Noch bis zum heutigen Dienstag um 17 Uhr steht - für alle Interessierten zugänglich - der grüne, durch Bayern tourende Pflegetruck am Schulzentrum. Mit der Aktion soll für die "Pflege" sensibilisiert werden. Auch MdL Hermann Imhof und MdB Emmi Zeulner waren am Montag vor Ort.
Er ist ein richtiger Hingucker: Der riesige, wie ein Strickmuster lackierte Truck mit dem "Wäsche-Etikett" "Für 100 % liebevoll gepflegte Menschen". Und genau das ist das Ziel der beiden großen christlichen Kirchen und ihrer Verbände ( Diakonie und Caritas), die die "Pflegehinweis-Tour 2015" initiiert haben. Damit das Thema insbesondere bei denen ankommt, die später vielleicht einmal einen "Pflege"-Beruf erlernen, entschieden sich die Veranstalter vor Ort - das Diakonische Werk Kronach-Ludwigsstadt/Michelau, der Caritasverband Kronach und der "Arbeitskreis Schule und Wirtschaft"-, den Truck beim Schulzentrum zu platzieren. Gemeinsam hatten sie ein ergänzendes Programm erarbeitet, das in der Turnhalle des Schulzentrums angeboten wurde. Dabei war vor allem eines angesagt: Ausprobieren und mitmachen - so wie beim "Age Man"!
Latzhose mit Gewichten beladen Ganz langsam und behäbig geht Klim Plegler in die Hocke, um etwas aufzuheben - und fällt dabei fast um! Was ist nur los mit dem 14-Jährigen, der normalerweise fit wie ein Turnschuh ist? Noch dazu sieht er fast ein wenig wie ein Raumfahrer aus. Er steckt in einer bleischweren Jacke und einer Latzhose, die mit Gewichten beladen sind. Seine Haare sind unter einem Helm verschwunden - mit einem gelblich getönten Sichtfenster. Zu seiner Ausrüstung gehören noch Handschuhe sowie ein Kopfhörer. Fertig ist der "Age Man".
Mit dem Anzug ist der Schüler innerhalb kurzer Augenblicke zum Greis geworden: Die Gelenke sind steif, die Sinne wie betäubt. Er ist schwerhörig, schwach und kann kaum sehen. Mit dem Age-Man sollen Auszubildende in Pflegeberufen lernen, sich in ältere Patienten einzufühlen.
Neben dieser Station gab es beispielsweise einen Info-Stand der Caritas, einen Infostand der Diakonie zum Thema Demenz, die Vorführung von Pflegehilfsmitteln, die Präsentation eines Snoozle-Wagens des Lucas-Cranach-Hauses sowie mehrere Kurzfilme. Vertreten waren auch die BRK-Altenpflegeschule Stadtsteinach sowie die Berufsschulen Kronach und Coburg, die die dort beschulten Pflegeberufe vorstellten.
"Das ist ein echtes Vorzeigeprojekt", lobte der politische Patientenbeauftragte, MdL Hermann Imhof. Er wie auch MdB Emmi Zeulner, Mitglied des Ausschusses für Gesundheit, sowie Heinz Hausmann (alle CSU) zeigten sich bei einem Rundgang beeindruckt vom "Riesen-Engagement" der Kronacher Initiatoren.
Bis zu 20 Haltestationen des Pflegetrucks in ganz Bayern will Imhof besuchen. Überall gäben sich die Initiatoren viel Mühe, aber das Programm in Kronach sei einzigartig. "Es ist uns sehr wichtig, die Pflege weiter nach vorne bringen. Wir wollen aufzeigen, wie viel Kompetenz, Einfühlungsvermögen und Stärken die Mitarbeiter in der Pflege in die Gesellschaft einbringen", betonte er. Hierbei sei die Politik gefragt, aber auch die Bevölkerung - ganz so wie in Kronach, praktisch und lebensnah. "Mein Herz schlägt für die Pflege. Sie macht ein Riesenstück unseres Sozialstaats aus. Neben Bildung und Erziehung muss Pflege unser Megathema sein", appellierte der Politiker und ergänzte. "Nicht Schweinsteiger oder Messi sind unsere Elite, sondern unsere Pflegekräfte".
Dabei unterstrich er einmal mehr seine Forderung nach einer Pflegekammer. "Mehr Geld, mehr Zeit und mehr Menschen" - Diese drei "Faktoren" benötigt man - so der Appell der "Pflegehinweis-Tour" - für eine liebevolle Pflege, wie wir sie uns auch für uns selbst wünschten. So sehen dies auch Caritas-Kreisgeschäftsführerin Cornelia Thron und Karin Pfadenhauer, Geschäftsführender Vorstand des Diakonischen Werkes Kronach-Ludwigsstadt/Michelau, die für die Station in Kronach den Arbeitskreis Schule und Wirtschaft mit seiner Vorsitzenden Daniela Wölfel mit ins Boot geholt haben. "Die Berufe in der Pflege sind attraktiv. Sie bieten hohen Karrierechancen und Weiterbildungsmöglichkeiten - und zwar für Schüler jeder Schulart", sind sich die Drei einig.
Für das ökumenische Gemeinschaftsprojekt hatten sich in Kronach rund 400 Schüler aller Schularten aus dem Landkreis angemeldet. Dazu kommen Firmgruppen, der Kurs "Neuer Start für Frauen" und viele mehr. Bevor diese die Stationen in der Turnhalle durchliefen, besuchten sie den Pflegetruck. Hier konnte man sich am Pflegomat versuchen, der mit beschränkten Mitteln eine würdige Pflege ermöglichen will. Anhand von Videostelen erklären Mitarbeiter von Caritas und Diakonie, wie es ist, in der Pflege zu arbeiten. An einer überdimensionalen Sanduhr wurde deutlich, wie knapp die Zeit in der Pflege ist.
"Mir macht mein Beruf Spaß" Auch Klim könnte es sich vorstellen, in der Pflege zu arbeiten. Sein Berufswunsch steht aber bereits fest: Mechatroniker. Anne Gaudl, Auszubildende als Kauffrau im Gesundheitswesen im Lucas-Cranach-Haus, und die Gesundheits- und Krankenpflegeschülerin der Helios-Frankenwaldklinik, Julia May, hatten ihm in den Age-Man-Anzug geholfen. Beide brechen eine Lanze für ihren Beruf. "Ich mache gerne Verwaltungsaufgaben. Zudem komme ich im Lucas-Cranach-Haus viel mit den Bewohnern in Kontakt. Ich sitze also nicht irgendwo allein und abgeschieden", erklärt Anne.
Julia absolvierte verschiedene Praktika, bis ihr Berufswunsch Krankenschwester feststand. "Mir macht mein Beruf Spaß. Dass ich Schicht- oder Wochenenddienst habe, macht mir nicht so viel aus. Da gewöhnt man sich dran. Dafür sind die Fortbildungsmöglichkeiten sehr gut", erzählt die 19-Jährige, die während ihrer Ausbildung in verschiedene Bereiche hineinschnuppern kann. Am interessantesten fand sie bislang die Psychiatrie. In diese Richtung will sie später vielleicht einmal gehen.