Schaden von 120.000 Euro - Frau steht wegen Veruntreuung vor Kronacher Gericht

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In Kronach wurde verhandelt. Foto: Archiv/Marco Meißner
In Kronach wurde verhandelt. Foto: Archiv/Marco Meißner

Wegen Veruntreuung in 81 Fällen stand eine Frau aus dem nördlichen Landkreis Kronach vor Gericht. Sie hatte sich selbst angezeigt.

Wegen Veruntreuung in 81 Fällen stand eine Frau aus dem nördlichen Landkreis Kronach vor Gericht. Über einen Zeitraum von rund zwei Jahren häufte sich eine Schadenssumme von etwa 120 000 Euro an. Allerdings stellte sich im Lauf des Verfahrens heraus, dass es sich dabei nicht um eine reale Schadenssumme, sondern vielmehr um eine Vermögensgefährdung handelte. Die 120 000 Euro reduzierten sich somit auf knappe 9000 Euro, die offen geblieben sind.

Was das Strafmaß betraf, ging der Anwalt der Angeklagten in seiner Forderung mit der Staatsanwaltschaft fast Hand in Hand. Das Ergebnis unter dem Strich: eineinhalb Jahre Gefängnis und drei Jahre Bewährungszeit. Die gesamte Strafe wurde auf Grund der mildernden Umstände zur Bewährung ausgesetzt. 100 Stunden gemeinnützige Arbeit sollen der Angeklagten klar machen, dass es sich hierbei "nicht um einen Freispruch handelt".


Schwierige Lebenslage

Die Angeklagte schilderte zu Beginn der Verhandlung ihre Lebensgeschichte. Der Richterin interessierten dabei vor allem die Details, die zur Veruntreuung beziehungsweise Vermögensgefährdung geführt hatten. Die Angeklagte erzählte, dass sie seit 2003 im Außendienst eines Lebensmittelhändlers beschäftigt gewesen sei. Sie hatte vor allem die Aufgabe, Produkte bei Großkunden anzubieten.

2014 begannen die Unregelmäßigkeiten. "Manche wollten einfach gleich bar bezahlen", sagte sie. Durch diesen Umstand sah sie sich in Versuchung geführt, das Geld nicht gleich wieder abzuliefern, sondern erst einmal selbst zu behalten. Mehr und mehr kristallisierte sich dabei die Vorgehensweise der Angeklagten heraus. Sie habe mit dem Bargeld "immer nur Löcher gestopft", darin waren sich alle Parteien einig. Sie stellte fest: "Angefangen hat es damit, dass meine Mutter gestorben ist. Plötzlich hatte ich hohe Beerdigungskosten am Hals. Dazu noch meine laufenden Kredite. Die Situation ist mir einfach über den Kopf gewachsen. Ich war nur noch verzweifelt."

Den einzigen Ausweg habe sie darin gesehen, das Geld nicht immer gleich in einem Markt abzuliefern, sondern es erst einmal selbst zu behalten. "Dabei habe ich aber immer darauf geachtet, dass keine Mahnungen an die Kunden gingen. Ich wollte ihnen ja nicht schaden." Ihr Verteidiger schilderte diese Situation folgendermaßen: "Eigentlich muss man das wie eine Welle sehen, die meine Mandantin vor sich her geschoben hat. Sie zahlte die Beträge ja auch immer ein, nur halt etwa vier Wochen später, kurz vor der Mahnphase. Und sie hat auf keinen Fall aus reiner Geldgier, sondern vielmehr aus Verzweiflung so gehandelt."


Situation glitt aus den Händen

2015 schließlich sei die Bombe geplatzt, sagte die Frau. "Ich hatte einfach den Überblick verloren. So kam es, dass doch eine Mahnung an eine Firma rausgegangen ist." Aber bevor überhaupt jemand den vollen Schaden überblicken konnte, zeigte die Angeklagte nach einem Alkoholexzess mit anschließendem Selbstmordversuch Reue. Sie erstattete im September 2016 Selbstanzeige. Die Frau zeigte sich in vollem Umfang geständig und kooperierte mit der Polizei. Vor allem dieser Umstand wurde ihr vor Gericht hoch angerechnet. "Ich will mich nicht rausreden, will nichts schönreden. Aber damals wusste ich wirklich keinen Ausweg. Meine Kinder wollte ich nicht um Geld bitten, und die Banken haben mir nichts mehr gegeben."

Eine kurzzeitige Verwirrung inmitten der Gerichtsverhandlung erzeugte dann noch ein Hinweis der Angeklagten. Hierbei ging es um die offene Restsumme von knapp 9000 Euro. "Mein Lohn wurde doch schon gepfändet. Ist das jetzt der Rest, der offen ist?" Das war eine gute Frage, denn auch die Aussage der ermittelnden Polizeibeamtin konnte nicht für Klarheit sorgen. Nach vielem Aktenblättern und einer kurzen Beratung schien es aber erwiesen zu sein, dass es sich bei den 9000 Euro um die jetzt noch offene Summe handelt. Diese sei vom Arbeitgeber momentan gestundet. Natürlich soll sie, laut Richterin, zurückgezahlt werden. Dabei soll sich ein Betreuer einschalten.


Probleme in den Griff bekommen

Die Angeklagte selbst zeigte sich froh darüber, gerade den finanziellen Teil ihres Lebens in kompetente Hände gelegt zu haben. Sie selbst war es nämlich, die nach ihrem Klinikaufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie um eine Betreuung gebeten hatte. Inzwischen habe sie nach eigener Aussage ihr Alkoholproblem im Griff und nehme regelmäßig Antidepressiva. Diese Umstände kommentierte ihr Verteidiger mit den Worten: "Die Ampel steht auf Grün, was das weitere Leben meiner Mandantin betrifft."
Die gute Zukunftsprognose wird allerdings durch die momentan nicht ganz so rosigen Umstände getrübt. Die Frau ist arbeitssuchend und gesundheitlich sehr angeschlagen. Auf die Frage der Staatsanwältin, wie sie denn jetzt ihre Tage verbringe, antwortete sie: "Ich putze, koche, gehe spazieren, lese und stricke. Auf der Agenda der 60-Jährigen stehen jetzt vor allem die Suche nach einer kleineren Wohnung und die Ableistung ihrer Sozialstunden. "Darauf freue ich mich, denn das ist doch eine sinnvolle Beschäftigung."