EU-Vorgabe sorgt für Frust unter Spediteuren und Busunternehmen

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Dominik Weber fährt einen der 25 Busse des Unternehmens Buckreus aus der Garage. Die 95 in seinem Führerschein zu bekommen, hat ihn in den vergangenen Wochen vor allem Zeit, Nerven und Geld gekostet. Den Nutzen jedoch bezweifelt er. Fotos: Thomas Heuchling
Dominik Weber fährt einen der 25 Busse des Unternehmens Buckreus aus der Garage. Die 95 in seinem Führerschein zu bekommen, hat ihn in den vergangenen Wochen vor allem Zeit, Nerven und Geld gekostet. Den Nutzen jedoch bezweifelt er. Fotos: Thomas Heuchling
In vielen Führerscheinen der Fahrer von Buckreus steht die 95 bereits drinnen. Es ist die erste Zahl in der rechten Spalte, der jeweiligen Fahrzeugklasse.
In vielen Führerscheinen der Fahrer von Buckreus steht die 95 bereits drinnen. Es ist die erste Zahl in der rechten Spalte, der jeweiligen Fahrzeugklasse.
 
Führerschein eines Fahrers von Buckreuß , der die 95 schon eingetragen hat.
Führerschein eines Fahrers von Buckreuß , der die 95 schon eingetragen hat.
 
Dominik Weber zeigt seinen Führerschein, der ihn in den vergangenen Wochen viele Nerven gekostet hat. Noch steht keine 95 darin.
Dominik Weber zeigt seinen Führerschein, der ihn in den vergangenen Wochen viele Nerven gekostet hat. Noch steht keine 95 darin.
 
Symbolbild
Symbolbild
 
Dominik Weber zeigt seinen Führerschein, der ihn in den vergangenen Wochen viele Nerven gekostet hat. Noch steht keine 95 darin.
Dominik Weber zeigt seinen Führerschein, der ihn in den vergangenen Wochen viele Nerven gekostet hat. Noch steht keine 95 darin.
 

Ein EU-Gesetz sorgt bei Spediteuren und Busunternehmen für Unverständnis. Die "95" im Führerschein kostet sie vor allem Geld und Zeit. Den Sinn dahinter verstehen einige, wie Dominik und Johann Weber vom Busunternehmen Buckreus, nicht so recht. Um ihren Beruf weiter auszuüben, müssen sie aber in den sauren Apfel beißen.

Wer Dominik Weber und seinen Vater Johann auf die Zahl 95 anspricht, dem schlägt Frust und Unverständnis entgegen. Für die beiden Busunternehmer bedeutet diese Zahl vor allem eines: zusätzliche Kosten und Zeitverlust.

Bei der 95 handelt es sich um eine Schlüsselzahl, die im Führerschein für die Qualifizierung von Bus- oder Lkw-Fahrern steht. Die Zahl steht für ein EU-Gesetz, dass die Verkehrssicherheit sowie die Sicherheit der Fahrer verbessern soll. Um den Eintrag im Führerschein zu bekommen, müssen die Fahrer alle fünf Jahre 35 Stunden eines speziellen Weiterbildungskurses absolvieren.

Kein Unterschied zwischen Berufsfahrern und Quereinsteigern

An der Umsetzung der ambitionierten Ziele der Politiker aus Brüssel haben die Webers allerdings ihre Zweifel. "Die Fortbildungsmaßnahmen sind Geldschneiderei", sagt Johann Weber, der Geschäftsführer von Buckreus Touristik aus Steinberg. Ihn ärgert besonders, dass kein Unterschied zwischen gelernten Berufskraftfahrern und Quereinsteigern mit einem Busführerschein gemacht wird. Denn gelernte Berufskraftfahrer würden die Inhalte der Kurse bereits in ihrer Ausbildung lernen.

Nichtsdestotrotz müssen die Fahrer von Buckreus die Qualifizierungen machen. Die Kosten zahlt das Unternehmen. Eine nicht unerheblich, jährlich wiederkehrende Summe, wie der 38-jährige Dominik Weber vorrechnet: "Einer der fünf Kurse kostet rund 70 Euro. Jeder unserer 25 Fahrer muss pro Jahr einen der Kurse machen, dass sind 1750 Euro pro Jahr."

Innerhalb von fünf Jahren muss ein Fahrer alle fünf Fortbildungen absolvieren, damit die 95 in seinem Führerschein steht und er seinen Beruf weiter ausüben kann. Aber mit den Kosten für die Kurse ist es noch nicht getan, wie Dominik Weber vor wenigen Wochen selbst feststellte.

Unternehmer und Fahrer zahlen

Er habe für seinen neuen Führerschein unter anderem einen Gesundheits- und Sehtest machen müssen. Alles zusammen nochmal weit über 100 Euro, die er aus eigener Tasche gezahlt hat. Am Nutzen der Fortbildung zweifelt Weber: "Es hat mir nicht viel gebracht. 90 Prozent war leeres Gerede. Nur zehn Prozent waren wirklich neu."
Zu viel Theorie und zu wenig Praxis - so sieht das auch Johann Weber. Er zeigt auf einige Urkunden an der Wand seines Büros. Dass seien praktische Sicherheitstrainings, die Weber für einige seiner Fahrer selbst gezahlt habe. "Da bremsen sie mal auf nasser Fahrbahn und machen etwas, wovon sie auch etwas haben", sagt Johann Weber. Ein praktisches Sicherheitstraining wäre aus Webers Sicht wesentlich sinnvoller, als die theorielastigen 95-Kurse.

Matthias Schröter, Pressesprecher beim Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer, sieht vor allem bei der Qualität der Fortbildungen Nachholbedarf: "Die verpflichtende Weiterbildung von Berufskraftfahrern begrüßen wir im Grundsatz. Für die praktische Umsetzung der Fortbildungsseminare wären konkretere inhaltliche Vorgaben wünschenswert. Aus Kostensicht muss es auch ein einheitliches Qualitätsniveau bei den Schulungen geben."

Bis zur endgültigen Umsetzung des Eintrages 95 bleibt noch bis Mai 2014 Zeit. Für Fahrer, die in andere europäische Länder fahren ist die 95 spätestens seit September Pflicht.

In diversen Internetforen sind vermehrt Horrorgeschichten zu lesen, bei denen Busse, deren Fahrer keine 95 im Führerschein hat, für mehrere Wochen stehen bleiben mussten. Zusätzlich mussten die Unternehmer hohe Geldstrafen zahlen.

"Alle Fahrer, die für ins Ausland fahren, haben die 95 schon im Führerschein. Wir haben da noch keine negativen Erfahrungen gemacht", sagt Johann Weber.

Fahrschulen profitieren bedingt

Ulrich Gaertig von der Verkehrsausbildung Kronach sieht die neue Regelung positiver. Die Anmeldungen für die 95-Fortbildungen seien bei ihm in der Firma relativ hoch. Er gibt offen zu, dass die Kurse für ihn eine zusätzliche Einnahmequelle sind. Aber eine Goldgrube seien sie nicht. Denn es gebe auch einige unseriöse Fahrschulen, die den Preis drücken.

Den Frust der Unternehmer und Fahrer kann Gaertig zu einem gewissen Teil nachvollziehen. "Die sehen vor allem den Kosten- und Zeitfaktor und das ein Fahrer am Samstag nicht arbeiten kann, wenn er einen Kurs hat", sagt Gaertig. Von den Teilnehmern der Kurse hört er aber nicht nur Gemecker, sondern durchaus Positives. Speziell Lkw-Fahrer und Ältere würden viel Neues in Sachen Ladungssicherung sowie Lenk- und Ruhezeiten lernen.

Viele Hürden für Busunternehmer

DominikWeber hat neben der 95 noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Vielmehr ärgern sich Vater und Sohn über die Euro-Plaketten und Umweltzonen. "Wir können mit einem sieben Jahre alten Bus nicht mehr nach Leipzig reinfahren, weil der keine grüne Plakette hat", sagt Johann Weber. Normalerweise müsse ein Bus rund 15 Jahre fahren. Eine Umrüstung koste rund 10 000 Euro, sagt Johann Weber.

Sein Sohn versteht nicht, warum ein Busunternehmen, "das ja eigentlich zu den Guten gehört, weil es 20 Autos ersetzt, die sonst in die Stadt fahren würden", bestraft wird.

Seinen neuen Führerschein hat Dominik Weber bereits beim Landratsamt beantragt und holt ihn bald ab - mit der 95.