Drei Schulen im Kreis Kronach haben das Inklusions-Profil

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Förderschullehrerin Mechthild Bökkerink und Schulleiter Hans-Gerhard Neuberg besprechen regelmäßig die Entwicklungen an der Inklusions-Grundschule in Mitwitz. Foto: Marco Meißner
Förderschullehrerin Mechthild Bökkerink und Schulleiter Hans-Gerhard Neuberg besprechen regelmäßig die Entwicklungen an der Inklusions-Grundschule in Mitwitz. Foto: Marco Meißner

Die Grundschule Mitwitz ist Inklusionsschule und hat gute Erfahrungen mit diesem Schulprofil gemacht. Auch die Grundschulen in Kronach und Teuschnitz haben dieses Profil.

Als Hans-Gerhard Neuberg selbst noch Schüler war, sprach noch niemand über Inklusion. Heute ist er Schulleiter und diese Form der Gleichberechtigung im Unterricht ist für ihn gelebter Schulalltag. Die Grundschule Mitwitz hat sich zur Inklusionsschule entwickelt - und sie hat in den vergangenen zwei Jahren sehr gute Erfahrungen mit diesem Schritt gemacht.

Am Anfang dieses Weges standen eine Bewerbung und das Erarbeiten eines Konzeptes. Dann gab die Regierung grünes Licht für das "Profil Inklusion" in Mitwitz. Es folgten spezielle Schulungen für die Lehrkräfte, ehe schließlich mit zehn Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ins Schuljahr 2017/18 gestartet wurde.

Alternatives Angebot

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"Die Inklusionsschule bietet den Eltern die Möglichkeit, diese Kinder an einer Regelschule unterrichten zu lassen", erklärt Neuberg den Grundgedanken. Sie ist also eine Alternative zum Besuch einer Förderschule. Aber sie ist nicht für jedes Kind geeignet, wie Neuberg selbst unterstreicht. Die Vorbedingung sei, dass die Schüler dem Unterricht an der Grundschule folgen können. Die Inklusionsschule soll den Kindern schließlich eine zusätzliche Möglichkeit eröffnen, sie nicht überfordern.

Eine Eingliederung in den Regelunterricht ist übrigens nicht nur an den Inklusionsschulen umsetzbar. "Es gibt allgemein für die Schulen die Möglichkeit zur Einzelinklusion von Kindern", erklärt Mechthild Bökkerink. Die Förderschullehrerin vom Mobilen Sonderpädagogischen Dienst (MSD) ist regelmäßig an der Mitwitzer Schule, um sich mit den Lehrkräften abzusprechen. Dieser Austausch ist ein wichtiges Standbein, um den Unterricht und die Fördermaßnahmen passgenau aufeinander abzustimmen.

"13 Stunden pro Woche wird jemand vom Förderzentrum, der Pestalozzi-Schule, abgeordnet", geht Bökkerink auf die intensive Zusammenarbeit ein. Neuberg weist zudem auf zusätzliche Lehrerstunden für die Differenzierung im Unterricht und die gezielte Arbeit mit den betroffenen Schülern hin. Dadurch ist ein individuell abgestimmter Unterricht mit oft zwei Lehrkräften gleichzeitig in der Klasse möglich.

"Die Kinder mit besonderem Förderbedarf werden von Anfang an ganz normal in den Klassenverband integriert", unterstreicht Neuberg. Meist werde von den Klassenkameraden auch kaum auf das Handicap eines Mitschülers eingegangen. Beispielsweise werde bei Kindern mit Sehhilfen gar nicht groß darüber geredet, wenn sie spezielle Kopien des Unterrichtsmaterials in einer größeren Schrift bekommen.

"Oft waren die Schüler vorher ja auch schon im Kindergarten zusammen", gibt der Schulleiter eine Erklärung für dieses von Vorurteilen unbelastete Miteinander. Und Bökkerink bestätigt: "Bis jetzt hat es das noch gar nicht gegeben, dass ein Kind ausgegrenzt worden wäre." Wie sie weiter ausführt, trägt aber auch der moderne Unterricht dazu bei, dass heute viel individueller in der Klasse gearbeitet werden kann. Es werde nicht mehr so lehrerzentriert wie früher gearbeitet.

Die Unterstützung der betroffenen Kinder durch den Lehrer oder die Förderkräfte kann dabei ganz unterschiedlich aussehen - immer angepasst an die Probleme der einzelnen Schüler. Ihre Handicaps können sich auf das Sehen, Hören, Lernen, die sozialemotionale Entwicklung, Sprache, geistige oder auch motorische Entwicklung beziehen. Die Hilfen können demnach von angepasstem Unterrichtsmaterial bis hin zu einer Begleitperson reichen.

"Die Grundschullehrer müssen Zeit und Kraft investieren", stellt Bökkerink anerkennend fest und lobt die Mitwitzer Schule: "Das läuft hier gut." Alle würden sich in das Konzept einbringen. Neuberg und die Förderschullehrerin verweisen jedoch auch darauf, dass die richtige Schulwahl gerade für Kinder mit einem besonderen Förderbedarf sehr bewusst von den Eltern getroffen werden sollte. Viele Fragen sollten im Vorfeld geklärt werden. Steht eine intensive Förderung im Zentrum? Geht es vorrangig um die soziale Teilhabe? Wie geht es nach der vierten Klasse schulisch weiter?

Bei allen Inklusionsbemühungen sei auch zu bedenken, dass an einer Regelschule trotzdem der Anspruch bestehe, dass ein Lernfortschritt erkennbar sein muss, so Neuberg. Und es dürfe nicht vergessen werden, dass das Thema "Förderung" an einer Grundschule nicht einseitig ausgelegt werden sollte: "Auch die Eltern von gut begabten Kindern erwarten eine Förderung über den normalen Unterricht hinaus. Das wird manchmal vergessen."

Auch die Schulen in Kronach und Teuschnitz haben das Profil "Inklusion"

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Die Lucas-Cranach-Grundschule in Kronach und die Grundschule in Teuschnitz sind schon einige Jahre Inklusionsschulen. Seit 2012 beziehungsweise 2011 haben sie dieses Profil. Ihre Erfahrungen damit sind trotz teilweise unterschiedlicher Rahmenbedingen vergleichbar mit denen der Mitwitzer Schule.

"Die Herausforderungen sind vermutlich ähnlich", stellt die Kronacher Schulleiterin Carmen Nüchterlein fest. Der markanteste Unterschied dürfte sich ihrer Ansicht nach auf die Schulgröße beziehen. Die 509 Kinder umfassende Cranach-Schule sei in der Zusammensetzung der Schülerschaft vielleicht etwas bunter als eine kleinere Schule. Und die damit einhergehend größere Zahl an Inklusionskindern - zurzeit etwa 20 -, die über alle Klassen hinweg eingegliedert sind, machten das Bild eben noch etwas vielschichtiger, wie Lehrerin Nina Reuschlein anfügt.

Wie das Inklusionsprofil mit Leben erfüllt wird, darin unterscheiden sich die drei Schulen ihrer Einschätzung nach jedoch wenig. Das sieht auch der Teuschnitzer Schulleiter Klemens Löffler so. Organisatorisch vermutet er ebenfalls ein ähnliches Aufgabenspektrum an allen Inklusionsschulen im Landkreis. Was das Miteinander an ihren Einrichtungen betrifft, stimmen die Aussagen der Lehrkräfte ebenfalls überein.

Gute Erfahrungen gemacht

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"Im Unterricht wird gezielt auf die Kinder eingegangen. Sie werden gut integriert und von ihren Mitschülern nicht abgestempelt", bestätigt Löffler die Erfahrungen seiner Kronacher Kolleginnen. Das Zusammenspiel in den Klassen sowie zwischen Lehrern und Schülern funktioniere gut.

Dass die Inklusion greift, liegt aus Sicht von Nina Reuschlein unter anderem an einer guten Vernetzung der Beteiligten im Landkreis sowie mit den Fachdiensten in der Region. Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist auch die enge Zusammenarbeit mit den Schülereltern. Nur so lasse sich der individuell richtige Weg für jedes Kind finden, meint Reuschlein und rät den Eltern zu einer umfassenden Beratung vor der Entscheidung zwischen Förder- und Regelschule.

"Jeder Inklusionsfall ist anders gelagert", sagt sie. Gerade davon profitierten letztlich sogar die Lehrkräfte, weil sie sich immer wieder mit anderen Umständen bei den einzelnen Inklusionskindern befassen müssen. "Wir entwickeln uns dadurch immer weiter - das ist eine Stärke dieses Profils."

Auf diese Weise entstehen neue Denkansätze, wie ein an der Kronacher Schule umgesetzter Unterricht in "Schienen". Carmen Nüchterlein erklärt: Die Schüler aller ersten Klassen werden hierbei stundenweise zusammengebracht und nach ihrem Leistungsstand unterrichtet. So bietet sich neben dem "normalen" Unterricht die Möglichkeit, gezielt auf die unterschiedlichen (Förder-)Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Die Inklusion eröffnet also neue Wege - nicht nur für die Schüler, sondern auch für die Schulen.