Druckartikel: Polizei geht die Kritik eines Hummendorfers zu weit

Polizei geht die Kritik eines Hummendorfers zu weit


Autor: Marian Hamacher

Weißenbrunn, Freitag, 05. April 2019

Anwohner Dieter Herlein ist überzeugt, dass die Polizei die für Lkw gesperrte Durchfahrtsstraße von Hummendorf nach Weißenbrunn nicht gut genug kontrolliert - was inzwischen auch auf Bannern zu lesen ist. Die Kronacher Polizei will sich das allerdings nicht gefallen lassen.
Auf der Seite seines Grundstücks, die an die Straße grenzt, hat Dieter Herlein Protestbanner angebracht. Foto: Marian Hamacher


Plakate, die der Polizei Untätigkeit vorwerfen? Was derzeit in Hummendorf zu sehen ist, dürfte Cineasten ziemlich bekannt vorkommen. Zumindest im Ansatz. Bei der Oscarverleihung 2018 räumte der Spielfilm "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" zwei der begehrten Trophäen ab.

Eine davon durfte Frances McDormand als beste Hauptdarstellerin in Empfang nehmen. Für die Rolle einer verbitterten Frau, die dem örtlichen Polizeichef vorwirft, kein Interesse daran zu haben, eine Straftat aufzuklären. Schließlich mietet sie drei große Werbetafeln (Billboards), auf denen sie dies in Großbuchstaben zum Ausdruck bringt. Eine Aktion, die in dem fiktiven US-amerikanischen Örtchen in einen erbitterten Kleinkrieg mündet.

Unbeliebter Schlenker

So weit wird es im realen oberfränkischen Örtchen Hummendorf mit großer Wahrscheinlichkeit nicht kommen. Zwar protestiert auch in dieser Geschichte eine Privatperson gegen die Polizei, doch anders als im Spielfilm ist Ausgangslage hier anders. Deutlich anders. Hier wurde glücklicherweise niemand vergewaltigt. Und erst recht niemand ermordet. Worum es geht? Um eine enge Straße sowie um Lastwagen, die diese eigentlich nicht benutzen dürften.

Denn für Lkw, die schwerer sind als 3,5 Tonnen, ist die Durchfahrtsstraße von Hummendorf nach Weißenbrunn eigentlich gesperrt. Schon an der Abzweigung von der Bundesstraße weisen Schilder deutlich darauf hin. Ein Verbot, an das sich viele Fahrer offenkundig aber nicht gebunden fühlen. Anstatt den vorgeschriebenen Schlenker über Neuses zu machen, schlängeln sie sich mit ihren Lastwagen lieber durch das Nadelöhr. Mindestens 30 Lkw würden die Straße am Tag nutzen, sagte damals Anwohner Rudolf Bauer. "Für Anlieger ist frei. Aber hier ist scheinbar jeder Anwohner", ärgerte sich dessen Nachbar Dieter Herlein. Der Hauptdarsteller unserer Geschichte.

"kein Schwerpunkt"

Dieser hatte sich damals an unsere Redaktion gewandt, weil er sich von der Kronacher Polizei im Stich gelassen fühlte. Diese müsse an der Ortsdurchfahrt viel mehr kontrollieren, forderte er. Auch weil sich kaum jemand an das Tempo-30-Gebot halte. "Wir haben aufgrund seiner Beschwerde des Öfteren Kontrollen dort draußen durchgeführt", erklärt Uwe Herrmann, der Leiter der Polizeiinspektion Kronach, auf FT-Anfrage. "Aber natürlich werden wir dort draußen keine Mautstation aufbauen. So massiv, wie er es sich vorstellt, können wir da nicht kontrollieren. Es ist für uns nämlich wirklich kein Schwerpunkt."

Belassen wollte es Herlein bei seiner verbalen Kritik offenbar nicht. Seit kurzem stehen fünf Protestbanner auf der an die Straße grenzende Seite seines Grundstücks. "Warum will die Polizei die hier für Lkw gesperrte Straße und Tempo-30-Zone nicht kontrollieren?", fragt er auf einem der Doppelhalter. Gut sichtbar für die vorbeirauschenden Fahrzeuge steht auf den anderen: "Hier sieht man das Versagen der Kronacher Polizei", "Nichts sehen! Nichts hören! Nichts wissen!", "Hier sieht man die Untätigkeit und die Unfähigkeit der Kronacher Polizei" und "Die Polizei Kronach kann Äcker kontrollieren, aber diese Straße nicht."

Vorwürfe, die Uwe Herrmann so nicht stehenlassen will. "Ich fühle mich dadurch persönlich angegriffen", betont er. Daher habe er Fotos von Herleins Protestbannern der Staatsanwaltschaft Coburg zukommen lassen. Diese solle nun beurteilen, "ob aus ihrer Sicht der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt ist. Da warte ich jetzt ab, was die Staatsanwaltschaft sagt".

Selbstverständlich werde die Polizei auch weiterhin an der Stelle stichpunktartig Kontrollen durchführen. "Es ist ja nicht so, dass wir es ablehnen." Allerdings sei die Situation durch polizeiliche Maßnahmen nicht in den Griff zu bekommen. "Das sage ich ganz offen", so Herrmann. "Diese Anliegerregelung, die man dort draußen aus guten Gründen geschaffen hat, ist das eigentliche Problem."

Ein ähnliches Problem

Bei den Kontrollen hätten seine Kollegen nämlich immer wieder feststellen müssen, wie schwierig es ist, wenn es Ausnahmeregelungen gibt. "Da ziehen wir dann einen raus, und der weist nach, dass er berechtigt dort durchfährt." Meist sind es die Hummendorfer Landwirte, die mit ihren Maschinen oder Milchkutschen die Straße nutzen dürfen. Dagegen habe er auch nichts einzuwenden, sagte Herlein schon vor einem halben Jahr. Nur würde er sich wünschen, wenn sich auch Lkw-Fahrer daran halten würden.

Doch das zu gewährleisten sei nun einmal nicht so einfach, sagt Herrmann. Zuletzt habe es ein ähnliches Problem in Johannisthal gegeben, als die Straße wegen Bauarbeiten gesperrt war. Um sich einen Umweg zu sparen, kürzten viele Fahrzeughalter kurzerhand über verbotene Feldwege ab. "Da standen wir öfter draußen und haben jeden Tag zig Leute aufgeschrieben", erzählt Herrmann. "Aber das hat das Problem nicht gelöst."

Wolle man eine illegale Nutzung tatsächlich zu 100 Prozent ausschließen, gebe es nur eine Möglichkeit: die Ortsdurchfahrt für alle Verkehrsteilnehmer zu sperren! "Das kann man dann durch bauliche Maßnahmen unterstreichen." Weißenbrunns Bürgermeister Egon Herrmann (SPD) habe er auf diesen Lösungsansatz in einem Gespräch auch hingewiesen. "Das ist gemeindlich natürlich nicht gewollt und das verstehe ich auch", sagt der Polizist.

Lösung in Sicht

Eine Komplettsperrung werde es definitiv nicht geben, bestätigt Egon Herrmann unserer Redaktion. Die Problematik sei ja nicht neu: "Die ist ja nicht durch irgendeinen Bau hervorgerufen worden, sondern gibt es schon, seitdem ich denken kann." Allerdings sei eine Lösung ja längst in Sicht, sagt er und verweist auf den im Jahr 2021 geplanten Ausbau der KC 5.

Vor wenigen Wochen beschloss der Kreisausschuss, die Hummendorfer Ortsdurchfahrt auf sechs Meter zu verbreitern und auch einen Gehweg anzulegen. Letzteren gibt es bislang an manchen Stellen gar nicht erst. Für Hummendorf sieht daher alles nach einem Happy End aus. Ob für Herlein dasselbe gilt, entscheidet nun Staatsanwaltschaft.