Ein Anwohner fordert, die XXL-Nächte beim Freischießen sollten nur bis 1 Uhr dauern, eine Ü-30-Party dort soll abgesagt werden. Alle Parteien begaben sich am Dienstag auf die Suche nach einem Kompromiss.
Während Vertreter von Landratsamt, Stadtverwaltung und Schützengesellschaft am Dienstagvormittag zusammensaßen und das weitere Vorgehen besprachen, wollte sich der, wegen dem man sich getroffen hatte, nicht zu der Sache äußern. Lediglich zwei Sätze sagte er. Dass er den Verhandlungen nicht vorgreifen wolle. Und: "Die Schützengesellschaft ist am Zug." Das war alles.
Zum Hintergrund: Der Anwohner der Alten Ludwigsstädter Straße hatte sich wegen "Lärmbelästigung durch Veranstaltungen auf dem Schützenplatz und im Schützenhaus" in einem anwaltlichen Schreiben an Stadt und Landratsamt gewandt. Er forderte in diesem Zusammenhang, dass die XXL-Nächte nicht in der geplanten Form, nämlich bis 2 Uhr in der Früh, stattfinden und eine Ü-30-Party, die während des Freischießens in einer Bierhalle geplant war, untersagt wird.
Der Anwalt des Anwohners, Stefan Kollerer (Kanzlei Horn
und Kollegen in Kulmbach), war da auskunftsfreudiger als sein Mandant. "Er ist kein typischer Querulant. Er hat nichts gegen das Freischießen als solches", betont er auf telefonische Nachfrage. Schließlich wolle sein Mandant das Fest nicht verhindern, sondern lediglich seine Rechte als Nachbar gewahrt wissen.
Kollerer zufolge dürfen der Schützenplatz und das Schützenhaus nur für Sonderveranstaltungen als Vergnügungsstätte genutzt werden. Für dauerhafte Vergnügungsveranstaltungen liege weder eine baurechtliche noch eine gaststättenrechtliche Genehmigung vor. "In diesem Jahr hat es aber bereits bis zum jetzigen Zeitpunkt 25 solcher Veranstaltungen gegeben", sagt Kollerer. Der Anwohner beklage deshalb die XXL-Nächte und die Ü-30-Party.
"Er sagt nicht, dass da überhaupt nichts mehr stattfinden soll."
Schon beim Holi-Fest hätten Kollerer zufolge Lautsprecher in Richtung der Wohnbebauung gestanden. "Wenn die Veranstalter sich nicht an die Auflagen halten, dürfen sie sich nicht wundern, wenn die Nachbarn rebellisch werden."
Jetzt müsse eine klare Regelung gefunden werden. Seitens des Anwohners lägen konkrete Vorschläge vor. "Man sollte die Ü-30-Party weglassen und die XXL-Nächte nur bis 1 Uhr dulden - damit würde man den Nachbarn schon ein Zeichen setzen", glaubt der Anwalt. Sollte es gar keine Einigung geben, liege es beim Anwohner, ob er eine einstweilige Verfügung erwirken will.
Einen Vorschlag, den haben auch die Vertreter von Landratsamt, Stadt und Schützengesellschaft, wie Bernd Graf, Sprecher des Landratsamts, am Dienstag nach der Besprechung mitteilte.
Dessen Inhalte seien übrigens der hohe gesellschaftliche und kulturelle Stellenwert des Freischießens, die weiteren Veranstaltungen auf dem Festplatz, die Interessen der benachbarten Einwohner und die schwierige rechtliche Gemengelage gewesen.
Bereit für Gespräch Unmittelbar nach der Besprechung versicherte Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein gegenüber dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsanwalt schriftlich die Gesprächsbereitschaft der Schützengesellschaft und der weiteren Besprechungsteilnehmer mit dem Ziel, eine für alle Seiten zufrieden stellende Lösung zu finden", so Graf. Das bestätigten auch Hauptamtsleiter Stefan Wicklein und Schützenmeister Frank Jungkunz.
Der Stellvertreter des Landrats, Gerhard Wunder, appellierte an das Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten, sich gemeinsam "um tragbare Kompromisse für den Veranstaltungsbetrieb auf dem Schützenplatz zu bemühen".
Der Zwist beschäftigt allerdings auch andere Anwohner der Alten Ludwigsstädter Straße. Andrea Gleich zum Beispiel stören die Veranstaltungen auf dem Gelände "überhaupt nicht. Es ist doch schön, wenn was los ist. Da merkt man, dass in Kronach noch ein paar Leute existieren." Die 51-Jährige findet das Vorgehen des benachbarten Anwohners "unmöglich". Dass er überhaupt gegen das Schützenfest vorgeht, kann sie nicht verstehen.
"Dann gehen alle wieder in die Stadt und dann ist dort wieder Halligalli, was keiner mehr wollte", sagt sie.
Wurde Nachbar unrecht getan? Nachbar Wolfgang Schiller hingegen hat auch Verständnis für den Beschwerdeführer. "Es ist nicht immer zu unrecht, wenn jemand brüllt", sagt Schiller. Was das Holi-Fest betrifft, das wohl der Auslöser für den Zwist gewesen ist, habe sich der Anwohner "vollkommen zu recht beschwert". Alles, was danach passiert ist, nennt Schiller "traurig". Beim Holi-Fest aber sei es dort, wo der Beschwerdeführer wohnt, tatsächlich "unerträglich laut" gewesen. Im Gegensatz zu Schillers Wohnhaus, seien auf Höhe des Hauses des Betroffenen keine Hallen, die den Lärm etwas abfedern. "Dort hallt es entsprechend zurück", weiß Schiller. Das Holi-Fest sei "völlig anders als angeordnet" abgelaufen.
Überprüft worden sei das aber nicht richtig, macht Schiller vielmehr der Stadt und der Polizei Vorwürfe.
Warum sein Nachbar nun aber gegen das Freischießen vorgeht, das auch Schiller als "Traditionsfest, das seine Berechtigung hat" sieht? Vielleicht eine Gegenreaktion, weil ihm unrecht getan wurde, wie Schiller findet. Keiner der Nachbarn sei der Meinung, dass auf dem Gelände gar keine Veranstaltungen mehr stattfinden dürfen, "aber man darf das Maß nicht verlieren". Nun müsse man eben versuchen, gemeinsam Regelungen zu treffen, "die dann aber auch eingehalten werden", fordert Schiller.