Ab heute sollen laut dem Gesundheitsminister flächendeckend Corona-Schnelltests in Altenheimen und Kliniken angewandt werden. Doch im Kreis Kronach sind sie noch nicht angekommen. Wir haben uns auf die Suche gemacht.
Die Idee von Jens Spahn klang gut: Pflegeheime und Krankenhäuser sollen flächendeckend mit Antigen-Schnelltests ausgestattet werden. Besucher und Beschäftigte sollen binnen 15 Minuten wissen, ob sie mit dem Virus infiziert sind oder nicht. Erst wenn der Test grünes Licht gibt, dürfen sie das Pflegeheim oder das Krankenhaus betreten. Theoretisch.
"Antigentests bieten die Möglichkeit, mehr zu testen und schneller Infektionen zu erkennen", erklärt das Bundesgesundheitsministerium. Die Risikogruppen - alte und kranke Menschen - könnten so noch besser geschützt werden. Diese Testverordnung tritt heute in Kraft. Wie möchten wissen, wie die Schnelltests in der Praxis ablaufen und fragen in unseren örtlichen Pflegeheimen nach. Dort würde man unsere Fragen auch gerne beantworten, kann es aber nicht. Die Tests sind bislang noch nicht angekommen.
Karin Büttner nimmt es am Mittwoch mit Humor: "Vielleicht stehen morgen ja ein paar Kartons vor der Tür." So richtig glaubt die Leiterin des Lucas-Cranach-Seniorenwohnhauses der Diakonie aber nicht daran, denn: "Bis jetzt haben wir noch keine Meldung bekommen, was wir machen müssen."
Darum machen die Mitarbeiter am Flügelbahnhof erst einmal weiter wie bisher. Der Haupteingang im Seniorenheim bleibt geschlossen, Besucher haben nur während der Bürozeiten über den Seiteneingang Zutritt. Der Termin muss vorher telefonisch vereinbart werden. Sollten die Schnell-Tests demnächst eintreffen, würden die Mitarbeiter die Angehörigen dort abfangen und ihnen erst den Zutritt gewähren, wenn das Ergebnis negativ ausfällt.
"Alles, was wir wissen, haben wir auch nur über die Medien erfahren", schildert auch das Caritas-Pflegeheim St. Elisabeth in Wallenfels. In Marktrodach kann man uns ebenfalls nicht weiterhelfen. "Ich bin genauso schlau wie die anderen. Wir haben noch von keiner offiziellen Stelle was gehört", berichtet der Leiter des ASB-Seniorenzentrums Patrick Barnickel in Marktrodach. Zwar würden regelmäßig neue Informationen zu Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen eingehen. Doch bezüglich der Schnelltests: noch nichts.
Dabei würde es Barnickel begrüßen, wenn seine Mitarbeiter die Möglichkeit hätten, die Besucher auf das Virus zu testen. "Gerade bei den Besuchen ist das Risiko am größten, dass doch mal etwas ins Heim herein kommt. Und die Sicherheit unserer Bewohner ist das Wichtigste."
Derweil fragt sich Peter Schulz, Leiter des BRK-Seniorenheims in Ludwigsstadt, wie die Schnelltests ablaufen werden. "Können wir sie überhaupt selbst durchführen?" Zumindest darauf gibt das Gesundheitsministerium auf seiner Homepage bereits eine Antwort: "Alle zurzeit auf dem Markt befindlichen Antigen-Schnelltests müssen von geschultem, medizinischem Personal durchgeführt werden." Wie das in der Praxis aussieht, wird sich zeigen, wenn die Tests in Kronach eingetroffen sind.
Doch wo sind sie abgeblieben? Peter Schulz hat da so eine Vermutung: "Vielleicht hat man uns hier in Kronach einfach vergessen." Kann das stimmen? Wir rufen bei ein paar Altenheimen in München an. Doch auch in der Landeshauptstadt wird offenbar noch nicht getestet: "Wir haben auch noch nichts gehört", bestätigt die Mitarbeiterin eines Heims am Telefon. Verwunderlich findet sie das jedoch nicht: "Das geht schon die ganze Corona-Zeit so, dass die Politik tönt und die konkreten Anweisungen dann erst nach einer Woche oder noch später kommen."
Vielleicht kann das Kronacher Landratsamt weiterhelfen, hoffen wir. Doch auch dort liegen laut dem Pressesprecher Alexander Löffler noch keine Informationen vor. Tests seien auf jeden Fall noch keine da. Vom BRK-Kreisgeschäftsführer Roland Beierwaltes erhalten wir dann jedoch einen Tipp: "Von unserem Verband haben wir erfahren, dass es diese Woche noch detaillierte Informationen von der Bayerischen Staatsregierung geben soll." Ähnlich wie zu den Corona-Hochzeiten, als die örtlichen Verbände des Technischen Hilfswerks Materialien wie Masken und Handschuhe verteilt haben, würden die THW-Helfer dann wahrscheinlich auch zeitnah die Seniorenheime mit den Schnelltests beliefern.
Vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erhalten wir auf unsere Anfrage folgende Rückmeldung: "Für den Freistaat hat das Bayerische Gesundheitsministerium insgesamt 10,5 Millionen Antigen-Schnelltests bis mindestens Ende Januar 2021 gesichert." Die Antigen-Schnelltests könnten eine wichtige Unterstützung im Kampf gegen die Corona-Pandemie sein, wenngleich sie kein vollwertiger Ersatz für die genaueren PCR-Tests sind. Eine Antwort auf die Frage, wann diese wichtige Unterstützung geliefert wird, erhalten wir jedoch nicht.
Licht ins Dunkel bringt schließlich jemand, der an der Quelle sitzt: Bundestagsabgeordneter Hans Michelbach. Die Nachricht, dass offenbar noch keine Schnelltests da sind, überrascht den Christsozialen. "Aus ein paar anderen Bundesländern habe ich mitbekommen, dass sie dort bereits regional angewandt werden." Michelbach verspricht, beim zuständigen Staatssekretär im Gesundheitsministerium nachzuhaken und meldet sich kurz darauf noch einmal: "Das Ministerium recherchiert nun, an was es liegt und kümmert sich darum."
Alles nur ein großes Missverständnis?
Und schließlich erhalten wir kurz vor Redaktionsschluss noch einen Anruf vom Ministerium selbst. Dieses, so wird uns erklärt, setzt den gesetzlichen Rahmen für die Schnelltests. Für die Umsetzung sei jedoch die Selbstverwaltung zuständig. Zu dieser zählen Sozialversicherungsträger, Kommunen und Verbände. Pflegeheimen steht je nach Anzahl der Bewohner ein bestimmtes monatliches Kontingent zur Verfügung: 50 Schnelltests pro Bewohner. Mit diesem Kontingent können dann auch Besucher und das Personal getestet werden. Sich um die Tests bemühen man sich vor Ort allerdings selbst. Wie das genau in der Praxis aussieht, sei von Bundesland zu Bundesland und von Kommune zu Kommune unterschiedlich. So sei das eben mit der Selbstverwaltung.
Jetzt ist uns auch klar, warum in Kronach und auch andernorts noch keine Schnelltests angekommen sind: Wenn eine Kommune nicht weiß, dass sie sich selbst um die Schnelltests kümmern muss, macht sie es auch nicht. Es brauche eben seine Zeit, bis Gesetze und Verordnungen kommuniziert werden, meint das Gesundheitsministerium. Das haben wir gemerkt. Zumindest wissen wir in Kronach jetzt, was wir zu tun haben.
So funktionieren die Corona-Schnelltests:
Der Test basiert auf dem Nachweis von SARS-CoV-2-Eiweißen. Dazu muss ein Abstrich im Nasenrachenraum vorgenommen werden, der dann in eine Kontrolllösung gegeben wird. Die Antigen-Schnelltests müssen von geschultem, medizinischem Personal durchgeführt werden.
Die einfachere Auswertung eines Antigentests erlaubt die Tests auch außerhalb eines Labors, zum Beispiel in einer Pflegeeinrichtung oder medizinischen Einrichtungen und Arztpraxen ohne Diagnostiklabor. Nach 15 bis 20 Minuten soll der Test anzeigen, ob jemand infiziert ist oder nicht.
Inzwischen werben die verschiedenen Hersteller der Schnelltests mit einer Genauigkeit zwischen 96 und 99 Prozent.