Christian und Johannes Nickel wollen ihren Betrieb in Welitsch erweitern. Die Haltung in der Öffentlichkeit können sie nicht nachvollziehen.
Wohin führt der Weg der Landwirtschaft, wenn ein Bauernhof nicht mehr im ländlichen Raum erwünscht ist? Das fragen sich die Welitscher Christian Nickel und Sohn Johannes, die in Welitsch einen Milchviehstall bauen wollen.
Der Bau- und Umweltausschuss des Marktes Pressig hat mit 7:1 Stimmen das gemeindliche Einvernehmen erteilt, hat aber in einer Stellungnahme an Behörden Einwände und Anregungen vorgebracht und ein Emissionsgutachten für notwendig erachtet.
Die Familie Nickel fühlt sich in der Öffentlichkeit falsch verstanden. Deshalb haben sie das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kulmbach (AELF) und den Bayerischen Bauernverband (BBV) auf Kreisebene um Hilfe gebeten.
Landwirtschaftsdirektor Guido Winter und BBV-Kreisobmann Erwin Schwarz weisen nun die Kritik der Marktgemeinde und einiger Bürger am geplanten Bau zurück.
Die vorgebrachten Argumente zeigen laut Winter, wie weit sich Teile der Bevölkerung von der Landwirtschaft entfernt haben. Winter macht sich deshalb Sorgen um die Zukunft der Landwirtschaft im Landkreis Kronach. "Wenn man schon in Welitsch keinen Bauernhof mehr will, wo sollen dann Bauern noch ihren Betrieb bewirtschaften? Denn Welitsch ist geradezu prädestinierter ländlicher Raum", so Winter. Man müsse froh sein, wenn es noch Betriebe wie den von Christian und Johannes Nickel gibt, die den Mut haben zu investieren und den traditionsreichen Familienbetrieb am Leben halten wollen.
Kreisobmann Erwin Schwarz erklärt, dass es oftmals Auflagen seien, die Bauern dazu zwingen, sich den Veränderungen anzupassen. Wenn man heute einen Milchviehstall plane mit modernem Robotermelksystem, benötige man aus Wirtschaftlichkeitsgründen mindestens 120 bis 140 Milchkühe, die dann in einem modernen Auslaufstall mit viel Licht und Luft leben.
Früher seien die Kühe in dunklen Kellern angekettet gewesen, gibt Schwarz zu bedenken. Schwarz erinnerte daran, wie es vorher in Welitsch aussah, als man noch 20 und mehr Bauern im Ort hatte. Heute gebe es nur noch zwei Milchkühbetriebe.
Mit Blick auf den geplanten Stallneubau erklärt Schwarz, dass die Alternative zum Neubau nur die Aufgabe des Betriebes sei. Der BBV- Kreisobmann weist außerdem darauf hin, dass die Bauern sich vielfach am Dorfgeschehen beteiligten und keine Außenseiter seien.
Baurecht besteht
Christian Nickel geht auf die Vorwürfe der Gemeinde ein und weist daraufhin, dass für das Baugebiet in diesem Außenbereich Baurecht bestehe. Auch werde man die behördlichen Auflagen - soweit möglich - erfüllen, wie dies bisher schon geschehen sei. Deshalb sei der Bauplan zum wiederholten Male im Gemeinderat gewesen.
Nickel bezeichnet außerdem die Behauptung des Bürgermeisters als falsch, wonach es sich jetzt um ein größeres Gebäude handele als bei der ursprünglichen Bauvoranfrage. "Fakt ist, dass die Gesamtgebäudefläche verringert wurde, da das Gebäude nicht höher als ein zweistöckiges Wohnhaus wird", erklärt Nickel. Die Viehhaltung sei außerdem von ursprünglich 140 Kühen und 120 Jungrindern auf nunmehr 155 Milchkühe gesenkt worden.
Christian Nickel und Sohn Johannes beteuern, dass sie schon vor der ersten Planung ein Gespräch mit allen Behörden führen und das Bauvorhaben im Einklang mit den Bürger planen wollten. "Dafür wurde uns keine Möglichkeit gegeben." Beide weisen darauf hin, dass ihnen ein Neubau des Milchviehstalles außerhalb des Ortes lieber gewesensie wäre.
Doch dies scheiterte an den Auflagen der Behörden: zu nahe am Wald, an Stromleitung, an Biotopen oder am Wohngebiet. "Wo wir uns auch umschauten, es gab kein passendes Grundstück", versichern beide.
"Deshalb passten wir uns mit dem vorhanden Grundstück und den Gegebenheiten nahe am bestehenden Bauernhof den behördlichen Auflagen an und haben diese weitestgehend erfüllt", erklären die Nickels. Demanch habe man auf das Wasserschutzgebiet ebenso Rücksicht genommen wie auf den Sportplatz. Um den Spielbetrieb des FC Welitsch nicht zu gefährden, habe man eigens den Standort des geplanten Kuhstalls gedreht. Dadurch habe auch das Wasserwirtschaftsamt per E-Mail vom 25. April grünes Licht signalisiert. Dieses Schreiben habe der Marktgemeinde vorgelegen, sei aber nicht erwähnt worden: "Diesen Vorwurf muss ich dem Bürgermeister machen", so Nickel.
Was die fehlenden Nachbarunterschriften anbelangt, so verweist Nickel darauf, dass diese soweit erforderlich vom Landratsamt eingeholt werden.
Winter und Schwarz fassen zusammen, dass es ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft sei, wenn man in einem so ländlich geprägten Ort wie Welitsch keinen Bauernhof mehr erweitern dürfe. Denn eine saubere, gepflegte Landschaft und qualitativ hochwertige Nahrungsmittel wolle jeder.
Stellungnahme Bürgermeister:
"Ich würde mir mehr Sachlichkeit und das Weglassen falscher Behauptungen wünschen", geht Bürgermeister Hans Pietz auf die Ausführungen der Familie Nickel ein.
"Der Markt Pressig und auch ich nehmen in dem Projekt ,Milchviehstall in Welitsch' eine sachliche, neutrale Stellung ein", sagt Pietz.
Dass man in Welitsch keinen Bauernhof mehr wolle, weist der Bürgermeister zurück.
Sowohl in den Sitzungen des Bau- und Umweltausschusses sowie in den Äußerungen etlicher anwesender Bürger sei immer wieder darauf hingewiesen worden, dass man nicht grundsätzlich gegen eine Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebes sei. Allerdings müssen auch die Belange der Einwohner und die öffentlichen Interessen berücksichtigt werden, wenn es beispielsweise um die Standortwahl geht.
Pietz geht auch auf die Größe des Bauvorhabens sein. "Der Grundriss der Bauvoranfrage betrug 40 auf 60 Meter, also 2400 Quadratmeter. Der Güllebehälter hatte ein Volumen von 314 Kubikmeter. Der Grundriss des Bauantrags hat eine Grundfläche von 39 auf 68 Meter, also 2652 Quadratmeter. Die Güllebehälter haben ein Volumen von 1700 Kubikmeter.
"Da mag jeder selbst beurteilen, ob denn nun eine Vergrößerung vorliegt oder
nicht", so Pietz.
Dass das Vorhaben, den geplanten Neubau außerhalb der Ortschaft anzusiedeln, an behördlichen Auflagen gescheitert sein soll, ist Pietz vollkommen unbekannt. Im Gegenteil: "Ein solches Vorhaben fände bei der Suche nach einem geeigneten Standort und der Realisierung meine volle Unterstützung."
Hans Pietz widerspricht auch der Aussage Nickels, Informationen des Wasserwirtschaftsamtes nicht weitergegeben zu haben. " Ich zitiere aus dem Protokoll der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vom 22. Februar, wo ich Folgendes ausgeführt hatte: ,Unabhängig vom vorliegenden Bauantrag ist eine Änderung der Schutzgebietsausweisung in Bearbeitung. Ein Bereich der Zone 2 soll künftig als Zone 3 ausgewiesen werden, was eine Bebauung unter Auflagen ermöglicht.
Nach Beendigung dieser Bearbeitung erfolgt der Erlass eines neuen Wasserrechtsbescheids."
Bürgerinitiative kämpft gegen Stall:
Anwohner wollen sich Ärger mit Emissionen und Immissionen in ihrem Wohnort, den sie als Paradies bezeichnen, ersparen und kämpfen darum, die Idylle des beschaulichen Dorfes zu wahren. Deshalb haben sie Unterschriften gegen den geplanten Bau gesammelt und wollen diese in Form einer Petition an das Landratsamt Kronach weitergeben. "Bisher liegen 22 Unterschriften vor", sagt Susanne Dittmann. Eine zweite Liste sei noch im Umlauf. Aus Sicht von Dittmann seien noch viel mehr Menschen gegen das Bauvorhaben, die wollten allerdings aber nicht unterschreiben.
Inzwischen haben die Bürger bei Bürgermeister Hans Pietz einen Gesprächstermin am Donnerstag, 19. Mai, um 18 Uhr, im Rathaus erhalten. Diesem Gespräch könnte eventuell ein Termin bei Landrat Oswald Marr folgen.
Darauf weist der Bürgermeister hin.
Nachstehend nun ein Textauszug aus der Petition: "Wir, die unterzeichnenden Bürger des Ortsteiles Welitsch in der Marktgemeinde Pressig, protestieren gegen den Bau des Kuhstalles der Johannes Nickel GbR und fordern den Landkreis Kronach auf, die Genehmigung für den Bau an diesem Standort nicht zu erteilen. Der riesige Stall soll mitten im Dorf entstehen. Das Gebäude und die acht Meter hohen Gülletanks passen nicht in das Dorfbild. Es ist ein Industriebau mit 2500 Quadratmeter Nutzfläche, das ist mehr als doppelt so groß wie der Rewe-Markt in Pressig. Ein Betrieb dieser Größe sollte weiter von der Ortschaft entfernt stehen. Wir wollen keine Großindustrie mitten im Dorf.
Wir als Anlieger sollen in unserer Wohn-und Lebensqualität zurückstecken und das wollen wir nicht hinnehmen.
Der/die Bauherren sollten aufgefordert werden, einen außerhalb des Ortes gelegenen Standort zu wählen. Wir befürchten erhebliche Immissionen (Lärm, Geruch und Schmutz), erhöhten Schwerlastverkehr und die Beeinträchtigung des Dorflebens.
Die Belastung durch große Traktoren ist jetzt schon hoch genug. Es droht ein erheblicher Wertverlust unserer Immobilien und Bauplätze. Außerdem könnte es zu gesundheitlichen Problemen kommen. Weiterhin befürchten wir, dass die Belastung des Grundwassers und des Flusses Tettau mit Nitrat zunimmt. Ein Grund für die hohe Belastung ist der zu große Eintrag von Nährstoffen auf landwirtschaftlichen Flächen, was bereits bei den Nitratwerten des Welitscher Brunnens messbar ist. Wir kündigen juristische Schritte an, falls die Kreisverwaltung das Vorhaben an diesem Standort genehmigt."
Wir leben in einer Zeit, in der es erwiesen ist, dass ganzjährige Freiland Haltung kein Problem darstellt und sogar Krankheiten bei den Tieren reduziert.
Auch einem Milchbetrieb steht nichts im Wege. Es gibt hoch ausgereifte und erprobe Melkroboter, da gehen die Kühe von alleine rein. Plus M2M (Maschine zu Maschine Kommunikation), lässt sich alles noch wunderbar von der Ferne erfassen und überwachen.
Einen Stall halte auch ich für nicht ökologisch und auch die Natur leidet unnütz.
Außerdem, Milch gibt es eh schon viel zu viel. Da wundert sich der Bauer auch noch über den Preisverfall. Hauptsache Subventionen saugen.
Für mich nicht ganz verständlich, ich bin ja auch kein Bauer.
Auf der eine Seite Jammern wegen des Preisverfalles bei der Milch und den daraus hergestellten Produkten.
Laut Bauernverband und Landwirtschaftsministerium ist die Überproduktion daran schuld.
Auf der anderen Seite immer grössere Ställe mit immer mehr Produktion und der dazugehörigen Umweltbelastung.
Irgendwie passt das nicht zusammen.
Gleichzeitig überlegt die EU wie die Produktion gedrosselt werden kann mit weniger Viehhaltung und Begrenzung der Gülleausbringung.
Vielleicht gibt es ja bald mal wieder eine Abschlachtprämie für Milchvieh, (hatten wir schon mal) dann kann man evtl wieder richtig Kohle machen.
Noch ein Tipp für die Landwirte: nicht mit den grössten und teuersten Schleppern demonstrieren, damit man nicht sieht wie gut es Euch doch geht, oder habt Ihr keine kleineren mehr?