Druckartikel: Hängt der Haussegen im Kronacher Stadtrat schief?

Hängt der Haussegen im Kronacher Stadtrat schief?


Autor: Marco Meißner

Kronach, Montag, 03. Sept. 2018

Das FW-Stadtratsmitglied Hans-Georg Simon kritisiert die bisherige Zusammenarbeit von Freien Wählern und CSU im Kronacher Gremium heftig.
Das Kronacher Rathaus. Foto: Archiv/Marco Meißner


Das Kronacher Stadtratsmitglied Hans-Georg Simon (FW) ist nicht dafür bekannt, im Gremium stillschweigend allen Entscheidungen seinen Segen zu geben. Dass er in der politischen Diskussion recht unbequem sein kann, zeigte er gerade erst wieder auf unserer FT-Facebook-Seite, wo er mit seinem Ratskollegen Bernd Liebhardt (CSU) in einen beiderseits deutlichen Wortwechsel geriet.

In verschiedenen Diskussionsbeiträgen griff Simon die CSU an und hinterfragte die Rolle der Freien Wähler im Stadtrat. Seiner Ansicht nach hängt der Haussegen im Gremium schief. Das verdeutlichte er noch im Gespräch mit unserer Zeitung.

Das Klima zwischen Freien Wählern und CSU im Stadtrat hat sich seiner Ansicht nach schon seit einiger Zeit verschlechtert. Einen möglichen Grund dafür sieht er in den Kandidaturen von Michael Zwingmann (für den Landtag) und Stefan Wicklein (für den Bezirkstag). Das muss aus seiner Sicht aber nichts Schlechtes sein. Er sieht in einem Abrücken der FW von der CSU sogar etwas Wünschenswertes. "Die Freien Wähler müssen sich freischwimmen und eigenständiger auftreten", appelliert er an seine Fraktionskollegen - auch wenn einige von ihnen das wohl anders sähen.

"Die CSU ist momentan nicht mehr wert, als dass man sich von ihr trennt", so Simon weiter. Seiner Ansicht nach profiliert sich deren Fraktion auf Kosten der FW. Die Stimmen der Freien Wähler brächten häufig die Mehrheiten für die Entscheidungen im Stadtrat, "dann heißt es aber immer, die CSU habe ja den Antrag gestellt". Hier würde sich Simon allerdings auch mehr Initiative aus den eigenen Reihen wünschen, um die Positionen der FW in der Öffentlichkeit stärker hervorzuheben. Doch die FW "lassen sich da teilweise einlullen".

Diese Ansicht soll keine generelle Absage an ein konstruktives Zusammenwirken mit der CSU im Gremium sein. "Wenn sie sinnvolle Anträge bringt, dann gerne", sagt Simon. Kritik übt er weiter an der Art und Weise, wie im Rat zurzeit Entscheidungen gefällt werden. Zum einen verzettele man sich in kleinen Nebenkriegsschauplätzen, statt für die Bürger wichtige Themen zügig voranzubringen.

Als Beispiel nennt er das eineinhalbjährige Ringen eines Mannes um einen Umbau am Kreuzberg. Zum anderen hat er den Verdacht, dass gerade bei baulichen Angelegenheiten Querverbindungen der Beteiligten zur CSU in die Entscheidungen hineinspielen. "Da gibt's die tollsten Dinger", meint er.

Personell geht er die CSU-Fraktion ebenfalls an: "Das sind jetzt lauter Politikstudenten. Das war früher anders." Den jungen Leuten fehle häufig die Bürgernähe und die praktische Erfahrung. Dass sich angesichts seiner kritischen Worte bis zur Kommunalwahl 2020 noch ein großer Umbruch im Stadtrat ergeben wird, bezweifelt Hans-Georg Simon. "Das plätschert jetzt noch gar vor sich hin", vermutet er. Den Mund halten wolle er trotzdem auch in Zukunft nicht. Er sei zu alt, um sich von irgendjemandem einen Maulkorb verpassen zu lassen.

Fraktionen nehmen Stellung zur Kritik

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Auf das Geplänkel mit Hans-Georg Simon im Internet angesprochen, stellt Bernd Liebhardt gleich klar, dass dies für ihn keine große Baustelle ist. Eine Facebook-Diskussion dürfe man nur bis zu einem gewissen Grad ernstnehmen, meint er, weil dort schnell mal etwas aus dem Bauch heraus geschrieben werde.

"Die Zeit des Wahlkampfs wird irgendwann kommen", betont der CSU-Politiker, "doch jetzt hat die Sacharbeit Vorrang. Und es gibt noch viel zu tun für Kronach." Deshalb gehe er auch entspannt mit der Kritik Simons in den Sozialen Medien um und trage ihm diese nicht nach.

Was der Stadtrat seit 2008 erreicht hat, ist in Liebhardts Augen sehr positiv zu bewerten. Bei einigen Entscheidungen habe sich Simon eingebracht, bei anderen habe er sogar gegen seine eigene Fraktion gestimmt - und für ein Stadtratsmitglied sei das auch in Ordnung, beurteilt der CSU-Politiker die Zusammenarbeit mit seinem Ratskollegen. Dass es durch Simons Kritik im Gremium zu einem Klimawandel kommen wird, vermutet Liebhardt nicht: "In der aktuellen Zusammensetzung des Kronacher Stadtrats kann ich mir nicht vorstellen, dass die Leute aus nichtsachlichen Gründen irgendeine Blockadehaltung einnehmen."

Schlechtes Klima? Quatsch!

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CSU-Fraktionsvorsitzender Jonas Geissler hält die These vom schlechten Klima für völligen Quatsch. "Ich telefoniere regelmäßig mit Michael Zwingmann und Stefan Wicklein. Und auch mit dem Bürgermeister, der ja ebenfalls ein Freier Wähler ist, pflegen wir alle einen freundschaftlichen, fairen und ehrlichen Umgang. Auch aus diesem Grund hat ihn die CSU bei den Kommunalwahlen unterstützt." Die gute Abstimmung zwischen allen Gruppierungen trage zu vielen einstimmigen Entscheidungen im Gremium bei. "Die meisten Erfolge, die es gibt, sind Erfolge des gesamten Gremiums", fügt Geissler an. In der Stadtratsarbeit "darf sich keiner wichtiger nehmen als er ist".

Geissler vermutet im Falle Simons, dass sich dieser nicht mitgenommen fühlt. Das brauche er aber nicht. "Als CSU schätzen wir zwar nicht seine Facebook-Posts, ihn als Menschen aber schon", sagt der Fraktionsvorsitzende und bietet Simon an, sich einfach mal zusammenzusetzen.

Betroffene in ein Boot holen

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Was die Situation um den Hausumbau am Kreuzberg betrifft, so habe Geissler das Gespräch mit allen Betroffenen gesucht. Möglichst viele Beteiligte in ein Boot zu holen, sei eben (zeit)aufwendiger, als nur eine Stimme zu vertreten. Die CSU versuche, möglichst jedem Gehör zu schenken, der ein Anliegen vorbringt, so Geissler.

"Mir ist kein Politikstudent in der CSU-Fraktion bekannt", geht er auf den Kritikpunkt Simons ein, den "Studenten" fehle es an Praxisbezug. "Die Stadträte der CSU sind ein Diözesansekretär und Landtagsabgeordneter a.D., eine Ingenieurin, ein Finanzbeamter, ein Rechtsanwalt, eine Pensionistin, ein Büroleiter, ein Geschäftsführer, ein Architekt und der Leiter des Ankerzentrums Bamberg. Ich freue mich allerdings auf die nächsten Kommunalwahlen und hoffe sehr, dass wir dann auch wieder einen Studenten oder einen Auszubildenden in der Fraktion haben."

Michael Zwingmann, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, befürchtet, dass die angeheizte Stimmung die Folge eines Missverständnisses in Facebook sein könnte. Er räumt zu Simons Kritik ein, dass seine eigene Nominierung tatsächlich zu einigen "kleinen Spitzen" seitens der CSU geführt habe, die schon gerne ihre Aktivitäten herausstelle; "aber im Großen und Ganzen haben wir, was die Stadtratsarbeit und die Sachpolitik angeht, in vielen Dingen einen Konsens gefunden". Gerade auch mit Jonas Geissler arbeite Zwingmann gut zusammen. Ein Zerwürfnis zwischen den Fraktionen gebe es jedenfalls nicht.

"FW haben Kante und Themen"

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Was die eigene Fraktion betrifft, so sei diese sehr aktiv. Viele ihrer Anregungen und Anträge würden jedoch durch den FW-Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein in das Tagesgeschäft von Verwaltung und Stadtrat eingebracht. "Für uns zählt da die Stadt Kronach, nicht die Vielzahl unserer Anträge", betont Zwingmann. Und für die FW betont er: "Wir haben Kante, wir haben Themen!"