Küpser Partnergemeinde in Frankreich: Langsam zurück zur Normalität in Plouay

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Blick von der Küste der Belle Ile, eine Insel in der Nähe von Plouay in der Bretagne, der Partnergemeinde von Küps in Frankreich Foto: Rudolf Pfadenhauer
Blick von der Küste der Belle Ile, eine Insel in der Nähe von Plouay in der Bretagne, der Partnergemeinde von Küps in Frankreich Foto: Rudolf Pfadenhauer

Durch die Corona-Pandemie wächst in Plouay, der französischen Partnergemeinde von Küps, die Solidarität. Doch es wird auch Kritik an der Regierung geäußert.

Frankreich wagt sich mit kleinen Schritten in Richtung Normalität. Premierminister Édouard Philippe verkündete am Dienstag vor einer Woche den Plan aus dem Lockdown. Ab 11. Mai sollen die seit Mitte März geltenden Ausgangsbeschränkungen sukzessive gelockert werden, vorausgesetzt die Zahl der Neuinfektionen sinkt weiterhin. Das betrifft auch die Küpser Partnergemeinde Plouay in der Bretagne.

Zu den geplanten Maßnahmen gehören Reisen und Ausflüge im Umkreis von 100 Kilometern des Wohnortes, für die kein Passierschein mehr nötig ist. Aktuell müssen die Franzosen dieses Formular bei sich haben, sobald sie das Haus verlassen. Außerdem plant die französische Regierung alle Geschäfte - ausgenommen Cafés, Bars und Restaurants - wieder zu öffnen. Zudem dürfen die Bürger wieder uneingeschränkt Sport treiben und sich mit bis zu zehn Personen treffen.

Einheitliche Regelungen

Im Gegensatz zu Deutschland, wo jedes Bundesland seine eigenen Corona-Maßnahmen veranlasst, gelten in Frankreich die von der Regierung getroffenen Entscheidungen für das gesamte Land. Frankreich ist in Regionen und Departments unterteilt, in denen jeweils ein Präfekt ernannt wird. Dieser staatliche Vertreter ist für die lokale Umsetzung der nationalen Entscheidungen verantwortlich.

Da die verschiedenen Regionen Frankreichs jedoch unterschiedlich stark vom Coronavirus betroffen sind, ist es den örtlichen Behörden erlaubt, die ab 11. Mai geplanten Lockerungen an die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Dies bedeutet, dass die Vorschriften in den Departments verschärft oder erleichtert werden dürfen.

Menschen zeigen sich solidarisch

Zwei Einwohner aus der französischen Gemeinde Plouay erzählen, wie sie die Corona-Pandemie in ihrem Land erleben. Zwischen dem in der Bretagne liegenden Plouay und Küps besteht eine Partnerschaft, die im Jahr 1996 besiegelt wurde. Der deutsch-französische Partnerschaftsverein Küps-Plouay entstand. Seitdem finden zwischen den beiden Gemeinden regelmäßige Besuche statt.

Vorstand des Partnerschaftsvereins auf französischer Seite ist Jean-Jacques Jaffré. "Wir erleben viele Gesten der Solidarität", erzählt der 66-Jährige. "In diesen schwierigen Zeiten ist Solidarität in Plouay jedermanns Sache." Für isolierte ältere Menschen sei eine Solidaritätskette eingerichtet worden. Beamte riefen bei den Betroffenen regelmäßig an, um sich nach ihnen zu erkundigen.

Außerdem berichtet Jaffré von der 80-jährigen Marie-Thérèse Nicolas. "Eine Großmutter von neun Enkelkindern setzt ihre Talente als Näherin zum Wohle der Gemeinschaft ein." Die 80-Jährige näht Schutzmasken aus Stoff für Pflegepersonal, Mitarbeiter in der Kinderbetreuung, die Gendarmerie oder die Stadtpolizei.

Doch nicht alle Franzosen haben in diesen Zeiten eine Aufgabe. Infolge der Beschränkungen seien teilweise Menschen arbeitslos geworden, weiß Jaffré. "Obwohl die Regierung viele Unterstützungsmaßnahmen angekündigt hat, werden bestimmte berufliche Sektoren Schwierigkeiten haben, sich zu erholen", meint er.

Jaffré selbst ist seit 2018 im Ruhestand und arbeitete zuvor als Ingenieur in einem IT-Unternehmen. "Viele Unternehmen in der Bretagne haben aufgrund der Eindämmungsmaßnahmen ihre Türen geschlossen", erzählt er. Dies hätte den zuständigen Präfekten Patrice Faure alarmiert, der dazu aufforderte, die Arbeit wieder aufzunehmen. Faure zufolge hätten viele Unternehmen die staatlichen Maßnahmen falsch interpretiert und ihre Arbeit eingestellt, obwohl sie nicht von den Verboten betroffen waren.

Der Franzose Gaetan Le-Bihan aus Plouay arbeitet als Krankenpfleger in einer Schule. Dort behandelt er Verletzungen und hilft Schülern mit psychischen Problemen. Außerdem gibt er Sexualkundeunterricht und klärt über Themen wie Drogensucht auf. "Seit Beginn der Eindämmungsmaßnahmen sind die Schulen geschlossen und ich bin gezwungen, zu Hause zu bleiben", sagt Le-Bihan. Seine Kinder und er verlassen das Haus kaum, lediglich seine Frau Florence geht einmal in der Woche einkaufen. "Die Situation ist angenehm, weil wir ein großes Haus mit einem Garten haben. Und das Wetter ist bisher schön gewesen", erzählt Le-Bihan. "Ich vermisse nur das Fitnessstudio und ab und zu irgendwo einen trinken zu gehen."

Als er nach einem Monat ohne jeglichen Ausgang zum Einkaufen musste, nutze er die Gelegenheit für eine Spazierfahrt mit seinem Motorrad. "Ich fuhr auf kleinen Straßen, um die Frühlingslandschaft zu genießen. Aber auch, um von den Gendarmen nicht erwischt zu werden", verrät er.

Viele Todesfälle

Mit über 23 000 Corona-Todesfällen gehört Frankreich zu den am stärksten getroffenen Ländern in der EU. "Die Lage in Deutschland bessert sich. Auf unserer Seite zählen wir die Toten und versuchen den Mangel an Masken, Tests und Schutzkleidung zu managen", sagt Le-Bihan. Für die fehlende Schutzausstattung erntete Frankreich heftige Kritik. Ebenso für den Umgang mit der Krise. Die französische Regierung hatte ihren Kurs häufig geändert und den Ernst der Pandemie anfangs heruntergespielt. Dadurch sank das Vertrauen in Präsident Emmanuel Macron. Auch Le-Bihan äußert Kritik: "Deutschland ist mit der Krise wirklich besser umgegangen als Frankreich. Unsere Regierung hat vergessen, dass regieren auch vorhersehen bedeutet."