Egon Herrmann: Für Wasser fließt zu wenig Geld

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Ein Härtefallprogramm soll die Kommunen im Wasser-/Abwasserbereich entlasten. Angesichts des immensen Investitionsstaus stellt die Hilfe aus Sicht von Egon Herrmann aber nur Kleingeld dar. Foto: Marco Meißner
Ein Härtefallprogramm soll die Kommunen im Wasser-/Abwasserbereich entlasten. Angesichts des immensen Investitionsstaus stellt die Hilfe aus Sicht von Egon Herrmann aber nur Kleingeld dar. Foto: Marco Meißner

Der bayerische Härtefall-Fördertopf für die Wasser- und Abwassernetze ist heuer mit 70 Millionen Euro gefüllt. Der Weißenbrunner Bürgermeister Egon Herrmann sieht darin aber nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Er appelliert, bei dieser Unterstützung für die Kommunen nachzubessern.

Wasser ist das A und O. Es allen Bürgern in hoher Qualität zur Verfügung zu stellen und das Abwasser reibungslos wieder abzuführen, ist mit immensen Kosten verbunden. Diese Ausgaben lasten auf den Städten und Gemeinden. Eine Härtefallregelung des Freistaats soll ihnen deshalb einen Teil der Last nehmen. Für Egon Herrmann (SPD), Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags, geht diese Unterstützung aber nicht weit genug.

In einem Schreiben hat sich der Weißenbrunner Bürgermeister an seine Kollegen gewendet. Herrmann stellt darin zum "RZWas 2016" titulierten Programm fest: "Was die Eckdaten uns allen zeigen, ist die Tatsache, dass in keiner Weise auf die Bedürfnisse der Gemeinden, die große Schwierigkeiten bei der Instandsetzung der Wasser- und Kanalleitungen haben, Rücksicht genommen wurde."

Er spricht von einem Topf, der mit 70 Millionen Euro gefüllt ist - 40 Millionen für Neubauten, 30 Millionen für so genannte Härtefälle zur Sanierung. "Dieser Topf soll auf vier Jahre festgeschrieben werden", erklärt Herrmann. Er vermutet, dass mangels Neuinvestitionen letztlich die ganzen 70 Millionen Euro auf die Härtefälle entfallen dürften. Was ihn allerdings ärgert: Im Fokus der Förderung stehen die Kommunen, die in den vergangenen Jahren bereits investiert haben und weiterhin Investitionen tätigen. Das sei vielen Kommunen, deren Leitungsnetz 30 oder 40 Jahre alt ist, aber gar nicht möglich gewesen. Oder es sei für sie noch nicht nötig gewesen.


Hohe Gebühren drohen

Deshalb ruft Herrmann die Bürgermeister dazu auf, die Abgeordneten mit ins Boot zu holen. "Nachdem ein Investitionsbedarf von circa fünf Milliarden Euro festgestellt wurde, reichen die 70 Millionen Euro bei Weitem nicht aus", unterstreicht er in seinem Schreiben die bayernweite Situation. Bleibt eine größere Hilfe aus, drohen den Bürgern seiner Meinung nach Kosten, die ihnen nicht zuzumuten sind.

Im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert Herrmann, dass es den Gemeinden bis vor Kurzem nicht gestattet gewesen sei, Rücklagen für derartige Investitionen zu bilden. Das sei erst seit einigen Jahren möglich.


Rotstift angesetzt

Weiter erinnert er sich, dass vor allem in den 90er Jahren vielerorts teure Masterpläne für die Sanierung der Wasser-/Abwassernetze in Auftrag gegeben worden seien. Wenn jedoch über Haushaltskonsolidierung gesprochen worden sei, hätten die Gemeinden bei den eingeplanten Maßnahmen oft wieder den Rotstift ansetzen müssen. "So hat man sich über Wasser gehalten", erklärt Herrmann. "Es gibt viele klamme Gemeinden, die nicht investieren konnten, weil sie das Geld nicht hatten." Diese müssten jetzt wieder in den sauren Apfel beißen, wenn zunächst nur Kommunen gefördert würden, die schon investiert hätten.

"Man muss erst einmal in die Kommunen reinschauen, warum sie nichts gemacht haben", betont Herrmann. Damit begegnet er auch der Forderung des Landtagsabgeordneten Jürgen Baumgärtner (CSU) nach einer genauen Prüfung der Weißenbrunner Situation (siehe nebenstehender Artikel). "Wir haben kein Problem mit einer Prüfung", so Herrmann. Mit einem Abwasser-Gebührensatz von 3,64 Euro - "wahrscheinlich der höchste im Landkreis" - zeige seine Gemeinde, dass die Kostendeckung angestrebt werde. Um ein objektives Bild der Lage im Freistaat zu bekommen, brauche es aber eine breiter angelegte Kontrolle. "Nur eine Kommune hilft da nicht, da müssten es schon ein, zwei pro Landkreis sein."


Das sagen Bürgermeister aus dem Landkreis Kronach

Für den Wallenfelser Bürgermeister Jens Korn (CSU) ist Herrmanns Argumentation zur Härtefallregelung absolut nachvollziehbar. Einerseits ist er dankbar, dass es diese Regelung überhaupt gibt, andererseits sieht er bei ihr aber auch Verbesserungsbedarf.

"Im Wasser-/Abwasserbereich ist ein Riesen-Sanierungsbedarf da", hebt Korn hervor. Gerade Kommunen im so genannten strukturschwachen Raum steckten deswegen in der Klemme. "Es ticken etliche Zeitbomben", meint der Bürgermeister. Vielerorts stamme die Infrastruktur im Bereich Wasser und Abwasser noch aus den 50er und 60er Jahren, so dass ein enormer Sanierungsbedarf absehbar sei. Auf 500 000 Euro belaufen sich in Wallenfels beispielsweise die ersten Schätzungen für eine heuer eingeplante Leitungserneuerung im Bereich Schnappenhammer/ Vordere Schnaid. Eine Maßnahmenliste für die nächsten zehn Jahre weist gar Kosten von mehreren Millionen aus.

Das ist eine Rechnung, die auch der Nordhalbener Bürgermeister Michael Pöhnlein (Freie Wähler) nachvollziehen kann. Im Trink- und Abwasserbereich rechnet er in seiner Gemeinde mit einem Investitionsstau von circa sechs Millionen Euro. Angesichts solcher Kosten sei ein Fördertopf mit insgesamt 70 Millionen Euro "total unterfinanziert".

Allerdings unterstreicht er die grundsätzliche Zustimmung der Nordhalbener zu dem Programm: "Wir finden's gut, dass diese Regelung kommt." Neben einer besseren finanziellen Ausstattung erhofft er sich aber auch etwas weniger "Nebelstecherei". Die Förderrichtlinien müssten demnach klar kommuniziert werden: Welche Kriterien müssen erfüllt werden, um Geld zu bekommen? Und welcher Fördersatz ist überhaupt zu erwarten? Hier bestehe noch Gesprächsbedarf.


MdL Baumgärtner nimmt Stellung zu Herrmanns Vorstoß

Der Weißenbrunner Bürgermeister Egon Herrmann (SPD) ruft die Gemeindeoberhäupter dazu auf, an die Landtagsabgeordneten heranzutreten, um gemeinsam für mehr Fördermittel bei RZWas zu kämpfen. MdL Jürgen Baumgärtner (CSU) verfolgt diese Diskussion mit gemischten Gefühlen, weil er "nicht weiß, ob der Bürgermeister, den ich sehr schätze, damit etwas übers Ziel hinausgeschossen ist".

So verteidigt Baumgärtner den von Herrmann ins Visier genommenen Ministerialdirigenten Martin Grambow, der zu Unrecht den Schwarzen Peter erhalten habe. Der Weißenbrunner Bürgermeister hatte moniert, dass Grambow keinen Bedarf gesehen habe, den Kommunen in größerem Umfang zu helfen. Obwohl der Ministerialdirigent früher Amtsleiter des Wasserwirtschaftsamtes Hof gewesen sei, habe er kein Verständnis für die Kommunen gezeigt. "Diese Kritik hat er nicht verdient", unterstreicht Baumgärtner, dass Grambow beispielsweise großen Einsatz für die Frankenwaldgruppe gezeigt habe.

Zur neuen Härtefallregelung sagt der CSU-Abgeordnete, dass sie wirklich Härten abfedern solle. "Die kann ich zumindest aus der Ferne nicht erkennen", stellt er zu Weißenbrunn fest. Er zweifle, ob die eingenommenen Gelder für die Wasserversorgung auch wirklich alle in diesen Bereich zurückgeflossen seien. "Aber das ist nur eine Vermutung. Das muss man prüfen", so Baumgärtner.

Jeder Stein solle bei der Prüfung umgedreht werden, wozu der Bürgermeister seine Bereitschaft signalisiert habe. "Wenn Herrmann doch Recht hat, dann muss man da natürlich nochmal einsteigen", fügt der Abgeordnete an. Insgesamt gehe es bei der Verteilung der Fördermittel aber darum, jetzt nicht den Kommunen die lange Nase zu zeigen, die in der Vergangenheit ihre Hausaufgaben gemacht hätten, stellt Baumgärtner fest.