Für das Lichtevent in Kronach ist Michael Müller von der Hochschule Coburg bald wieder im Einsatz. Sein Herz hängt aber an Festinstallationen.
Michael Müllers Kopf ist ständig in Bewegung. Seine Augen wandern über den Marienplatz, mustern aufmerksam die Häuser auf der anderen Straßenseite und springen plötzlich wieder hoch zur Stadtpfarrkirche. Er hat seinen "Lichtblick" eingeschaltet. Es ist zwar heller Nachmittag, doch in seinem Kopf scheint längst die Nacht über
Kronach hereingebrochen zu sein. Und er sieht, was mit einer cleveren Beleuchtung alles möglich wäre, um den Charakter des historischen Stadtkerns weiter herauszuarbeiten.
Bei "Kronach leuchtet" vom 28. April bis 7. Mai wird der Fachmann von der Hochschule Coburg gemeinsam mit zwölf Studenten wieder seine Leuchtspuren in der Cranach-Stadt hinterlassen. Sein Team wird sich des Bereichs im Umgriff der Kühnlenzpassage annehmen. "Ein interessantes, aber schwieriges Ding", gesteht er. "Da geht es um Feinheiten."
Erste Schritte
Das Besondere: Diesmal begleiten ihn ausschließlich Novizen, Zweitsemester, die noch nie ein Lichtprojekt in die Praxis umgesetzt haben. Dafür kann er selbst mit reichlich Erfahrung aufwarten: Seit 2007 ist Müller schon in Kronach am Start. Darüber hinaus kümmerte er sich schon um zahllose weitere Beleuchtungsprojekte. Aktuell ist er in Staffelstein aktiv.
Doch bei seinem Gespräch mit unserem Reporter geht es weniger um das bevorstehende Lichtevent in Kronach, als vielmehr um das Hoffen der "Kronach leuchtet"-Verantwortlichen und der Stadtratsmitglieder, die Lust der Bürger auf Festinstallationen im historischen Stadtkern zu wecken. Dort sieht Müller reichlich Möglichkeiten, auch das Interesse, aber bisher eine niedrige Umsetzungsquote.
Zwei Gründe
"Das normale Prozedere: Der Kunde kommt auf mich zu, ich erstelle ihm ein Entwurfskonzept, und darin sind dann die Kosten für eine Festinstallation verankert", erklärt Müller. Die Nachfrage sei vielerorts hoch. Wenn er seine Überlegungen dann vom Papier oder Computer-Bildschirm auf die Realität übertrage und aus seinem reichhaltigen Fundus an Leuchtmitteln eine Probebeleuchtung aufbaut, herrsche in aller Regel eine riesige Begeisterung.
Warum gibt es dann nicht schon mehr dauerhaft beleuchtete Häuser in der Region? Müller spricht zwei Gründe an. "Eine temporäre Beleuchtung kostet einen Apfel und ein Ei im Vergleich zur Festinstallation." Das sei vielen Interessenten nicht bewusst. Doch einen Leuchtenpositionsplan zu erstellen, Leitungen zu vergraben, und spezielle Strahler zu installieren sei eine andere Hausnummer, als alles für ein Event oder einen Test auf Zeit anzubringen. Zudem lasse sich vor der Planung nur schwer sagen, wie teuer eine Beleuchtung exakt werde. Das sei von Haus zu Haus ganz unterschiedlich und lasse sich auch nicht auf seriöse Weise schätzen. Mit pauschalen Preisen zu arbeiten, hält Müller nicht für zielführend - zumindest nicht, wenn die Beleuchtung am Ende richtig gut aussehen soll. Als zweiten Hemmschuh gebe es den Faktor Überzeugungsarbeit. Weniger wegen der Preise als vielmehr wegen der Installation selbst. Wenn beispielsweise ein Leuchtmittel am Dachgiebel fixiert werden muss, werde der eine oder andere Hausbesitzer zögerlich. Doch positioniere man die Lampe anders, könne so etwas den ganzen Effekt des ausgeklügelten Konzepts zerstören. Wenn da ein Strahler auch nur um zehn Zentimeter verrückt werde, könne es dazu führen, dass ein sehr komischer Eindruck entstehe. Dann heiße es für Müller, umplanen und immer wieder darüber diskutieren.
"Nur circa zehn Prozent der temporären Installationen werden zu Festinstallationen", sagt der Lichtexperte aus eigener Erfahrung. In Kronach habe es bisher von seiner Seite noch mit keiner Festinstallation geklappt.
Vielleicht spielt da auch sein Grundsatz mit hinein, nicht einfach etwas aufs Geratewohl zu installieren. Seine Arbeit soll Hand und Fuß haben - und vor allem seine Philosophie vermitteln. "Eine natürliche Wirkung ist für eine Festinstallation am besten", erklärt er. Deshalb ist er kein Fan von viel Farbe. Bei einer dauerhaften Beleuchtung sehe man sich daran schnell satt. Mit weißem Licht in seinen diversen Tönen lasse sich viel mehr aus einer Fassade herausarbeiten.
Müller blickt sich wieder um. Er erkennt sofort ein Haus mit drei eckigen Ärkern und einem hervorgehobenen runden; an solchen Details lasse sich mit weißem Licht einiges herauskitzeln. Etwas skeptisch blickt er zu den Strahlern, die vom Marienplatz aus hoch zur Kirche zeigen. Er spricht von Lichtsmog, von der Beleuchtung des Nebels bei schlechtem Wetter, und er erklärt, dass er da lieber Strahler direkt bei der Kirche verwendet hätte.
Vier Grundsätze
Prinzipiell verfolgt er bei Fest-installationen vier Grundsätze: Man brauche die richtigen Strahler mit der richtigen Lichtstärke und der richtigen Lichtfarbe im richtigen Abstand. So könne man Feinheiten herausarbeiten, die dem Betrachter beim Blick auf ein Gebäude im Hellen gar nicht mehr auffallen.
Wo er in Kronach am liebsten damit loslegen würde? "In der Amtsgerichtsstraße gibt es mehrere Gebäude, die ich gerne als Festinstallation sehen würde", sagt er. Diese Straße empfindet er als oft etwas stiefmütterlich behandelt. Dabei gebe es dort mit dem Gerichtsgebäude, dem Rubel-Haus etc. viele reizvolle Möglichkeiten, denen seiner Ansicht nach ein dauerhafter "Lichtblick" gegönnt werden sollte.