "Edeka will konventionelle Milch zu Biostandards verkaufen und beim Bauer kommt nichts an", klagt Schwarz.
Auf Nachfrage dieser Zeitung stellt Edeka zunächst klar: "Es handelt sich nicht um eine Forderung, sondern um eine Aufforderung, miteinander ins Gespräch zu kommen." Gemeinsam mit den Molkereien wolle man Verbesserungen für das Tierwohl erreichen, heißt es in der Mitteilung. Zu den einzelnen Punkten im Papier und den damit verbundenen Problemen für die Bauern, äußerte sich Edeka jedoch nicht.
Nachfolger bleiben aus
Die Milchkrise ist also noch nicht durchgestanden. In Kronach haben die Bauern vor allem mit der Nachfolge zu kämpfen.
Etwa 3,5 Prozent der Betriebe schließen jährlich, die meisten wegen des Generationenwechsels (siehe Infokasten).
"Gott sei Dank wurden aber in den letzten Jahren einige neue Ställe aufgebaut", sagt der Kreisobmann. Das dämme den Bauernschwund ein. Er selbst ist auch noch auf der Suche nach einem Nachfolger für seinen Hof. Die 180 Kühe dort geben jeden Tag etwa 4200 Liter Milch - oder 1,5 Millionen im Jahr. "Wenn da zehn Cent pro Liter fehlen, kann sich jeder ausrechnen, wie viel im Jahr fehlt", sagt Schwarz.
Die Situation im Landkreis Kronach
150 Milchviehhalter gibt es zurzeit im Landkreis Kronach mit insgesamt rund 4000 Milchkühen.
Über die Hälfte der Betriebe wurde in den vergangenen zehn Jahren aufgegeben. Die Zahl der Milchkühe sank dabei um 29 Prozent, während die Milchproduktion nur um sechs Prozent zurückging.
Etwa 3,5 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe schließen im Landkreis jährlich.
Jeder siebte Arbeitsplatz hängt durch Verflechtungen mit dem vor- und nachgelagerten Bereich von der Landwirtschaft ab.
Quelle: AELF Kulmbach