Ganz große Gefühle beim Konzertabend

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"Männer und Frauen" hatte der Musikverein Zeyern als Motto für sein Konzert gewählt. Fotos: privat
"Männer und Frauen" hatte der Musikverein Zeyern als Motto für sein Konzert gewählt. Fotos: privat
Beim Konzert wurden aktive Musiker geehrt (von links): stellvertretender NBMB-Bezirksvorsitzender Thomas Kolb, Musikvereins-Ehrenvorsitzender Manfred Springer, Marcel Jung, Franziska Erhardt, Hanna Schmidt, Dirigentin Kathrin Motschenbacher, Maren Haderlein, Spielleiter Tobias Partheymüller, Katharina Erhardt, NBMB-Kreisvorsitzender Wolfgang Müller, Zoe Stadter und stellvertretender Landrat Gerhard Wunder Foto: privat
Beim Konzert wurden aktive Musiker geehrt (von links): stellvertretender NBMB-Bezirksvorsitzender Thomas Kolb, Musikvereins-Ehrenvorsitzender Manfred Springer, Marcel Jung, Franziska Erhardt, Hanna Schmidt, Dirigentin Kathrin Motschenbacher, Maren Haderlein, Spielleiter Tobias Partheymüller, Katharina Erhardt, NBMB-Kreisvorsitzender Wolfgang Müller, Zoe Stadter und stellvertretender Landrat Gerhard Wunder  Foto: privat
 

Zum ersten Mal dirigierte Kathrin Motschenbacher den Musikverein Zeyern bei einem Jahreskonzert.

Zahlreiche Premieren erwarteten die Besucher des diesjährigen Dreikönigskonzerts des Musikvereins 1853 Zeyern, das traditionell am Vorabend des Dreikönigstags in der Rodachtalhalle stattfand. Erstmalig in der langen Geschichte des Vereins lag nämlich die musikalische Verantwortung in den Händen einer Frau. Passenderweise gestaltete Dirigentin Kathrin Motschenbacher, die im März des vergangenen Jahres den Zeyerner Taktstock von Florian Unkauf übernommen hatte (wir berichteten), den Abend unter dem Motto "Von Frauen und Männern". Zusätzlich zur Änderung an der Spitze der Kapelle entschieden sich die Verantwortlichen, auf die gewohnten Tischreihen zu verzichten, und die Mehrzweckhalle mit einer klassischen Konzertbestuhlung zu versehen.

Vor Konzertbeginn begrüßte Spielleiter Tobias Partheymüller die anwesenden Ehrengäste sowie die äußerst zahlreich erschienenen Vertreter von Nachbar-, Paten- und befreundeten Vereinen. Anschließend übergab er das Wort an Conférencier Georg Wunder, der wieder auf sympathische Weise durch den Abend führte.
Das erste Stück des Abends war den Männern gewidmet, genauer gesagt dem Hunnenkönig Attila. Der gleichnamige "ungarische Triumphmarsch" aus der Feder des tschechischen Marschkönigs Julius Fučík beginnt mit einer zackig-aggressiven Fanfare mit Harmonien in Moll, die das Blech geradezu martialisch vortrug. Doch auch leichte, tänzerische Elemente, wie man sie aus Fučíks berühmtesten Werken kennt, waren zu hören. Dabei tat sich besonders das Schlagwerk durch differenziertes Spiel hervor.
Auch im nächsten Stück war das Schlagwerk von Beginn an gefordert. In seiner musikalischen Erzählung The Witch and the Saint zum Buch Die Hexe und die Heilige, vertonte der amerikanische Komponist Steven Reineke eine Begebenheit aus dem mittelalterlichen Ellwangen. Zwei Zwillingsschwestern erlitten dort sehr unterschiedliche Schicksale. Während die eine zur Ordensschwester wurde und fast heiligengleich verehrt wurde, endete die andere als der Hexerei angeklagte Hebamme auf dem Scheiterhaufen. Das anspruchsvolle Stück forderte höchste Konzentration bei Musikern und Zuhörern, um bei den zahlreichen Solostellen, dramatischen Wendungen und ungeraden Taktarten nicht den Überblick zu verlieren. Nach Verklingen der letzten Töne dauerte es einige Momente, bis sich höchst angespannte Atmosphäre wieder löste und dem Applaus des Publikums wich.

Das nächste Stück handelte wieder von einem Herren. The Baron of Dedem vom holländischen Komponisten Carl Wittrock ist der Stadt Dedemsvaart gewidmet und erzählt von deren Aufstieg und Fall. Im frühen 19. Jahrhundert führte ein Kanalbau zur Stadtgründung und wirtschaftlicher Blüte, die jedoch nicht lange währte. So sind Aufbruch und Entschlossenheit genauso Thema der Komposition wie Zweifel, Krise und Konflikt. Das Stück stellt hohe Anforderungen an Präzision und Fingerfertigkeit, vor allem im Holz, und gehört deswegen auch zum aktuellen Pflichtprogramm bei Wertungsspielen des Nordbayerischen Musikbundes (NBMB) in der Mittelstufe. Die Musikerinnen und Musiker meisterten die Schwierigkeiten gut und besonders das tiefe Blech glänzte durch Souveränität.

Bevor das Publikum bewirtet wurde, gab Flügelhornist Tobias Partheymüller seine Interpretation von André Waigneins Ballade Camille zum Besten. Das Mitglied des Vorstandsteams absolvierte im vergangenen Jahr neben seiner umfangreichen Tätigkeit im Verein auch das Leistungsabzeichen in Gold mit Bravour. Sein ebenso fehlerfrei wie auswendig vorgetragenes Solo überzeugte durch feinen Ton und löste nicht nur beim Ihn begleitenden Orchester große Gefühle aus.

Zum Ende der Pause ehrte NBMB-Kreisvorsitzender Wolfgang Müller Musikerinnen und Musiker für ihre Verdienste um die Musik. Die jungen Klarinettistinnen Maren Haderlein, Hanna Schmidt und Zoe Stadter sowie die Saxophonistin Katharina Erhardt wurden mit dem Leistungsabzeichen in Bronze dekoriert und mit der Verleihung der Grünen Nadel in der Gemeinschaft des Musikbundes aufgenommen. Franziska Erhardt, die die Querflöte spielt und sich besonders durch ihre Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft auszeichnet, wurde für zehnjähriges Musizieren mit der Ehrennadel in Bronze ausgezeichnet. Für zwei Jahrzehnte aktive Mitgliedschaft erhielt Marcel Jung, der außer im Schlagwerk noch am E-Bass aktiv ist, die Ehrennadel in Silber.

Den Auftakt zum zweiten Teil bildete ein Querschnitt aus dem Musikfilm "Blues Brothers" aus den 70er Jahren. Besonders die Saxophone und Posaunen setzten locker-beschwingte Akzente und entlockten ihren Instrumenten lässig-coolen Bigband-Sound. Nach dem anspruchsvollen ersten Teil war dem Orchester die Spielfreude anzumerken und der Funke der anarchischen Brüder Jake und Elwood Blues sprang zum Publikum über.
Das Medley gipfelte im bekannten Everybody needs somebody to love und von der Liebe handelte auch das nächste Stück. Somethin" Stupid, das wohl besonders in der damals skandalösen Version von Frank Sinatra und seiner Tochter Nancy bekannt geworden ist, wurde vom Holländer Frank Bernaerts für Blasorchester arrangiert. Dabei lieferte die 2001 von Robbie Williams und Nicole Kidman aufgenommene Fassung die Vorlage. In die Rolle der Verliebten schlüpften Kristina Schnappauf und Martin Hannig, die das Duett mit viel Gefühl und Hingabe interpretierten, begleitet vom ebenso gefühlvoll aufspielenden Orchester.

Der in Blasmusikerkreisen nicht unbekannte Kurt Gäble schuf mit der Katharinen-Polka eine Schnellpolka im mährischen Stil. Obwohl die Dirigentin bei dem Stück auf den Taktstock verzichtete, behielt sie die Zügel fest in der Hand und trieb ihre Musikerinnen und Musiker zu immer neuen Höchstgeschwindigkeiten an, was zu wahren Begeisterungsstürmen im Publikum führte.

Als letztes Stück des Konzertprogramms "von Frauen und Männern" hatten sich die Zeyerner mit einem Augenzwinkern den Marsch Mein Regiment des berühmten Marschkomponisten Hermann Ludwig Blankenburg ausgesucht. Über viele Jahre diente dieser Marsch als gern gespielte Zugabe bei Unterhaltungsauftritten des Musikvereins, doch für das Konzert wurde eigens eine überarbeitete und der gewachsenen Besetzung angepasste Fassung einstudiert. Das sorgfältige und aufmerksame Spiel des Orchesters wurde mit stehenden Ovationen und lautstarken Forderungen nach Zugaben belohnt.

Doch auch darauf hatte Motschenbacher ihre Musikerinnen und Musiker vorbereitet, und mit I was made for lovin" you der US-amerikanischen Hard-Rock-Band Kiss erklang ein Liebeslied der etwas anderen Art. Der rockige Rhythmus, der vom tiefen Blech gespielt das Fundament für die kraftvolle Melodie lieferte, riss Musiker wie Zuhörer gleichermaßen mit.

Nach den Dankesworten der Dirigentin, die erleichtert darüber war, ihr erstes Konzert als Leiterin eines "ausgewachsenen" Blasorchesters gemeistert zu haben, erklang die zweite Zugabe. Mit der Arie Nessun Dorma aus der Oper "Turandot" erschuf Giacomo Puccini ein Lied für die Ewigkeit. Das Stück, das von vielen als eines der romantischsten überhaupt angesehen wird, erfordert äußerst gefühlvolles Spiel und kontrastreiche Dynamik, dem die Zeyerner in vollstem Maße gerecht wurden.

Zum Abschluss des Konzertabends hatte die Musikkapelle ein letztes Highlight vorbereitet. Der überraschende und besonders für viele Musiker schmerzhafte Tod Udo Jürgens" kurz vor den Weihnachtsfeiertagen veranlasste das Orchester, dieses Ausnahmekünstlers zu gedenken.

Und so nahm der Musikverein Zeyern mit Jürgens" Welthit Merci Chérie, gefühlvoll vorgetragen von Martin Hannig Abschied, was nicht nur dem Sänger die eine oder andere Träne ins Auge trieb. Das ergriffene Publikum dankte mit langanhaltendem Applaus und ging gerne der Aufforderung nach, auch nach Konzertende noch in der Rodachtalhalle zu verbleiben und den Abend ausklingen zu lassen.