Die kronach-französische Freundschaft

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Im Festsaal des Centre Socio-Culturel bestätigten die Bürgermeister Jean Le Borgne (rechts) und Manfred Raum die Partnerschaft zwischen Hennebont und Kronach. Fotos: privat
Im Festsaal des Centre Socio-Culturel bestätigten die Bürgermeister Jean Le Borgne (rechts) und Manfred Raum die Partnerschaft zwischen Hennebont und Kronach. Fotos: privat
Begrüßung der Bürgermeister durch Tänzerinnen der Ballettschule Hennebont vor dem Centre Socio-Culturel.
Begrüßung der Bürgermeister durch Tänzerinnen der Ballettschule Hennebont vor dem Centre Socio-Culturel.
 
Im Festzug durch die Stadt Hennebont mischten sich Stadtrats- und Partnerschaftskomitee-Mitglieder beider Städte bunt durcheinander.
Im Festzug durch die Stadt Hennebont mischten sich Stadtrats- und Partnerschaftskomitee-Mitglieder beider Städte bunt durcheinander.
 
Zum fünfjährigen Partnerschaftsjubiläum brachte die Kronacher Delegation das von Bildhauer Heinrich Schreiber geschaffene Bronzerelief in die Partnerstadt. Das Gegenstück findet sich in Kronach am Partnerschaftsbrunnen in der Rosenau.
Zum fünfjährigen Partnerschaftsjubiläum brachte die Kronacher Delegation das von Bildhauer Heinrich Schreiber geschaffene Bronzerelief in die Partnerstadt. Das Gegenstück findet sich in Kronach am Partnerschaftsbrunnen in der Rosenau.
 
Zur Partnerschaftsbesiegelung in Hennebont pflanzten die befreundeten Esperantogruppen ein Partnerschaftsbäumchen - mittlerweile zu einem stattlichen Baum herangewachsen, ebenso wie der Partnerschaftsbaum, der schon 1986 in der Kronacher Strau gepflanzt worden war.
Zur Partnerschaftsbesiegelung in Hennebont pflanzten die befreundeten Esperantogruppen ein Partnerschaftsbäumchen - mittlerweile zu einem stattlichen Baum herangewachsen, ebenso wie der Partnerschaftsbaum, der schon 1986 in der Kronacher Strau gepflanzt worden war.
 
Bei der Partnerschaftsbesiegelung in Hennebont ging dem Festakt ein Festumzug durch die Altstadt voraus. Foto: P.Y. Nicolas
Bei der Partnerschaftsbesiegelung in Hennebont ging dem Festakt ein Festumzug durch die Altstadt voraus.  Foto: P.Y. Nicolas
 
Schon von Beginn an unterstützte André Hartereau, der heutige Bürgermeister von Hennebont, das Zustandekommen der Partnerschaft. Das Bild zeigt ihn neben dem damaligen Bürgermeister Manfred Raum bei einem Empfang für eine Hennebonter Delegation im Kronacher Rathaus.
Schon von Beginn an unterstützte André Hartereau, der heutige Bürgermeister von Hennebont, das Zustandekommen der Partnerschaft. Das Bild zeigt ihn neben dem damaligen Bürgermeister Manfred Raum bei einem Empfang für eine Hennebonter Delegation im Kronacher Rathaus.
 
Frank und Nathalie Neubauer mit ihren Zwillingen Paul und Lisa. Foto: privat
Frank und Nathalie Neubauer mit ihren Zwillingen Paul und Lisa. Foto: privat
 
Die Schilder der Städtepartnerschaft in Hennebont werden enthüllt. Foto: P.Y. Nicolas
Die Schilder der Städtepartnerschaft in Hennebont werden enthüllt. Foto: P.Y. Nicolas
 

Die Kronacher feiern in Hennebont die 25-jährige Städtepartnerschaft. Doch das sie das nun tun können, war anfangs kaum denkbar.

Ein mehrere Hundert Meter langer Straßenumzug, eine festlich geschmückte Pferdekutsche, jubelnde Menschen und ein riesiges Feuerwerk: "Die haben uns damals wirklich bei weitem übertroffen", erinnert sich Manfred Raum, ehemaliger Bürgermeister von Kronach (SPD). Er selbst saß vor genau 25 Jahren mit seiner Frau und dem damaligen Bürgermeister von Hennebont in der Pferdekutsche und ließ sich durch die Stadt chauffieren: Grund war die Besiegelung der deutsch-französischen Städtepartnerschaft. "Wahrscheinlich wird es dieses Jahr zum Jubiläum im Mai auch wieder so ähnlich aussehen", sagt Raum und lacht.


Große Startschwierigkeiten

Eigentlich ist die Städtepartnerschaft schon über 30 Jahre alt, doch es dauerte, bis sie offiziell von beiden Seiten anerkannt wurde. Bereits der damalige Bürgermeister Baptist Hempfling (CSU) wendete sich Anfang der 1980er Jahre an den Rat der Europäischen Gemeinden mit der Bitte um eine Vermittlung einer Partnerschaft mit Frankreich. Jahrelang keine Antwort. Doch dann schrieb die Stadt Hennebont aus der Bretagne, rund 1400 Kilometer entfernt.

Das Problem: Hempfling war mittlerweile in Ruhestand, und sein Nachfolger zeigte keine Sympathie für eine Partnerschaft mit einer so weit entfernten Stadt. Selbst eine Delegation aus Hennebont hat der Bürgermeister nicht empfangen. "Das war unmöglich", sagt Manfred Raum, der das Geschehen als SPD Stadtratsfraktionsvorsitzender mit Argwohn beobachtete. Im Stadtrat kämpfte Manfred Raum weiter um die Städtepartnerschaft. Es war und ist ihm heute noch eine Herzensangelegenheit. "Kronach lag damals im Dornröschenschlaf, brauchte neue Impulse und musste offener werden", erklärt Raum. Eine Städtepartnerschaft war dafür die perfekte Lösung.

Seine Bemühungen zeigten Wirkung. In Kronach formierte sich eine Art Bürgerbewegung. Immer mehr waren für die Städtepartnerschaft. Und auch die Franzosen ließen nicht locker. "Sie liefen sogar in einem Staffettenlauf von Hennebont nach Kronach, um zu zeigen, dass die 1400 Kilometer gar nicht so weit sind", sagt der ehemalige Bürgermeister.


Manfred Raum kämpfte

Doch im Kronacher Rathaus gab es kein Einlenken. Das nutzte Manfred Raum für seine Bürgermeisterkandidatur und nahm die Städtepartnerschaft als Hauptpunkt mit in sein Wahlprogramm auf. "Ich glaube, dass das verhindernde Verhalten des damaligen Bürgermeisters der Grund dafür war, dass er nicht wiedergewählt wurde", so Raum. Sein erstes großes Ziel im Amt: die Städtepartnerschaft mit Hennebont. Am 31. August 1990 wurde die Urkunde offiziell unterschrieben. "Nach vier Monaten im Amt für mich schon ein besonderes Ereignis."

Seitdem gebe es eine erfolgreiche Partnerschaftsarbeit. "Es kamen zahlreiche Jugendliche aus Hennebont zu Praktika oder einem freiwilligen Jahr nach Kronach", erzählt Manfred Raum. Auch die Gymnasien intensivierten die Kontakte nach Frankreich. Der Schulaustausch sei sowieso der wichtigste Aspekt bei einer Städtepartnerschaft.

Brunhilde Lorenz, Vorsitzende des Partnerschaftskomitees, war dafür ein Jahr als Lehrerin in Frankreich und intensivierte die Kontakte. "Ihr haben wir besonders viel zu verdanken. Wir nennen sie immer die Mutter der Partnerschaft", erzählt Manfred Raum. Ihm war es immer ein Anliegen, verschiedenste Einrichtungen in die Partnerschaft mit einzubinden. Egal ob Sport, Kunst oder Musik: Das alles helfe, die Partnerschaft aufrechtzuerhalten. Den absoluten Höhepunkt der Städtepartnerschaft bildeten dann zwei Hochzeiten, die durch Austauschprojekte entstanden sind.


Schulen sind wichtiger Aspekt

Am wichtigsten für die Städtepartnerschaft sei die Kooperation der Schulen. "Es ist wichtig, dass die Schulen weiterhin am Ball bleiben und den deutsch-französischen Austausch fördern." Eine Städtepartnerschaft gehöre für eine Stadt wie Kronach einfach dazu. "So können wir auch etwas bei den weichen Standortfaktoren vorweisen", sagt Manfred Raum. Besonders heute, wo viele in das nationalistische Denken zurückfallen, sei es wichtig, einen solchen Austausch aufrechtzuerhalten.

Die gelebte Städtepartnerschaft
Nathalie und Frank Neubauer aus Burggrub sind das perfekte Aushängeschild für diese Städtepartnerschaft. Die Französin machte 2000 ein Praktikum bei der Stadt Kronach. Durch gemeinsame Freunde hat sie dabei den Burggruber kennengelernt. "Nach einer zweijährigen Fernbeziehung haben wir beschlossen, zusammenzuziehen", erzählt Nathalie Neubauer. 2002 brach die Französin ihre Zelte in Hennebont ab und zog in den Frankenwald. 2007 wurde geheiratet - natürlich in Hennebont. "Und seit Oktober 2014 sind wir stolze Eltern der Zwillinge Lisa und Paul." Die Partnerschaft ermögliche den Deutschen als auch den Franzosen, ein anderes Land und eine andere Kultur kennenzulernen.

Der direkte Kontakt zu "Einheimischen" sei dabei besonders wichtig. "In dieser Zeit konnte ich meine Sprachkenntnisse verbessern und sogar den kronacher Dialekt verstehen."

Interview mit Wolfgang Beiergrößlein:

Was bedeutet eine Städtepartnerschaft für eine Stadt wie Kronach?
Wolfgang Beiergrößlein: Mit den Städtepartnerschaften setzt die Stadt Kronach auf das Kapital ihrer Bürger, für das es Freundschaft und Verständigung als Zinsen erhält. Wer bei Städtepartnerschaften an kulinarische Ausflüge und gegenseitige Festbesuche denkt, hat aber auch nicht Unrecht. Unsere Städtepartnerschaften gehen jedenfalls als "diplomatische Beziehungen der untersten Stufe" weit über den rein offiziellen und gesellschaftlichen Austausch hinaus. Triebfedern sind Einzelpersonen, Gastfamilien, Schulen und die Partnerschaftskomitees.

Was bringen die Städtepartnerschaften?
Städtepartnerschaften dienen der Verständigung und dem Austausch freundschaftlicher Kontakte zwischen Städten und Gemeinden im In- und Ausland. Gegenseitige Besuche und Kontakte ermöglichen den Beteiligten, das Land, seine Einwohner, ihre Lebensbedingungen und die landestypischen Eigenheiten, insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildungswesen, Jugend, Sport und Wirtschaft kennen zu lernen.

Und die Menschen unserer Partnerstädte sind einander in den letzten 25 Jahren wirklich näher gekommen. Aus bescheidenen Anfängen hat sich durch eine Vielzahl gegenseitiger Besuche inzwischen ein reger Austausch zwischen allen Bevölkerungsgruppen, zwischen Vereinen, im familiären Bereich, im Rahmen des Schüleraustauschs, auf kultureller Ebene oder durch die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Projekten entwickelt. Es sind enge Freundschaften entstanden, Menschen haben sich kennen und schätzen gelernt und einander ins Herz geschlossen oder sogar gemeinsam eine Familie begründet.

Läufer und Radfahrer haben die Entfernung zwischen den Partnerstädten als Herausforderung angesehen und mit ihren Leistungen überbrückt. Häuser, Wohnungen, Wohnwagen oder Autos wurden getauscht. Manche Kronacher und Hennebonter fahren schon viele Jahre lang regelmäßig miteinander in Urlaub. Man sieht: Der Partnerschaftsgedanke ist in der Bevölkerung breit verankert; besser kann man Völkerverständigung nicht leben.

Wie wirkt sich eine Städtepartnerschaft auf die Stadtverwaltung aus?
Ebenso wie die einzelnen, individuellen Begegnungen funktionieren auch die institutionellen Kontakte zwischen den Verantwortlichen in den Stadtverwaltungen prächtig. Sie sind geprägt von gegenseitiger Anerkennung und Achtung. In freundschaftlicher Atmosphäre wird diskutiert, sich gegenseitig geholfen und voneinander gelernt.
Die Schulen können ihren verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen, die Schüler nicht nur im Geiste der Demokratie und in der Liebe zur Heimat, sondern auch im Sinne der Völkerverständigung zu erziehen. Schüleraustausch und Städtepartnerschaften sind ein hervorragendes Mittel, diese Ziele zu erreichen. Durch die vielen gegenseitigen Besuche von Lehrern und Schülern der unterschiedlichsten Schularten entsteht automatisch die Verpflichtung, sich mit der eigenen Heimat und deren Licht- und Schattenseiten auseinanderzusetzen, gleichzeitig aber auch offen für die Gegebenheiten des Gastlandes zu sein. Internationale Kontakte dienen der Persönlichkeitsbildung und fördern die interkulturellen Kompetenzen. Wer in der Zukunft bestehen und erfolgreich sein will, muss vor allem flexibel, mobil, wendig und lernwillig sein. Damit bewirkt die Bereitschaft, im internationalen Kontext zu lernen, eine Horizonterweiterung und die Entwicklung sozialer und kommunikativer Qualitäten.

Was wird getan, um einen regen Austausch zwischen den beiden Städten aufrecht zu erhalten?
Die historische Bedeutung dieses erfolgreichen Beitrags der Stadt Kronach zur deutsch-französischen Freundschaft muss noch deutlicher herausgestellt werden. Darüber hinaus sorgt die Stadt Kronach weiterhin zusammen mit den jeweiligen Partnerschaftskomitees für die personellen und materiellen Voraussetzungen zur Durchführung vielfältiger Kontakt- und Austauschmaßnahmen, wobei auch die Hilfe öffentlicher Förderung in Anspruch genommen wird.

Ist für dieses besondere Jahr etwas Spezielles geplant?

Im Jahr 2015 wurde das 25-jährige Partnerschaftsjubiläum zwischen beiden Städten in Kronach gefeiert. Im Mai 2016 findet dazu das Pendant in Hennebont statt. Zu dieser Veranstaltung reisen Zweite Bürgermeisterin Angela Hofmann und Vertreter des Kronacher Stadtrats nach Frankreich. Dazu kommen die regelmäßig stattfindenden Austauschprogramme: Schüleraustausch, Praktikum in der Partnerstadt, Gruppenbegegnungen, Kulturaustausch. Im September beispielsweise können wieder Schülerinnen und Schüler des Kronacher Frankenwald-Gymnasiums die Partnerstadt Hennebont bei einem Schüleraustauschprojekt kennenlernen. Erstmals wird in diesem Jahr auch eine Jugendliche aus Hennebont bei "Kronach leuchtet" und bei "Crana Historica" mitarbeiten.