Kronacher Allianz gegen Cyber-Mobbing

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Wer fiese Leute kennt, kann schnell Opfer von Cyber-Mobbing werden. Foto: Oliver Berg/dpa
Wer fiese Leute kennt, kann schnell Opfer von Cyber-Mobbing werden. Foto: Oliver Berg/dpa

Einmal im Jahr informieren die Jugendämter bundesweit über ihre Aufgaben. Das Thema heuer: Gemeinsam mit den Jugendsozialarbeitern und der Polizei bildet das Jugendamt im Kreis eine Allianz gegen Cyber-Mobbing.

Neulich in einer WhatsApp-Gruppe: A schreibt: "Ich sag nur Vorhang", daraufhin schreibt B: "Hahaha, ich weiß" und C schreibt: "Was meint ihr damit?" A und B unterhalten sich weiter, ignorieren C. Nach einer Stunde dann ist C fertig mit der Welt und weiß nicht, was sie falsch gemacht hat.

Das Beispiel stammt von Nicole Horn, Jugendsozialarbeiterin und als solche der verlängerte Arm des Jugendamtes. Sie sitzt in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien, gegenüber vom Landratsamt an einem runden Tisch. Neben ihr sitzen Stefan Luthardt, Jugend-Kontakt-Beamter der Kronacher Polizei, und Christian Krauß, Leiter der Beratungsstelle. Seit einiger Zeit bilden diese drei Stellen eine Allianz gegen das Mobbing von Jugendlichen über das Internet.
Unabhängig voneinander seien sie auf das Thema aufmerksam geworden, sagt Christian Krauß. "Die Sorge um das Wohl der Jugendlichen verbindet uns."

Insgesamt fünf Jugendsozialarbeiter sind an den Mittelschulen im Kreis sowie der Pestalozzi-Schule im Einsatz. Nicole Horn ist eine davon. Ihr Büro hat sie in der Mittelschule in Kronach. Zu ihr kommen Lehrer, denen etwas am Verhalten ihrer Schüler komisch vorkommt, Eltern, die sagen: "Mit meinem Kind stimmt etwas nicht, es will aber nicht darüber sprechen, haben sie vielleicht etwas mitbekommen?" und zu ihr kommen Schüler, die sagen: "Ich werde im Internet gemobbt." In den meisten Fällen sind es Mädchen - Täter und Opfer gleichermaßen. Und in den meisten Fällen sind sie in der achten Klasse. Horn versucht auch selber einen Überblick darüber zu behalten, wer öfter fehlt - und frage gegebenenfalls bei den Eltern nach, ob alles in Ordnung ist.


Täter nicht an den Pranger stellen

Kommt ein Schüler direkt zu ihr, dann lässt sie sich zeigen, wie sich das Cyber-Mobbing darstellt. "Die Schüler haben manchmal eine andere Definition wie ich. Wenn einer einmal als Depp oder Schlampe bezeichnet wird, ist das noch kein Cyber-Mobbing", sagt sie. Den Schülern rät sie in jedem Fall: "Speichert alles ab." Und dann richtet sie so genannte Unterstützungsgruppen ein. Darin sind bis zu acht Personen - Opfer, Täter und Unbeteiligte.

Den Tätern wird die Tat als solche nicht vorgeworfen, es wird vielmehr klargemacht, dass es einer Person in dieser Gruppe nicht gut geht und es werden Vorschläge erarbeitet, wie sich das wohl ändern lässt. "Mit dieser Methode habe ich bisher nur gute Erfahrungen gemacht", sagt sie.

Cyber-Mobbing gibt es schon, so lange es das Internet gibt. Angestiegen sind die Fälle nochmals mit der mobilen Nutzung der sozialen Netzwerke auf dem Smartphone. Stefan Lut hardt ist Jugend-Kontakt-Beamter der Polizeiinspektion Kronach. Zwischen 20 und 30 Anzeigen nimmt er derzeit im Jahr auf. Es gab Zeiten, da waren es zwei oder drei.

Luthardt ist aber auch überzeugt, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegt. Und eine Anzeige ist häufig nur der letzte Schritt - gemobbt wird auch schon vorher. Von den 20 bis 30 Schülern, die an Nicole Horns Schule pro Schuljahr Opfer von Cyber-Mobbing werden, bringen im Schnitt zwei ihren Fall auch zur Anzeige. "Die Sozialarbeiter, aber auch die Medienscouts des Weißen Rings nehmen uns da viel Arbeit ab", sagt Luthardt. Sie können oft die größten Schäden schon abwenden.

Wird dann tatsächlich Anzeige erstattet, reichen die Tatbestände von Beleidigung über Sachbeschädigung bis hin zu Körperverletzung. In letzter Zeit, sagt Luthardt, zeichne sich eine neue Qualität der Anzeigen ab. War es vor Kurzem noch die Beleidigung, die am häufigsten aufgenommen wurde, sei es mittlerweile die Nachstellung - also das jemand dauerhaft von jemandem angeschrieben und verfolgt wird. Bei den Betroffenen kann das bis zur Todesabsicht führen. Derzeit habe er zwei Fälle, sagt Luthardt, in denen die Betroffenen einen Selbstmordversuch hinter sich haben. Das sind zwei mehr als im vergangenen Jahr.

Cyber-Mobbing erkennen und richtig dagegen vorgehen

Was ist Cyber-Mobbing?
- Belästigen, Bedrohen, Bloßstellen, Ausgrenzen
- Absichtlich und über einen längeren Zeitraum
- Von einer Person oder einer Gruppe
- Mithilfe elektronischer Kommunikationsmedien (Handy, Internet)
- Kann anonym stattfinden
- Man ist einer größeren Öffentlichkeit ausgeliefert
- Das Internet vergisst nichts
- Diese Form des Mobbings kann rund um die Uhr stattfinden und eine Eigendynamik entwickeln

Was kann ein Betroffener tun?
- Nicht direkt auf Beleidigungen oder Provokationen reagieren
- Den Chatverlauf sichern
- Sich bei einer Vertrauensperson Unterstützung suchen (Eltern, Lehrer, Weißer Ring)
- Mobber löschen oder blockieren
- Neuen Account erstellen/neue Handynummer
- Das Mobbing beim Administrator melden
- In schweren Fällen: Strafanzeige stellen

Wie kann man vorbeugen?

- Begleitetes Heranführen des Kindes/Jugendlichen an digitale Medien
- Mit gutem Vorbild den respektvollen Umgang miteinander vorleben
- Kinder/Jugendliche für die gravierenden Folgen von Cyber-Mobbing sensibilisieren
- Sichere Einstellungen für Profile bei sozialen Netzwerken
/> - Vorsicht beim Einfügen freizügiger Bilder/Videos

Hilfe im Landkreis Kronach:
- Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien
- Jugendsozialarbeit an der Schule
- Polizei
- Im Internet unter folgenden Adressen: www.mobbing.seitenstark.de; www.saferinternet.at; www.nummergegenkummer.de; www.jugendschutz.net; www.klicksafe.de; www.elternimnetz.net; www.polizei.bayern.de/oberfranken