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Kronach will ein einziges Nahverkehrskonzept für den ganzen Kreis


Autor: Andreas Schmitt

Kronach, Montag, 19. November 2018

Der Kreis Kronach will sich ein Nahverkehrskonzept geben. Schulverkehr und ÖPNV sollen komplett verschmelzen - gesteuert von einer Mobilitätszentrale.
Ab 2020 sollen Rufbusse die Zentren des Kreises Kronach mit der Peripherie verbinden. Foto: Archiv/Marco Meißner


Diesmal soll es klappen: Nachdem ein erster Anlauf 2016 gescheitert ist, will sich der Landkreis Kronach nun ab 2020 ein neues Mobilitätskonzept für den Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) geben. Einem diesbezüglichen Beschlussvorschlag folgte der Kreisausschuss am Montag einstimmig.

Debatte über Nahverkehrsplan im Wirtschaftsausschuss

"Erstmals seit 25 Jahren haben wir den Nahverkehrsplan des Landkreises komplett überarbeitet", sagte Willibert Fehn, Regionalmanager am Landratsamt. Er stellte den aktuellen Planungsstand vor. Das Ziel des Projekts: die Schülerbeförderung verbessern und die Fahrten der Menschen zur allgemeinen Daseinvorsorge erleichtern.

Das elementar Neue dabei: Im Gegensatz zu 2016, als man lediglich zusätzliche Rufbusse zwischen den ÖPNV-Linienverkehr schalten wollte, sollen nun freigestellter Schülerverkehr und Nahverkehr komplett verschmelzen. "Bislang haben die Kommunen oder Schulverbände die Grund- und Mittelschulen bedient und der Landkreis die weiterführenden Schulen. Jetzt wird alles in die Hand des Landkreises gelegt", erklärt Fehn.

Dazu will der Landkreis mit den Kommunen eine Zweckvereinbarung treffen. Diese sieht unter anderem vor, dass die Schulen ihre Unterrichtszeiten nach dem Bedienungskonzept richten. So sollen die weiterführenden Schulen weiterhin um 7.40 Uhr starten, die anderen etwas später. "Dadurch sparen wir uns Busse, weil manche mehrere Schulen bedienen können, und haben früh mehr Rollmaterial auf der Straße", sagt Fehn.

Maximal eine Stunde unterwegs

So soll das anvisierte Ziel, wonach Schüler von der ersten Haltestelle bis zur Schule von allen Ecken des Kreises maximal eine Stunde unterwegs sind, erreicht werden. Inklusive aller Umsteige- und Wartezeiten.

Auch will der Landkreis dafür sorgen, dass die Bedienung des Schülerverkehrs flächendeckend auch Nachmittags stattfindet. Bislang war dies in vielen Kommunen nur an einzelnen Wochentagen der Fall.

ÖPNV ist auch für Hochschulregion Kronach wichtig

Aktuell, so Willibert Fehn, hätten bereits die Städte Teuschnitz und Ludwigsstadt, die Märkte Küps, Nordhalben und Tettau sowie die Gemeinden Wilhelmsthal, Weißenbrunn und Stockheim einen positiven Beschluss gefasst. Alle weiteren Kreiskommunen haben diesen in Aussicht gestellt. Dadurch kann der Landkreis für den ÖPNV zukünftig sowohl auf die bislang bereits eingesetzten Gelder als auch auf die der Kommunen (jeweils etwa zwei Millionen Euro) zurückgreifen.

Mobilitätszentrale steuert

Gesteuert werden soll das Konzept von einer Mobilitätszentrale. "Die Schulleiter müssen wissen, wo sie im Fall der Fälle anrufen können. Dafür brauchen wir vier bis fünf Personen", sagte Landrat Klaus Löffler (CSU). 2019 sollen die Stellen geschaffen werden. Ob sie mit Mitarbeitern des Landratsamtes oder durch neue Kräfte besetzt werden, ist noch unklar.

Die Zentrale soll Ansprechpartner sein für Kunden, Schulen und Gemeinden und hat jederzeit Kenntnis vom Standort der Fahrzeuge. Fehn: "Die Mobilitätszentrale ist ein Quantensprung hin zu einer Professionalisierung des Nahverkehrs."

Vorbereitungen laufen

Die Vorbereitungen zu dem Projekt laufen bereits seit April 2017. Einem ersten Gespräch zwischen dem Regionalmanagement, dem Planungsbüro "Nahverkehrsberatung Südwest" und den Schulleitern folgte eine Bürgermeisterdienstversammlung im Mai 2017. Viele weitere Treffen folgten.

Los gehen soll es mit dem neuen Konzept am 1. August 2020. "Ursprünglich wollten wir zum 1. Dezember 2019 starten. Die Schulen überzeugten uns aber, dass es während des Schuljahres nicht geht", berichtet Willibert Fehn.

Rufbusse ergänzen Achsen

Das neue System unterscheidet zwischen Hauptachsen, Nebenachsen und einem Grundangebot. Zusätzlich soll der Kronacher Stadtbus künftig auch nach Küps und Weißenbrunn fahren. Wichtige Bedeutung haben die Mittelzentren Kronach und Ludwigsstadt, die auch zentrale Umstiegsorte zu den Zuglinien sind.

Ergänzt werden soll das System durch Rufbusse, welche die Zentren an sieben Tagen der Woche von 6 bis 23 Uhr mit der Peripherie verbinden. Bisher richtet sich der ÖPNV stark an der Nord-Süd-Ausdehnung des Kreises und an den verschiedenen Flusstälern. Die Rufbuslinien sollen parallel dazu vor allem Ost-West-Verbindungen anbieten. "Mit den Rufbussen erschließen wir jetzt verstärkt die Fläche", freut sich Fehn.

Auch im Kreisausschuss: Der Landkreis Kronach erhöht die Müllgebühr

Das Vorgehen: Es gibt einen Linienplan. Und wenn jemand mit einem gewissen - noch nicht genau definierten - Vorlauf anruft, kommt der Bus zur jeweiligen Haltestelle. Wenn nicht, dann nicht.

Zu guter Letzt soll der Anschluss an die Nachbarlandkreise verbessert werden. "Um das im Detail auszuformen, müssen noch Gespräche geführt werden", sagt Fehn.

"Die Vernetzung nach Osten ist für uns wichtig", mahnte Jens Korn (CSU), Bürgermeister von Wallenfels, an. "Eine Direktbusverbindung nach Coburg wäre gut. Der Umstieg zur Bahn ist kein Königsweg", sagte Ralf Pohl (SPD).

Generell fand das Projekt aber die volle Zustimmung der Kreisräte. "Damit gibt es eine Perspektive für die Bürger", meinte Hans Rebhan (CSU). "Das Thema zieht sich seit drei Jahren durch die Gremien. Zeit, dass wir das umsetzen", forderte Richard Rauh (SPD).

"Wir können nicht alles vorher klären, manches merkt man erst in der Praxis. Aber es liegt an uns, ob das klappt", befand Petra Zenkel-Schirmer (Frauenliste). "Die Wichtigkeit ist unbestritten. Das Angebot, gut von A nach B zu kommen, ist zentral für die Zukunft", sagte Stefan Wicklein (FW).

"Das Konzept ist eine riesige Gemeinschaftsleistung", lobte Landrat Löffler. Ausgeschrieben werden die Aufträge für die Buslinien europaweit für zehn Jahre. "Die Unternehmer müssen wissen, dass sie in Busse investieren können", erklärte Fehn.

Am 10. Dezember stimmt der Kreistag über das Konzept ab. Nickt er es ab, könnte rund um den Jahreswechsel die Ausschreibung starten. Das Verfahren dauert etwa drei Monate.

Was sonst noch beschlossen und besprochen wurde: Splitter aus dem Kronacher Kreisausschuss

Digitale Bildungsregion Seit 2016 trägt der Landkreis das Qualitätssiegel "Bildungsregion in Bayern". Nun ruft das Kultusministerium die nächste Sufe aus - die "Digitale Bildungsregion". Dies sei zwar ein "Titel ohne Mittel", sagte Gabriele Riedel, Zukunftscoach am Landratsamt. Dennoch hätte bereits das erste Siegel mehr Chancen eröffnet als gedacht. Einstimmig sprachen sich die Kreisräte dafür aus, ein Konzept zur Erlangung der zweiten Stufe auszuarbeiten.

Stromleitung Keine Einwände zeigten die Kreisräte gegen den Neubau einer Starkstromleitung von Redwitz (Kreis Lichtenfels) nach Schwandorf (Oberpfalz), die den Kreis Kronach bei Burkersdorf auf 1,1 Kilometern durchstreift. "Mit dem betroffenen Landwirt wurden Gespräche geführt", erläuterte Wolfgang Puff von der Wirtschafts- und Strukturentwicklungsgesellschaft des Landkreises. Er erläuterte, dass die Leitung anstatt einer bestehenden entstehe, die zurückgebaut werde. Einem kompletten Neubau nämlich, das betonten einige Räte aufgrund der aktuellen Diskussion, stehe man im Kreis Kronach ablehnend gegenüber.

Festung Rosenberg Der Landkreis unterstützt die Bautätigkeiten am Wahrzeichen der Kreisstadt für die Jahre 2019 bis 2021 jährlich mit Haushaltsmitteln von 120 000 Euro jährlich. "Wir gehen auf die Zielgerade. Da werden die Kosten immer höher", begründete Stefan Wicklein (FW), gleichzeitig Hauptamtsleiter der Stadt Kronach, die Bitte um Unterstützung, der die Kreisräte einstimmig folgen. Insgesamt werden im aktuellen Bauabschnitt über 6 Millionen Euro verbaut. Ein großer Teil der Mittel kommt vom Freistaat Bayern, ein anderer "Batzen" von der Stadt Kronach.

Ölschnitzsee Der Freizeitsee bei Windheim soll - wie berichtet - als touristische Attraktion aufgewertet werden. Den diesbezüglich gestellten Förderbescheid hat die Regierung von Oberfranken nun bewilligt. Zwar fand sie, wie Kreiskämmerer Günther Daum mitteilte, nicht förderfähige Kosten in Höhe von 100 000 Euro. Der Zuschuss beträgt aber immer noch rund 1,5 Millionen Euro. "Die Sache drängt", sagte Daum. Denn die Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO) will schon 2019 am See bauen. Und in Zuge dessen soll auch das Projekt des Kreises umgesetzt werden.