Die Frankenwaldgruppe, für die Wasserversorgung der nördlichen Gemeinden im Landkreis Kronach zuständig, steckt in einer Krise: 65 Millionen Euro an Investitionen in marode Leitungsnetze haben sich angestaut. Ein neuer Vorsitzender soll es nun richten.
Der CSU-Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner wird wohl neuer Vorsitzender der Frankenwaldgruppe (FWG), das sei ihm bei der gestrigen Verbandsversammlung des Wasserzweckverbandes von allen Bürgermeistern parteiübergreifend signalisiert worden. "Man wird mich wohl wählen", sagt Baumgärtner. In den nächsten Tagen soll es so weit sein, er würde dann die bisherige ehrenamtliche Vorsitzende Petra Öhring ersetzten.
Ein Wechsel an der Spitze des Wasserversorgers wurde notwendig, nachdem im Sommer dieses Jahres bekannt wurde, dass unter anderem für die Sanierung der maroden Leitungen ein Investitionsvolumen von 65 Millionen Euro benötigt wird. Zuvor war immer von 35 Millionen Euro die Rede.
Jürgen Baumgärtner will nun vor allem eines: Transparenz schaffen, alles soll nachvollziehbar werden.
Ein Online-Auftritt soll in den nächsten Wochen eingerichtet werden, wo jeder auf seine Fragen antworten erhalten soll. Und er will bei der Landesregierung für einen höheren Fördersatz für die Kooperation mit der Ferwasserversorgung Oberfranken (FWO) eintreten.
Mit der Transparenz fängt Baumgärtner gleich bei seinem ersten Pressegespräch an, eine Stunde nachdem er am Montagnachmittag kommissarisch den Vorsitz der FWG übernommen hat. "Dass es bei den 65 Millionen bleibt, dass bezweifle ich", sagt er und fügt hinzu: "Die durchschnittliche Kostensteigerung bei deutschen Großprojekten beträgt 30 Prozent - das wird hier nicht anders sein."
Zwei Säulen, wie er sagt, gibt es, auf denen die Millionen sozusagen ruhen. Die erste sind die Fernleitungen mit einem Investitionsbedarf von 17 Millionen Euro.
Die zweite, mit den restlichen bislang 48 Millionen Euro, ist die Sanierung der Ortsnetze.
Mögliche Förderung vom Freistaat
Was die erste Säule betrifft, so kommt hier die Landesregierung ins Spiel. Vor drei Jahren wurde die Kooperation mit der FWO und damit die Förderfähigkeit der Fernleitungen beschlossen. Damals waren die Kosten noch auf sieben Millionen geschätzt worden - der Fördersatz wären 50 Prozent, also 3,5 Millionen gewesen. Jetzt beträgt die nötige Investitionssumme 17 Millionen - dementsprechend will Baumgärtner den Fördersatz auf 8,5 Millionen aufstocken. Die verbleibenden Millionen könnten dann als Investitionszuschuss von den Gemeinden kommen, was bedeuten würde, die Bürger würden nicht belastet werden.
Die größten Fehler in der Vergangenheit liegen für Baumgärtner darin, dass lediglich punktuelle Sanierungen durchgeführt wurden - in den vergangenen 25 Jahren wurden lediglich vier Millionen in die Sanierung investiert - und das keine Rücklagen gebildet worden sind. "Strategische Fehleinschätzungen und eine suboptimale Organisationsstruktur des Zweckverbandes", nennt er es. Beides will er nun angreifen. Ersteres in dem er folgende Rechnung aufmacht: "Eine neue Leitung muss nach 15 Jahren bezahlt sein.
Dann bleiben 15 Jahre zum Ansparen und nach 30 Jahren werden die Leitungen neu gemacht." Dass ihm da viele widersprechen würden weiß er, er hält es dennoch für den einzigen vernünftigen Plan: "Reparieren", sagt er "ist teurer als Sanieren." Aber auch Sanieren ist nicht billig.
Nach aktuellen Informationen von Ingenieurbüros liegt ein Meter Ortsleitung bei 230 Euro, ein Meter Fernleitung bei 570 Euro. Insgesamt hat die FWG 90 Kilometer Orts- und 25 Kilometer Fernleitungen im Portfolio.
Was die Organisationsstruktur betrifft, ist Baumgärtner überzeugt, dass es, um eine so hohe Investitionssumme zu schultern, eines Verwaltungsapparats bedürfe. "Momentan haben wir eine Schreibkraft".
Zum einen soll es neben ihm als Vorsitzenden einen Stellvertreter geben. Für den Posten wünscht er sich Richard Rauh, den stellvertretenden SPD-Kreisvorsitzenden, der wiederum eine Zusage an die Bedingung knüpft, zuvor über alle Fakten im Klaren zu sein.
Zum anderen soll es einen Geschäftsführer geben - ob nur für kaufmännische oder auch die technische Aufgaben müsse noch diskutiert werden. Einen Kandidaten gebe es noch nicht.
Geschäftsführer in der FWG wäre wohl kein Ganztagsjob, andererseits, würde die FWG weiter bestehen, so wäre Baumgärtners Wunschkandidat bestenfalls für die nächsten 20 Jahre mit dem Posten verbunden.
Grundsätzlich gebe es für die FWG nun drei Szenarien, deren Vor- und Nachteile in den nächsten Wochen diskutiert werden müssten: Andere vorhandene Netze im Versorgungsgebiet eingliedern, die Fernleitungen an andere Versorger abtreten oder den Zweckverband auflösen. Er würde die erste Lösung bevorzugen. Den Himmel zu grau zu malen, das sei nicht sein Ziel, sagt Baumgärtner. "Wir haben jetzt 20 Jahre Zeit das Problem zu lösen, das werden wir schaffen." Weitere Preiserhöhungen für 2016 schließe er aus.